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Rettungsschiff "Aquarius" erreicht Valencia
Spaniens Botschaft nach Europa

Das Rettungsschiff "Aquarius" ist im spanischen Valencia eingetroffen. Zusammen mit zwei Begleitschiffen kommen so im Laufe des Tages 630 Migranten im Hafen an. Es ist eine Ausnahmesituation für Spanien - aber auch eine politische Geste.

Von Marc Dugge | 17.06.2018
    Ein Mann mit Uniform steht im Hafen von Valencia und blickt auf das Schiff "Aquarius"
    Das Rettungsschiff "Aquarius" mit 106 Flüchtlingen an Bord ist im Hafen von Valencia angekommen (AFP / Pau Barrena)
    Um viertel vor elf läuft die Aquarius im Hafenbecken von Valencia ein, begleitet von Schiffen der Polizei Guardia Civil und der Seenotrettung. Eine lange Irrfahrt durchs Mittelmeer geht zu Ende.
    106 Migranten sind an Bord. Schon am Morgen hatte das erste der beiden Begleitschiffe mehr als 270 Menschen in den Hafen gebracht.
    Sanitäter steigen aufs Schiff, um die Angekommenen in Augenschein zu nehmen. Kurze Zeit später werden die Migranten in kleinen Gruppen vom Schiff geführt. Gut abgeschirmt von den Hunderten Journalisten, die die Ankunft beobachten.
    Karline Klejer, Notfall-Leiterin der Organisation "Ärzte ohne Grenzen": "Die Menschen sind sehr glücklich, heute in Spanien anzukommen. Es war eine lange Fahrt. Viele sind krank geworden, auch seekrank, denn die Wetterbedingungen waren ziemlich schlecht. Aber die Menschen sind einfach froh, da zu sein."
    Versorgung in Aufnahmezentren
    Ärzte der Organisation hatten die Migranten schon auf dem Schiff medizinisch betreut. So müssen nur wenige in ein Krankenhaus gefahren werden, darunter eine Schwangere. Im Hafen kümmern sich über 2.300 Helfer um die Angekommen, darunter auch Hunderte Polizisten und viele Übersetzer. Busse bringen sie in die Aufnahmezentren.
    José Javier Sánchez, beim Spanischen Roten Kreuz zuständig für die Aufnahme der Migranten: "Die Herausforderung für uns ist, all die Menschen zu betreuen, die ankommen. Sie mit dem zu versorgen, was sie brauchen - und ihnen dann später bei der Integration zu helfen."
    Helfer der Organisation SOS Mediterannée hatten die Migranten vor gut einer Woche mit der "Aquarius" vor der Küste Libyens aufgegriffen. Ihre Schlauchboote waren in Seenot geraten. Die meisten der Menschen konnten gerettet werden, zwei ertranken.
    Verena Papke, Sprecherin von SOS Méditerranée: "Uns müsste es nicht geben, wenn politisch in Europa alles funktionieren würde. Menschen werden weiter flüchten. Sie fliehen vor Menschenrechtsverletzungen und wir werden sie dabei nicht aufhalten. Die "Aquarius" ist zum Symbol dafür geworden, dass es Zeit ist, sich zusammen zu setzen und sich ernsthaft Gedanken zu machen."
    Spaniens Regierung schaut auf Deutschland
    Italien und Malta hatten sich geweigert, das Rettungsschiff an Land zu lassen. Spaniens neuer Ministerpräsident Sánchez erklärte sich schließlich dazu bereit, die Schiffe in den Hafen von Valencia einlaufen zu lassen. Dank einer Sondergenehmigung können sich die Migranten nun 45 Tage lang legal in Spanien aufhalten. In dieser Zeit wird überprüft, ob es sich bei ihnen tatsächlich um Flüchtlinge handelt und sie ein Anrecht auf Asyl haben. Bei dem Vorgehen von Sánchez handle es sich vor allem um eine politische Geste, sagt Carlos Cué. Er schreibt für die Zeitung "El País" seit langem über Migrationsthemen.
    "Spanien möchte damit eine starke Botschaft nach Europa senden: Das Land will sich an der Debatte um Migration beteiligen, mit einer sehr anderen Position als sie etwa die italienische Regierung oder die Rechtsextremen in Deutschland vertreten. Die Botschaft ist: Spanien ist anders! Hier hat die Regierung gewechselt - jetzt ändert sich auch die Politik."
    Spaniens Regierungschef hat allerdings auch klar gemacht, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelt. Dass Spanien nun die Grenzen weit öffnen wird, gilt als ausgeschlossen. Die Regierung wird beim Thema Asyl keine Alleingänge unternehmen. Sie schaut dagegen vor allem auf einen Partner: Auf Deutschland.