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Technologie für Gelähmte
Mit einer Orthese wieder gehen lernen

Moderne Technik kann mittlerweile Erstaunliches leisten: Dass jemand mit einem gelähmten Bein wieder gehen kann, war vor einigen Jahren unvorstellbar. Heute ist es durchaus möglich - zum Beispiel mit einer Orthese.

Von Mirko Smiljanic | 19.12.2017
    Der Brite John Simpson trägt auf dem Royal Wimbledon Golf Course in London ein Unterschenkel-Exo-Skelett, ein C-Brace.
    Der Brite John Simpson trägt ein Unterschenkel-Exo-Skelett (EPA / Will Oliver)
    Die medizinischen Fakten sprechen für sich: Seit fünf Jahren ist die 56 Jahre alte Rheinländerin teilquerschnittgelähmt, sie kann ihr linkes Bein nicht mehr bewegen. Grund für die Behinderung waren Fehler bei einer Rücken-OP.
    "Die Versorgung am Anfang war mit einer mechanischen Orthese, die gesperrt im Knie war, sodass das Bein komplett steif war, und ich war zuletzt nur noch in der Lage, ganz wenige Schritte zu machen, und mein Fuß hat ganz, ganz stark nach innen gestanden und ich habe das Bein eigentlich so ein bisschen hinter mir her geschliffen."
    Bestimmte Lähmungen kompensieren
    Ein Schock, immerhin ist die Verwaltungsfachangestellte eine aktive Frau mit einem speziellen Hobby: Sie reitet. Oder sollte man besser sagen: Sie ritt? Ist Reiten mit einem gelähmten Bein noch möglich? Orthopädietechniker rieten ihr, es doch mal mit C-Brace auszuprobieren - ein System, das bestimmte Gehbehinderungen und Lähmungen kompensieren kann. Bis zum Fuß steckt das gelähmte Bein dabei in einer festgezurrten Halterung, der Orthese. Diese bewegt letztlich das Bein, und zwar so, wie ein Nichtgelähmter es bewegen würde.
    "Die Anwender müssen lernen, beim Laufen die Orthese von der Stand- in die Schwungphase zu schalten. Und das ermöglicht dann ein physiologisches Gehen."
    Erklärt der Physiotherapeut Patrick Punzet. Das hört sich einfach an, ist es aber nicht.
    Training ist wichtig
    Wenn Nichtgelähmte stehen und sich zum ersten Schritt entschließen - also in die Schwungphase zu wechseln -, dann tun sie das einfach. Beim C-Brace-System steuern Mikroprozessoren und kleine Motoren den Vorgang. Sie legen einfach los, wenn die notwendigen Bedingungen erfüllt sind. Besonders wichtig ist dabei der Fuß, der auf einer Kontaktplatte steht.
    "Fuße ich nicht korrekt auf, kann ich die Schwungphase nicht auslösen, und das bedeutet, dass das Bein für mich schwer wird nach vorn zu bringen."
    Möglicherweise wieder reiten
    Ohne Training funktioniert es nicht, und ohne elektrische Energie natürlich auch nicht.
    "Wir sagen unseren Anwendern schon, sie sollen es jeden Abend an den Strom hängen, einfach zur Sicherheit, es hält auch etwas länger, wie das Handy jeden Abend an die Steckdose."
    Mittlerweile kann die Rheinländerin ohne Hilfe gehen. Aber wird sie auch reiten können? Das sei ihr Ziel, sagt sie, die ersten Hürden habe sie schon genommen.
    "Ich führe mein Pferd selbstständig in die Halle und werde vielleicht noch nicht in zwei, drei Wochen, aber demnächst auch alleine aufsteigen."