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Rheinschwimmer Fath
"Wir haben 128 Substanzen gefunden"

Über 1.200 Kilometer sind es von der Quelle zur Mündung des Rheins. Andreas Fath legte die Entfernung in vier Wochen zurück – schwimmend. Der Chemieprofessor wollte die Öffentlichkeit für Gewässerschutz sensibilisieren und Forschungsmittel eintreiben. Eine tolle Erfahrung, aber Anträge schreiben sei vorzuziehen, sagte Fath im DLF.

Andreas Fath im Gespräch mit Kate Maleike | 23.12.2014
    Andreas Fath, Professor für Physikalische Chemie und Analytik an der Hochschule Furtwangen (HFU), hält am 27.06.2014 eine Wasserprobe aus dem Rhein bei Kehl (Baden-Württemberg) in der Hand.
    "Antibiotika, Süßstoffe, Korrosionsschutzmittel": Andreas Fath fand allerlei im Vater Rhein. (dpa / Uli Deck)
    Kate Maleike: Für Schlagzeilen in Hochschuldeutschland gesorgt hat in diesem Jahr auch Andreas Fath, denn der Chemieprofessor von der Hochschule Furtwangen ist in diesem Sommer sozusagen für die Forschung in den Rhein gegangen. Im Juli und im August hat er vier Wochen lang den Fluss von der Quelle bis zur Mündung durchschwommen. Das waren über 1.200 Kilometer immerhin, und dabei war er mit einigem Gerät ausgerüstet, um die Wasserqualität zu prüfen. Und mit der Aktion wollte er die Öffentlichkeit für mehr Gewässerschutz sensibilisieren, aber auch was tun für sein Institut. Guten Tag, Herr Fath!
    Andreas Fath: Guten Tag!
    Maleike: Jetzt sind Sie ja schon fast vier Monate wieder an Land – hat sich Ihre Schwimmaktion gelohnt?
    Fath: Hat sich in allen Belangen gelohnt. Erstens weiß man jetzt, wo die Hochschule Furtwangen sitzt – ich denke, das wusste man aber vorher auch schon. Zum Zweiten komme ich gerade aus einem Labor, wo ein hochauflösendes Wasserspektrometer gerade installiert wird, das wir durch diese Aktion erschwimmen konnten, und eine ganz tolle Analyse machen können. Und wir haben ja auch einige Wasserproben in den Kühlräumen aufbewahrt, wo wir noch nach Hormonen schauen möchten. Und einige Ergebnisse gab es bisher schon, die habe ich auch schon präsentiert, was alles an diesem Passiv-Sampler, den ich getragen habe, hängen geblieben ist. Da haben wir nach 600 Substanzen geschaut und haben 128 Treffer erzielt, und es war ein sehr breites Spektrum, was man da gefunden hat. Und jetzt bin ich drauf und dran, im nächsten Jahr mit den Studenten diese Stoffe, die wir gefunden haben, die in hoher Konzentration in unseren Flüssen, hauptsächlich im Rhein vorkommen, dort abzubauen, wo sie entstanden sind, dass sie gar nicht erst in die Umwelt gelangen.
    "Erschöpft aber glücklich"
    Maleike: Herr Fath, 2014 war ja nun zweifelsohne ein aufregendes Jahr für Sie. Erschöpft, aber glücklich jetzt, am Ende?
    Fath: Erschöpft, ja, glücklich – mich hat ein bisschen der Winter eingeholt, ich bin ein bisschen erkältet. Heute Morgen habe ich auch einen Schreck gekriegt, als ich auf der Waage stand. Die Rhein-Strapazen sind deutlich weg, da habe ich jetzt wieder alles regeneriert und mit viel Weihnachtsgebäck alles wieder aufgearbeitet. Und ja, jetzt steht erst mal die wissenschaftliche Arbeit im Vordergrund, und anschließend wird es sicherlich auch noch mal das eine oder andere Schwimmprojekt geben, das möchte ich gar nicht ausschließen. Aber wie gesagt, wir wollen uns erst mal um die Möglichkeiten kümmern, ob man mit diesem elektrochemischen Verfahren, mit dem man fluorierte Tenside zersetzen kann, ob man da nicht auch Röntgenkontrastmittel, Antibiotika, Süßstoffe, Korrosionsschutzmittel, die in unseren Spülmaschinentabs drin sind, die auch nicht abgebaut werden – ob man die nicht auf einfache mit Hilfe der Solarenergie mineralisieren kann.
    Maleike: Was war denn für Sie eigentlich der schönste Moment?
    Fath: Die ganzen vier Wochen waren eigentlich ein toller – einen Moment kann ich nicht festhalten. Es gab sehr viele Momente. Die Begegnung mit der Bevölkerung, mit Leuten, die einen motiviert haben. Ich bin eigentlich nur Leuten begegnet, die das Projekt toll fanden. Das ist natürlich schön, das motiviert natürlich auch, weiterzumachen. Und auch der Kontakt zu den Studenten: Man hat ja sonst, wenn man eine Vorlesung hält, nicht den intensiven Kontakt. Da geht man in den Vorlesungsraum rein, dann hält man seine Vorlesung ab und dann kommen zwei, drei Fragen, und dann ist man wieder weg. Und jetzt hat man vier Wochen lang Kontakt, intensiven Kontakt gehabt mit den Studenten, und das war eine tolle Erfahrung. Da hab ich viel gelernt und die Studenten auch viel gelernt. Ich hab sie näher kennengelernt, hab gemerkt, die haben auch noch andere Talente außer dem, was ich in der Vorlesung oder in Prüfungen mitbekomme. Und die haben auch mal gemerkt, dass ich auch nahbar bin und auch meine Schwächen habe, und das schweißt zusammen, wenn man dann abends gemeinsam beim Grillen oder beim Bier und dem Abschlussfest zusammensitzt. Das sind unvergessliche Momente, die ich in diesen vier Wochen Exkursion eigentlich hatte.
    Professor Fath: Es muss nicht immer der Rhein sein
    Maleike: Durch dieses Rhein-Abenteuer, so will ich das jetzt mal überschreiben, haben Sie sich ein neues Forschungsgerät für das Institut sozusagen erschwommen, das sich ja die Hochschule nicht leisten konnte. Wenn das Schule macht, müssen wir dann mit einem Professorenstau bald im Rhein rechnen?
    Fath: Och, ich glaube nicht. Ich würde die klassische Methode immer noch vorziehen, mit Anträgeschreiben. Das ist ja auch nicht so aussichtslos. Aber ich habe das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden, und die Exkursion war toll, und der Zuspruch der Bevölkerung war toll, und wir haben auch ein super Netzwerk jetzt zu Forschungseinrichtungen geknüpft über das Projekt. Und da war der Rhein sowieso schon mal auf der Liste jetzt gestanden im Bereich Mikroplastik, den zu untersuchen. Von daher hat es sich eigentlich ergeben, das eine mit dem anderen zu verbinden.
    Maleike: Aber trotzdem ist doch sehr ungewöhnlich, sich mit Kopf und Kragen sozusagen für die Wissenschaft einzusetzen?
    Fath: Na ja, Kopf und Kragen würde ich nicht – das ist überspitzt. Ich bin ja auch nicht lebensmüde. Es war gut vorbereitet, ich war gut abgesichert. So was muss man lange planen und muss auch die Genehmigungsphasen durchlaufen und auch entsprechend ausgerüstet sein. Es war jetzt nicht, dass ich mich da irgendwie so stark gefährdet hätte, dass das mich mein Leben gekostet hätte. Und von daher war es, ja, es war ein anderes Projekt. Wenn Sie mich fragen, ob ich es noch mal tun würde, würde ich – nein, der Handlungsdruck ist auch gar nicht mehr da. Wir haben jetzt die tollen Analysegeräte, sogar zwei, mit denen wir Forschung betreiben können, und ich hoffe nicht, dass dieses Beispiel Schule macht. Vielleicht gibt es noch andere Möglichkeiten. Man muss mal ein bisschen kreativ sein, dann geht das eine oder andere sicher.
    "Wünsche mir mehr Motivation für die Kollegen"
    Maleike: Das erwarten wir natürlich von Ihnen dann auch fürs neue Jahr. Sie haben es ja schon angedeutet und meine Frage schon beantwortet, ob Sie es noch mal machen würden.
    Fath: Ich würde es nicht ausschließen, aber eigentlich würde ich mich jetzt verstärkt gern um die Resultate kümmern und dann auch noch – ich bin jetzt angesprochen worden auch noch, ob ich das auch noch in Buchform – zu erhalten ist, die Ergebnisse, und da werde ich auch noch die eine oder andere Stunde und Tage mit verbringen, das zu Papier zu bringen.
    Maleike: Und was wünschen Sie sich für die Wissenschaft für Deutschland, so generell fürs nächste Jahr. Da liegt ja auch noch so einiges im Argen.
    Fath: Ja, wenn die Unterstützung in der Forschung noch besser funktionieren würde, gerade an den kleineren Hochschulen, dann wäre vielen geholfen, glaube ich. Es kostet natürlich unheimlich viel Zeit, deswegen hab ich es auch getan. Ich bin Familienvater von drei Söhnen, die auch ihre Zeit fordern, die ich mir auch gerne nehme. Und wenn Sie da allabendlich lange Forschungsanträge schreiben müssen, die dann nur zu 20 bis 30 Prozent genehmigt werden, dann kommen Sie irgendwann an den Punkt, wo Sie vielleicht etwas frustriert sind. Und es wäre schade, wenn junge, aufstrebende Leute, die an der Forschung interessiert sind, durch solche Negativereignisse sich abschrecken oder sie ihre Motivation verlieren sollten. Und da wünsche ich mir doch noch ein bisschen mehr Motivation für die Kollegen.
    Maleike: Der Wunsch von Andreas Fath. Der Chemieprofessor der Hochschule Furtwangen ist im Sommer den Rhein komplett hinuntergeschwommen unter anderem, um für sein Institut ein teures Messgerät damit zu erwirtschaften. Und es wurden sogar zwei daraus. Danke schön für das Gespräch hier in "Campus & Karriere", Herr Fath, und alles Gute für Ihre weiteren Pläne!
    Fath: Ja, Danke auch Ihnen, und schöne Weihnachtstage wünsche ich Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.