Freitag, 29. März 2024

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Riester-Rente
"Einen Vertrag würde ich im Moment so nicht abschließen"

Bei der Kritik an der sogenannten Riester-Rente werde oft übersehen, dass man sich mit dieser Förderung immer noch besser stehe als "mit irgendeinem ungeförderten Vertrag", sagte Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen. Für den, der jetzt einen Vertragt abschließen wolle, gebe es aber interessantere Möglichkeiten.

Arno Gottschalk im Gespräch mit Jule Reimer | 15.04.2016
    Ein Sparschwein steht vor einem Schild mit der Aufschrift Riester-Rente.
    Schlachten oder nicht schlachten? Ein Sparschwein vor einem Schild mit der Aufschrift Riester-Rente. (picture-alliance/ dpa-ZB / Jens Büttner)
    Jule Reimer: Die Rente wird Wahlkampfthema und obwohl erst 2017 gewählt wird, scheint der Wahlkampf jetzt schon loszugehen. Der Streit macht auch vor der 2001 eingeführten Riester-Rente nicht Halt. Riestern bedeutet: Wer allgemein in der gesetzlichen Sozialversicherung ist, kann zusätzlich einen privaten Versicherungsvertrag abschließen, und der Staat gibt für einen selbst und die Kinder einen festen Betrag dazu. Bei kleinen Einkommen zum Beispiel, oder auch bei Müttern oder Vätern, die nicht berufstätig sind, kann das erklecklich sein. Aktuell erhält eine nicht berufstätige Mutter mit zwei kleinen Kindern vom Staat rund 750 Euro pro Jahr Zuschuss und muss selbst nur 60 Euro pro Jahr beitragen.
    Doch jetzt sagt unter anderem CSU-Chef Horst Seehofer, die Riester-Rente ist gescheitert. Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen, haben Hunderttausende von Riester-Sparern für die Katz gespart und eingezahlt?
    Arno Gottschalk: Nein, das auf keinen Fall. Auch wenn jetzt darüber diskutiert wird, ob man dieses ganze System fortsetzen sollte, die Verträge, die abgeschlossen worden sind, die wird man auch fortsetzen.
    Mit dieser Förderung ist immer besser
    Reimer: Wir hatten dieses Beispiel nicht berufstätige Mutter oder Vater plus staatlicher Zuschuss. Das klingt ja alles gut. Wie sieht es denn für den gut verdienenden Single aus? Hat sich für den der Riester-Vertrag bisher gelohnt? Könnte der sich in Zukunft weiter lohnen?
    Gottschalk: Man muss immer sehen, für einen Teil, gerade das untere Einkommen, gibt es die Zulagen. Für die Besserverdienenden ist es lukrativer, vor allen Dingen die steuerliche Förderung solcher Verträge zu nutzen.
    Reimer: … wobei sie die Zulage auch kriegen.
    Gottschalk: Die kriegen die Zulage, aber sie bekommen noch eine steuerliche Förderung. Das läppert sich schon zusammen, dass auch Besserverdienende davon profitieren können. Man muss immer folgendes sehen: Man ist mit dieser Förderung immer besser, als wenn man mit irgendeinem ungeförderten Vertrag unterwegs ist. Das wird oftmals übersehen.
    Reimer: Unabhängig von der Höhe. - Vielleicht kann ich aber trotzdem auf dem privaten Markt oder mit einem Sparplan, wo in Fonds oder in Aktien investiert wird, doch mehr machen?
    Gottschalk: Nein! Wenn Sie eine vergleichbare Vertragskonstellation haben, und nur das kann man vergleichen, dann werden Sie auch mit jedwedem anderen Vertrag ohne die Förderung nie besserstehen. Das machen sich die wenigsten wirklich klar.
    Reimer: Eine Hauptkritik lautet, die Verwaltungskosten sind so hoch.
    Eine zwangsweise Rückabwicklung sehe ich nicht
    Gottschalk: Das ist in der Tat so, dass viele Verträge, die wir in diesem Bereich haben, leider viel zu teuer sind, und die Notwendigkeit ist dann zu gucken, wie findet man einen günstigeren, und eigentlich wäre es Aufgabe der Politik, dort wirklich auch mal den Hebel anzusetzen, um Kosten zu drücken.
    Reimer: Gibt es denn von Ihnen einen Hinweis, Pi mal Daumen, wie viel Prozent Verwaltungsanteil in so einem Vertrag stecken darf?
    Gottschalk: Das lässt sich jetzt schlecht benennen, weil man die Bezugsgröße haben muss. Viele dieser Verträge haben Kostenbelastungen, die sind jenseits von zehn Prozent. Das ist natürlich viel zu hoch und es muss deutlich unter diesem Bereich liegen.
    Reimer: Ist denn eine Rückabwicklung denkbar? Es wird ja auch gesagt, die Riester-Rente ist ein Fass ohne Boden, letztendlich wird das gar nicht die Lücke, die sich auftut bei der gesetzlichen Versicherung, füllen können.
    Gottschalk: Nein. Eine zwangsweise Rückabwicklung der Verträge sehe ich auf keinen Fall. Da gilt einfach der Vertrauensschutz und das wird niemand politisch machen.
    Reimer: Wenn jetzt jemand aber das Gefühl hat, sein Riester-Konto könnte eventuell doch eine unsichere Sache sein, macht es Sinn, zum Beispiel dieses Riester-Konto in eine Immobilienfinanzierung zu stecken? Das ist ja möglich, ohne dass man ausdrücklich vorher einen Wohn-Riester abgeschlossen hatte.
    Gottschalk: Das ist auf jeden Fall eine sinnvolle Möglichkeit. Man kann ja aus den bestehenden Riester-Verträgen das Guthaben herausnehmen und in einer Form von Sondertilgungen in einen zusätzlichen Abtrag der eigenen Immobilie reinbringen. Das lohnt sich und da sollte man sich auf jeden Fall schlau machen, ob man das nutzen kann.
    Für Jüngere besser ein Aktiensparplan
    Reimer: Würden Sie jemandem empfehlen, jetzt auch neu noch einen Riester-Versicherungsvertrag abzuschließen, und wenn ja, haben Sie einen Tipp, in welche Richtung man gehen sollte?
    Gottschalk: Einen Riester-Versicherungsvertrag würde ich im Moment so nicht abschließen. Ich würde jedem, der jetzt sich überlegt, eine eigene Immobilie anzuschaffen und die zu finanzieren, raten, sich den Wohn-Riester anzuschauen. Ansonsten muss man je nach Alter sehen. Jüngere Menschen, die sich Riester überlegen, sind sicherlich besser in einem Aktiensparplan untergebracht, und bei Älteren muss man vielleicht unterscheiden, ob man eine Versicherungslösung oder einen Banksparplan nimmt. Das muss man sich anschauen, aber es ist wichtig, dass man auch einen guten Vertrag findet.
    Reimer: Und das erfährt man unter anderem bei den Verbraucherzentralen, wo man sich beraten lassen kann. - Das war Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale in Bremen. Vielen Dank.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.