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Rigide FIFA-Politik gegen Trittbrettfahrer

Die sogenannte "Beer-Babe"-Affäre sorgte bei der WM für Aufsehen. Eine niederländische Brauerei hatte bei der Partie Niederlande gegen Dänemark 36 Frauen mit orangefarbenen Minikleidern ins Stadion geschleust, die die Aufmerksamkeit der Fernsehkameras auf sich zogen. Eingeweihte erkannten den Zusammenhang des Outfits mit einer holländischen Brauerei.

Von Heinz Peter Kreuzer | 19.06.2010
    Obwohl keine Werbung auf den Kleidern war, wertete die FIFA das als Ambush-Marketing und ließ die Frauen sogar zeitweise verhaftet. Das rigorose Vorgehen des Fußball-Weltverbandes hat für viele negative Schlagzeilen gesorgt. Zumal die breite Weltöffentlichkeit die versteckte Werbung nicht erkennen konnte. Der Münchner Anwalt Martin Stopper, der bei der WM 2006 in Deutschland für die FIFA nach Ambush-Marketing fahndete, sieht das anders. Schließlich sei die Werbung in den Niederlanden durchaus als solche zu erkennen gewesen und habe so einige Millionen Menschen erreicht.

    "Dem eingeweihten Kunden und der weiteren Werbegesellschaft war dann bekannt, um welche Firma es sich handelte. Das nennen wir dann Ambush-Marketing, also, dass man sich hineinschleicht und darüber eine Werbeplattform erzielt in Zusammenhang mit einer Großveranstaltung."

    Die offiziellen Sponsoren müssten geschützt werden, sagt Stopper.

    "Wenn Sponsoren etwas zahlen an einen Weltverband, dann erwartet der Sponsor eine gewisse Exklusivität, dadurch, dass er viel Geld zahlt. Man muss darauf achten, das nicht zusätzlich noch jemand kommt und Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der Weltmeisterschaft erwirbt, ohne das er einen einzigen Euro zahlt."

    Deshalb stellt der Fußball-Weltverband Forderungen an die Veranstalter beziehungsweise an die Regierung des Ausrichterlandes.

    "So, dann sagt man, Südafrika, was tut ihr denn dafür. Das solche Programme geschützt werden. Denn mit diesem Geld wird diese Veranstaltung hier in Südafrika finanziert. Dann gab es ein Gesetz, das Ambush-Marketing untersagt hat in Südafrika, Und dann haben die Behörden gehandelt und nicht die FIFA."

    In diesem Fall wird es längere Auseinandersetzungen geben, ob es sich bei den Niederländern um Trittbrettfahrer handelt. Schon im Vorfeld der WM hatte es viel Ärger gegeben, weil die Fifa auch gegen kleinste Händler im Gastgeberland vorging. Selbst die Jahreszahl 2010 ließ sie sich markenrechtlich schützen. So strikt ist die Gesetzgebung in Deutschland nicht. Der Bundesgerichtshof entschied im vergangenen Jahr zu Gunsten des Süßwarenherstellers Ferrero. Die Fifa habe als Veranstalter keinen Anspruch auf die exklusive Verwendung von Begriffen wie "WM 2010" oder "South Africa 2010". Sie habe zwar das grundgesetzlich geschützte Recht zur wirtschaftlichen Verwertung der von ihr organisierten Sportveranstaltungen. Ihr sei aber nicht jede wirtschaftliche Nutzung, die auf die WM Bezug nehme, vorbehalten. Profiteur dieser Entscheidung ist wiederum der Deutsche Fußball-Bund, sagt Ferrero-Justitiar Stephan Niessner.

    "Wenn wir nicht auf das Ereignis hinweisen können, dann ist das für uns schon die Frage, wie viel können wir dann auch gegenüber dem DFB ausgeben."

    Andere Unternehmen nutzen Grauzonen, um sich im Umfeld der Fußball-Weltmeisterschaft zu platzieren. Wie der Autohersteller VW in einem Fernsehspot. Auch Pepsi hat im Wettstreit mit dem großen Rivalen und Fifa-Förderer Coca Cola Nadelstiche gesetzt. Mit einigen Fußball-Stars fährt das Unternehmen die "große Pepsi-Fußball-Promotion", gegen diesen Begriff können auch Fifa-Juristen nichts ausrichten. Der neueste Coup: In Anspielung auf Diego Maradonas Ankündigung, beim WM-Sieg Argentiniens nackt durch Buenos Aires zu laufen, will Pepsi in diesem Fall eine Woche lang nackte Flaschen – also ohne Aufkleber - verkaufen.