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Ringen um Friedenslösung
Syrien-Diplomatie in München

Russland steht wegen seiner Luftangriffe in Syrien in der Kritik. Nun bestätigt die Regierung in Moskau, was die USA bereits verraten haben: Man hat eine Waffenruhe vorgeschlagen. Bei der Syrien-Konferenz in München dürfte es heute Abend vor allem darum gehen, wann diese beginnen soll.

11.02.2016
    Sergej Lawrow und John Kerry, die Außenminister Russlands und der USA
    Sergej Lawrow und John Kerry, die Außenminister Russlands und der USA (AFP/Stache)
    An dem Treffen in München nehmen Außenminister und andere hochrangige Vertreter von 17 Staaten teil, darunter die USA, Saudi-Arabien, Iran sowie die Türkei und Russland, also die fünf Länder, die eine Schlüsselrolle bei den Bemühungen um eine Lösung des Syrienkonflikts spielen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow stellte schon vorher klar: Moskau habe "ziemlich konkrete Vorschläge für eine Waffenruhe" unterbreitet, warte aber noch auf Reaktionen der anderen internationalen Kräfte. Mit US-Außenminister John Kerry traf sich Lawrow bereits, genaue Inhalte dieses Gesprächs wurden allerdings nicht bekannt.
    Laut US-Regierungsvertretern hat Moskau, so hieß es bereits am Morgen, eine Feuerpause in Syrien ab dem 1. März vorgeschlagen. Washington dagegen fordert, dass die Kämpfe in dem Bürgerkriegsland sofort eingestellt werden müssen, andernfalls würden Russland und die syrische Regierung bis dahin versuchen, moderate Rebellengruppen zu zerschlagen.
    Mehr als 70 Prozent der russischen Ziele seien gegen Assad kämpfende Oppositionsgruppen, sagte der Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa, Ben Hodges, im Interview mit tagesschau.de. Man hätte die Russen gerne als Partner gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS). Grundsätzlich brauche der Westen Russland "und Russland braucht uns".
    Nato beteiligt sich nicht direkt am Anti-IS-Kampf
    Die Türkei forderte wegen der wachsenden Zahl von Flüchtlingen erneut eine Flugverbotszone in Syrien. Dies sei der einzige Weg, um den Zustrom von Flüchtlingen und Migranten zu bewältigen, sagte Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Russland ist gegen die Einrichtung einer Sicherheitszone an der syrisch-türkischen Grenze, sofern sie nicht zuvor mit der syrischen Regierung oder dem Weltsicherheitsrat abgesprochen ist. Das betonte der stellvertretende Außenminister Oleg Syromolotow.
    Die Nato kündigte derweil an, sich vorerst nicht direkt am Kampf gegen die IS-Terrormiliz zu beteiligen. Die Verteidigungsminister der Bündnisstaaten beschlossen in Brüssel, mit einem Kompromiss auf eine entsprechende Unterstützungsanfrage der USA zu reagieren. Washington soll demnach Nato-Flugzeuge vom Typ Awacs für Einsätze außerhalb des Anti-IS-Kampfes nutzen können. US-Awacs könnten dann verstärkt über Syrien und dem Irak eingesetzt werden.
    Studie: Fast eine halbe Million Tote
    Die Fronten zwischen der syrischen Staatsführung, die insbesondere von Russland und dem Iran unterstützt wird, und ihren Gegnern sind verhärtet. Insbesondere in Aleppo nahm die Gewalt in der vergangenen Tagen stark zu. Friedensgespräche im schweizerischen Genf wurden zuletzt auf das Monatsende vertagt.
    Laut einer Studie sind inzwischen im syrischen Bürgerkrieg 470.000 Menschen getötet und 1,9 Millionen verletzt worden. Seit der jüngsten Offensive der syrischen Regierungstruppen mit russischer Luftunterstützung in der vergangenen Woche sind laut den Vereinten Nationen rund 51.000 Zivilisten vertrieben worden, 30.000 weitere drohten unter Belagerung zu geraten.
    (bor/jasi)