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Rink: Perlen der Genres und Musikrichtungen bündeln

Der Deutschlandfunk hat sein Programm reformiert. Die"Radionacht" bietet werktags ab Mitternacht bis fünf Uhr morgens ein Wortprogramm. Am 13.04.2013, also in der Nacht von Freitag auf Samstag, startet die zweite Säule dieser Reform: ein Musikprogramm, auch Musik-Nacht genannt. Dazu Ludwig Rink, Leiter der Abteilung "Musik und Information" im Deutschlandfunk im Gespräch mit Sigrid Fischer.

Ludwig Rink im Gespräch mit Sigrid Fischer | 08.04.2013
    Sigrid Fischer: Freunde der Nacht - Sie haben die erste Wortnacht-Woche des Deutschlandfunks vermutlich schon zur Kenntnis genommen, haben hineingehört, haben sich offenbar überwiegend gefreut, wie man Ihren Facebook-Statement entnehmen kann und vielleicht haben Sie sich gefragt, wo ist denn eigentlich die ganze Musik hin, die wir sonst zwischen Eins und Fünf gehört haben?
    Ja, die finden Sie zum Beispiel in den nächsten beiden Nächten wieder - Samstag und Sonntag in U und E. Ludwig Rink, Abteilungsleiter "Musik und Information" im Deutschlandfunk ist bei mir. Herr Rink, das ist Ihr Ressort und heute Nacht geht's los. Die Neustrukturierung dieses Abends und vor allem der Nächte war sicher kein leichtes Unterfangen, oder?

    Ludwig Rink: Nun gut, das ist eine strategische Entscheidung der Geschäftsleitung gewesen. Wir haben uns entschieden, das Programm des Deutschlandfunks verstärkt noch mit Wortanteilen zu versehen, eben auch in der Nacht. Und das hat dann natürlich auch Konsequenzen für die Musik gehabt. Wir waren sicherlich in der Musikabteilung nicht die Vorreiter dieser Bewegung, aber wir haben uns jetzt sicherlich damit abgefunden, dass deutlich weniger Musik in der Nacht erklingen kann. Aber dafür gebündelt jetzt in Zukunft am Samstagmorgen und am Sonntagmorgen.

    Fischer: Genau - schauen wir doch mal auf den kommenden Samstagmorgen, die Nacht. Da hätten wir jetzt zum Beispiel "Soundcheck", "Liederladen", "Spielraum", "Klanghorizonte", "Alte Musik". Ist sicher jetzt keine willkürliche Abfolge. Welches Konzept steckt dahinter?

    Rink: Also, es war vor allem der Wunsch am Samstag auch vom Tag her gesehen, die Dinge unterzubringen, die bisher in der Schiene um 1 Uhr liefen. Wo es eben vor allen Dingen um - sagen wir jetzt mal ganz allgemein - unterhaltende Musik geht: "Soundcheck", "Liederladen", "Spielraum" und "Klanghorizonte". Das sind die Titel, die wir sonst auch in der Einuhrleiste hatten. Die haben wir jetzt sozusagen hintereinander genommen. Wobei da auch noch für den Jazz eine Sendung kommt mit historischen Aufnahmen: die sogenannten "Milestones", also die Meilensteine der Jazzgeschichte. Das lief bisher von 1 bis 2 Uhr. Nun haben wir das komprimiert am Samstag. Möglichweise ein Angebot für Nachtschwärmer - eben ein anderes Publikum als vielleicht auch das, was in der Woche die "Wortnacht" hört. Und am Sonntagmorgen sind dann in komprimierter Form einige der Inhalte, die wir bisher in der Musiknacht hatten, in der E-Musiknacht sozusagen, ab 2 Uhr aufgefangen. Und da fangen wir mit symphonischer Musik an, danach Vokalmusik, Neue Musik und Kammermusik. Allerdings ist das natürlich im Vergleich zu vorher eine deutliche Einbuße zumindest an Menge. Wir versuchen aber, hier die Perlen der verschiedenen Genres und Musikrichtungen zu finden und die hier besonders prominent unter zu bringen.

    Fischer: Ja, auf jeden Fall Federn lassen mussten die Nachtkonzerte. Die sind einfach schlichtweg nicht mehr da.

    Rink: Nun, wenn wir früher sozusagen drei Stunden Sinfonik am Montag hatten, ist jetzt davon eine Stunde am Samstag immerhin noch da.
    Also, es ist sozusagen noch ein Drittel von dem, was vorher da war.

    Fischer: Ein Drittel ja. Jetzt sind ja da auch die "Klangkörper" beteiligt gewesen - es wurde in der Nacht einiges gespielt von den "Klangkörpern". Sind die jetzt davon betroffen, dass weniger möglich sein wird? Der Deutesche Musikrat hatte ja auch das beklagt, schon im Vorfeld, dass da vieles wegfällt.

    Rink: Ja, das ist natürlich so, dass wenn insgesamt 19 Stunden Musik weg fallen, natürlich auch die "Klangkörper" davon betroffen sind. Es gibt aber das Versprechen, dass parallel zur sozusagen etwas weiteren Verwortung des Kölner Programms, das Berliner Programm einen größeren Musikanteil bekommt. Dieses Versprechen ist auch damals dem Musikrat gemacht worden. Ich hoffe darauf, dass es auch eingehalten werden kann und dass im Berliner Programm, was ja auch viel größere Flächen hat, für Konzertübertragungen, dann dort auch Flächen geschaffen werden eben speziell für die "Klangkörper", die beiden Symphonieorchester und die beiden Chöre, die wir haben.

    Fischer: Aber 19 Stunden weniger Musik im Deutschlandfunk, wie Sie sagen, finden jetzt nicht entsprechende Kompensation in Berlin mit 19 Stunden plus.

    Rink: Noch nicht, aber der Strategieprozess, den wir in Angriff genommen haben, der heißt ja Strategieprozess 2020. Und ich bin guten Mutes, dass auch in Berlin einige Programmänderungen das Licht der Welt erblicken.
    Bisher hat man sich da noch zurückgehalten. Bisher ist der Deutschlandfunk voran gegangen. Aber wie gesagt, es gibt da eine ganze Reihe Überlegungen im Berliner Programm, gerade auch für die "Klangkörper" oder für andere Musikrichtungen noch neue Flächen zu finden, und ich hoffe, dass das so sein wird.

    Fischer: Ja Herr Rink, Musik im Deutschlandfunk - "Musik und Informationen" im Deutschlandfunk ist Ihr Bereich - seit langem schon. Sicher haben Sie diesen Reformen mit leichten Bauchschmerzen zugesehen, weil Sie eben einige Ihrer langjährigen und Ihnen ans Herz gewachsenen Kinder aufgeben mussten oder reduziert jetzt sehen. Würden Sie denn sagen, dieses Experiment ist dennoch jetzt lebbar für Sie und auch hörbar - unter dem Strich?

    Rink: Ich bin ja schon eine ganze Weile bei diesem Sender: beim Deutschlandfunk. Und als ich vor weit über 30 Jahren hier anfing, war der Musikanteil in diesem Programm viel, viel höher, als er auch noch vor dieser Reform war. Man kann das aber nicht einfach als Abbau bezeichnen, sondern man muss einfach sagen, dass der Deutschlandfunk sich von den Anfangsjahren, wo er ein Vorlesesender war, der ab und zu auch mal aktuell war - politische Magazine sind erst 1974 eingeführt worden - dass er sich langsam entwickelt hat zu einem Informationssender und auch im Bereich der Kultur, auch im Bereich der Musik immer stärker ein Informationssender geworden ist.
    Also, die Aufgabenverteilung der beiden Programme Deutschlandradio Kultur und Deutschlandfunk - die würde ich eben so sehen, dass im Berliner Programm die Möglichkeiten, ganze Konzerte live zu übertragen, mit allem Kram, der dazu gehört: "Beifall" und so weiter, "Auftritt" und so - dass da der Platz in Berlin sicherlich eher vorhanden ist als in Köln, während in Köln eher die Information über die Musik im Vordergrund steht. Und so haben wir im Laufe der Zeit - solange ich auch hier bin - nicht mit Bauchschmerzen, sondern aktiv den Prozess voran getrieben, die Musiksendungen journalistischer, informativer zu machen. Insofern ist das ein weiterer Schritt in diese Richtung, und wir versuchen auch jetzt, in den Abendsendungen an teilweise neuen Plätzen, diesen journalistischen Aspekt noch weiter zu betonen.

    Fischer: Über die Veränderungen im Musikprogramm des Deutschlandfunks und die heute beginnenden Musiknächte hat Ludwig Rink, Leiter der Abteilung "Musik und Information" informiert. Herzlichen Dank dafür.

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