Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Roaming-Gebühren
EU beschließt weitgehende Abschaffung

Es kann teuer werden, im Urlaub in der EU SMS zu verschicken, in die Heimat zu telefonieren oder im Internet zu surfen - wegen der Roaming-Gebühren. Die Aufschläge sollen jetzt binnen zwei Jahren weitgehend abgeschafft werden. Kritiker sehen aber noch ein Schlupfloch für Mobilfunk-Anbieter.

30.06.2015
    Auf dem Display eines Handys werden die Roaming-Informationen für das Telefonieren und SMS-Schreiben aus dem Ausland angezeigt.
    Roaming-Gebühren in der EU soll es bald nicht mehr geben. (DPA / Soeren Stache)
    Dass Roaming-Gebühren innerhalb der EU weitestgehend abgeschafft werden - das ist die gute Nachricht. Es steht so gut wie fest: Telefonieren, Internet-Surfen, Versenden von Textnachrichten wird für die Verbraucher erheblich billiger beziehungsweise für die meisten sogar frei von Auslandsaufschlägen. Eine überfällige Entwicklung, die EU-Parlamentarier wie die telekommunikationspolitische Sprecherin der SPD, Constanze Krehl, schon lange gefordert haben.
    "Es macht rational überhaupt keinen Sinn, außer die Gewinnmaximierung der Telekommunikationsunternehmen, die Roaming weiter auf dem hohen Stand zu lassen."
    Die schlechte Nachricht: Es kommt noch einmal später als erhofft: erst in zwei Jahren. Die Verhandlungen waren zäh, zogen sich über mehr als zwei Jahre hin. Schon 2013 hatte die EU-Kommission die entsprechenden Pläne, Roaming-Gebühren innerhalb der EU tendenziell völlig abzuschaffen, vorgestellt. Es ist nicht überliefert, ob die damals zuständige EU-Kommissarin Kroes ahnte, was für ein Tauziehen es um die Pläne geben würde, als sie sie seinerzeit vorstellte und anpries.
    "Das ist ein exzellenter Tag für die EU - wir stehen wie eine 28-köpfige Familie zusammen. Sonst hätten wir ein solches Gesetzespaket nicht vorschlagen können."
    Aufschläge sind möglich
    Ab Juni 2017 gibt es nun bei Aufenthalten im Ausland für SMS, Anrufe und Datenpakete praktisch keine Roaming-Aufschläge mehr. Allerdings dürfen Anbieter ab einer bestimmten Obergrenze weiter zusätzliche Gebühren verlangen. So soll verhindert werden, dass sich Nutzer im Ausland eine billigere SIM-Karte kaufen und sie aber hauptsächlich daheim nutzen. Wie hoch diese Aufschläge dann ab welcher Obergrenze sein dürfen, muss im Detail noch ausgehandelt werden. Genau an diesem Punkt, befürchten Kritiker wie der grüne Europaabgeordnete Michel Reimon, bleibt ein Schlupfloch für die de facto Beibehaltung der Roaming-Gebühren.
    "Roaming wird nur auf dem Papier abgeschafft. Die Betreiber dürfen Ersatz-Zuschläge einführen - und genau das werden sie 2017 machen."
    Sodass möglicherweise nur Touristen von den neuen Regeln profitieren würden, nicht jedoch beispielsweise Dienstreisende. Der zuständige EU-Kommissar Oettinger begrüßte die jetzt gefundene Einigung und auch der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul nannte sie einen "vernünftigen Kompromiss". Wenn es nach dem Parlament gegangen wäre, wären die Roaming-Gebühren zudem schon deutliche früher, spätesten 2016, abgeschafft worden. Damit konnten sich die Parlamentarier wie Michel Reimon und Constanze Kehl sich letztlich nicht durchsetzen.
    "Das ist versucht worden, immer weiter rauszuschieben. Aber irgendwann muss auch der Verbraucher mal merken, dass wir einen Binnenmarkt haben."
    Gebühren werden im April deutlich gesenkt
    Bereits ab April kommenden Jahres werden in einem Zwischenschritt die Gebühren noch einmal deutlich gesenkt: Handy-Telefonate dürfen den Anrufer dann im EU-Ausland nur noch höchstens fünf Cent pro Minute kosten statt 19 Cent wie bisher. Pro SMS dürfen nur noch höchstens zwei Cent berechnet werden; zurzeit sind es noch sechs Cent. Und beim Surfen werden die Gebühren von bisher maximal 20 Cent für jedes Megabyte an Daten auf höchsten fünf Cent gesenkt.
    Ein für Verbraucher nicht unwesentlicher Teil der Einigung betrifft auch das Thema Netzneutralität. Die jetzt erzielte Einigung sieht vor, dass grundsätzlich Internetanbieter alle Datenpakete ohne Ansehen der Inhalte oder der Absender gleichberechtigt auf den Daten-Autobahnen befördern müssen - sich also im Prinzip niemand die Vorfahrt erkaufen kann. Der Grüne Michel Reimon sieht auch diesen Punkt kritisch.
    "Es wird Sonderdienste geben - das heißt, Großkonzerne können sich für viel Geld eine bevorzugte Behandlung kaufen und kleinere Anbieter im Netz benachteiligen."
    Denn es soll in der Tat Ausnahmen geben: Im Falle von Cyber-Attacken beispielsweise, bei verbotenen Inhalten wie Kinderpornografie, aber auch bei bestimmten Spezialdiensten. Wenn solche nicht näher qualifizierten Spezialdienste besonders schnellen Datenverkehr erforderlich machen, soll dieser gegen entsprechendes Entgelt ermöglicht werden. Damit, monieren Kritiker, werde dem Zwei-Klassen-Internet Tür und Tor geöffnet.