Dienstag, 19. März 2024

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Robert Schumanns "Frühlingssinfonie"
"Sie ist in feuriger Stunde geboren"

Robert Schumanns "Frühlingssinfonie" entstand in einem wahren Schaffensrausch. In nur vier Tagen skizzierte der Komponist das Werk - drei Wochen später beendete er die Partitur. Für die Uraufführung heute vor 175 Jahren konnte er einen prominenten Zeitgenossen gewinnen: Felix Mendelssohn-Bartholdy dirigierte im Leipziger Gewandhaus.

Von Sabine Fringes | 31.03.2016
    Clara Schumann, geborene Wieck, mit ihrem Mann, dem Komponisten Robert Schumann, auf einer zeitgenössischen Darstellung am Klavier sitzend.
    Clara Schumann, geborene Wieck, mit ihrem Mann, dem Komponisten Robert Schumann, auf einer zeitgenössischen Darstellung am Klavier sitzend. (picture alliance / dpa / Ullstein)
    "Könnten Sie Ihrem Orchester beim Spiel etwas Frühlingssehnsucht einwehen, die hatte ich nämlich dabei, als ich sie schrieb. Gleich den ersten Trompetenstoß möcht' ich, daß er wie aus der Höhe klänge, wie ein Ruf zum Erwachen."
    So Robert Schumann in einem Brief an den Dirigenten Wilhelm Taubert über seine erste Symphonie in B-Dur, von der er einmal stolz verkündete:
    "Sie ist in feuriger Stunde geboren."
    Entstanden ist sie in einem wahren Schaffensrausch: Skizziert hatte sie der 31-jährige Komponist in nur vier Tagen Ende Januar 1841, die gesamte Partitur hatte er gut drei Wochen später, am 20. Februar, beendet.
    "Die erste Konzeption ist immer die natürlichste und beste. Der Verstand irrt, das Gefühl nicht."
    Sinfonisches Vermächtnis von Ludwig van Beethoven schien unerreichbar
    Doch mit dem Gedanken einer Sinfonie trug sich Schumann schon lange. Bereits zehn Jahre zuvor hatte er sich an einer Orchesterkomposition versucht, die er jedoch als unzulänglich wieder verwarf. Wie vielen seiner Zeitgenossen, schien auch ihm das sinfonische Vermächtnis seines Kollegen Ludwig van Beethoven unerreichbar:
    "Wenn der Deutsche von Sinfonien spricht, so spricht er von Beethoven: die beiden Namen gelten ihm für eines und unzertrennlich, sind seine Freude, sein Stolz."
    Erst Franz Schuberts "Große C-Dur-Sinfonie" gab ihm neue Hoffnung. Schumann hatte sie 1839 bei dessen Bruder Ferdinand Schubert in Wien entdeckt und Felix Mendelssohn-Bartholdy für eine Uraufführung am Gewandhaus gewinnen können. In ihr erkannte Schumann ein sinfonisches Gegenstück zu den Romanen seines geliebten Jean Paul - und er lobte neben der "Weite der Form" auch, "das Neue der Instrumentation".
    "Erlaben wir uns an der Fülle des Geistes, die aus diesem kostbaren Werke quillt. Die Sinfonie hat unter uns gewirkt, wie nach den Beethovenschen keine noch."
    Gedicht von Adolf Böttger als Inspiration
    Dieses Erlebnis wirkte in Schumann nach: Die Bläser-Fanfare seines ersten Satzes erinnert denn auch an Schuberts Sinfoniebeginn. Ihre Melodie indessen ist von einer Zeile eines Gedichtes von Adolf Böttger inspiriert. Im Hauptthema des ersten Satzes setzt Schumann den Rhythmus eines Verses exakt um:
    "Im Tale blüht der Frühling auf!"
    Wie ein Motto steht dieses Thema über der gesamten Sinfonie – und Frühlingssinfonie nannte Schumann sie denn auch im Untertitel. In seinem ersten Entwurf gab er den einzelnen Sätzen bildhafte Titel: Frühlingsbeginn, Abend, Frohe Gespielen, Voller Frühling. Doch strich er diese Namen noch vor der Drucklegung wieder, um dem Eindruck entgegenzuwirken, es handele sich um eine Programm-Sinfonie. Schumann in einem Brief an Ludwig Spohr im November 1842.
    "Ich schrieb die Sinfonie zu Ende Winters 1841, wenn ich es sagen darf, in jenem Frühlingsdrang, der den Menschen wohl bis in das höchste Alter hinauf und in jedem Jahr von neuem überfällt. Schildern, malen wollte ich nicht; dass aber eben die Zeit, in der die Sinfonie entstand, auf ihre Gestaltung und dass sie so geworden ist, wie sie ist, eingewirkt hat, glaube ich wohl."
    Aufbruch in eine neue Gattung
    "Frühling" steht metaphorisch für den Aufbruch in eine neue Gattung - ebenso wie für eine neue Lebenssituation: Denn nach langem Warten und Ringen konnte Robert Schumann endlich die Pianistin Clara Wieck heiraten.
    Zwei Monate nach ihrer Entstehung wurde Schumanns Erste Sinfonie im Leipziger Gewandhaus uraufgeführt. Felix Mendelssohn-Bartholdy dirigierte sie am 31. März 1841. Weitere Aufführungen in Weimar, Bremen, Hamburg, Berlin, Den Haag und Rotterdam folgten und machten Schumann als Sinfoniker weit über Leipzig hinaus bekannt.