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Romankulisse für Umberto Eco

Mit seinen mittelalterlichen Mauern diente es als Vorlage für den Roman "Der Name der Rose", das Kloster Sacra di San Michele, das nahe der Stadt Turin liegt. Heute führen die wenigen dort noch lebenden Mönche Touristen durch Abtei, Klosterbibliothek und Kreuzgang.

Von Katrin Kühne | 27.01.2008
    Graulen Sie sich schön bei der Musik aus dem Film "Der Name der Rose" und haben Sie das Bild einer riesigen, düsteren Abtei vor sich - steil auf einem Burgberg thronend, von wabernden Nebeln umgeben? Dann sehen Sie die Sacra di San Michele im Valle di Susa vor sich! Steinern, grau, 1000 Jahre alt, auf 1000 Metern Meereshöhe!

    "”Mir gefällt der Gedanke, dass Umberto Eco durch dieses ungeheure Gebäude und seine Geschichte zu seinem berühmtesten Roman inspiriert wurde. Die Darstellung des Inneren der Abtei ist dann auch in dem Film großartig gelungen.""

    Andrea Clementino stammt aus dem Susa-Tal. Gern kommt der Dreißigjährige hier herauf. Entweder über die alte Mulatiera, den Eselspfad oder die 237 Stufen, die auch Umberto Eco sicher oft in seiner Jugend hinaufgestiegen ist, um wie wir geradewegs ins dunkelste Mittelalter zu stolpern. Der Schriftsteller studierte und lehrte im rund eine Stunde entfernten Turin.

    Die Sacra di San Michele kann getrost als das Nationalheiligtum der Piemonteser bezeichnet werden. Carla Rigazzi stammt wie Andrea aus dem Susa-Tal und war schon als kleines Kind immer wieder mit ihren Eltern hier oben auf dem Monte Pirchiriano.

    "Diese Benediktinerabtei wurde 983 gegründet. Sie war wichtige Etappe für die Pilger, die auf der Via Francigena, dem Frankenweg, vom Nordwesten Europas über die Alpen gen Rom und weiter nach dem Heiligen Jerusalem zogen. Das 12. Jahrhundert war die Blütezeit dieses religiösen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrums, das Künstler, Wissenschaftler und Adelige aus allen Himmelsrichtungen anzog. Zunehmende Verweltlichung führte im 15. Jahrhundert zum Niedergang der Abtei, die letztlich säkularisiert und erst 1836 durch den regionalen Orden der Rosminiani-Brüder wiederbelebt wurde."

    Heute noch vier Rosminiani-Mönche und viele örtliche Helfer aus dem Susa-Tal haben ab 1990 für umfangreiche Restaurierungen gesorgt und die große Abtei mit neuem Leben erfüllt. So gibt es zum Beispiel Mitternachtskonzerte in dem archaisch-kahlen Gotteshaus, zu dem man über die Scalone dei Morti hinaufklettert.

    Die Treppe der Toten, unheimlich-heimliche Begräbnisstätte der Äbte und gläubiger Adeliger, ist teils aus dem Granitfels herausgeschlagen, teils aus dem Stein erbaut. Überdacht wird sie durch den Fußboden der darüber liegenden Kirche, der von einem 18 Meter hohen Pfeiler gestützt wird. Die Scalone endet unter dem romanischen Portale dello Zodiaco, in dem ein Meister Nicoló die Tierkreiszeichen eingemeißelt hat.

    Die kleinen, verhutzelten Mönche führen heute, nicht in Sean Connerys Kutte, sondern in moderner Strickjacke durch die ehedem berühmte Bibliothek, in der so schaurige Dinge vorgehen in Umberto Ecos Romanverfilmung.

    "Für mich als 30-Jährigen ist die Sacra di San Michele heute weniger religiöses, als historisches Symbol. Die umgebende Landschaft mit ihrer einzigartigen Natur ist uns aber genauso wichtig. Unter uns Jüngeren in Italien gibt es zwar eine Art Glaubenskrise, dennoch hat San Michele nach wie vor einen hohen religiösen Wert."