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Rosarote Karriere

23.06.2000
    Offen mit Homosexualität umgehen: Dafür gehen beim Christopher Street Day am 24. Juni in Berlin Zehntausende auf die Straße. Die größte Homosexuellen-Parade Deutschlands findet nun schon zum 22. Mal statt. So einfach wie hier ist es aber am Arbeitsplatz nicht, zu seinem Schwul- oder Lesbischsein zu stehen. "Man macht sich selten klar, wie oft über Sexualität gesprochen wird", sagt der angehende Arzt Sebastian Wulf. Dazu gehören auch viele Gespräche, die scheinbar nichts mit Sexualität zu tun haben: Frau Müller erzählt, dass sie mit ihrem Mann im Harz war, Herr Schulze ist zum Essen mit seiner Frau verabredet. Wenn aber die Sachbearbeiterin keinen Mann sondern eine Freundin hat, ist das schon weit weniger selbstverständlich. Für Schwule und Lesben stellt sich die Frage, wie sie sich verhalten sollen. Sollen die Kollegen wissen, dass man homosexuell ist? Sebastian Wulf ist seinen Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus gegenüber unbefangen gewesen und hat ihnen ohne viel Aufhebens erzählt, dass er schwul ist: "So etwas ergibt sich meistens im Umgang mit den Kollegen. Da wird natürlich gefragt, was man so mache. Ich habe dann gesagt, dass ich einen Freund habe. In dem Umfeld Krankenhaus ist das auch akzeptiert worden."

    Etwas anderes dürfte ein Coming-out in einer Bank sein. Stefan Thyroke hatte bei einem Kollegen gesehen, wie schwierig es sein kann zuzugeben, dass man schwul ist: "Er hat es allen zugleich gesagt und in dem Moment, in dem er sich geoutet hatte, bekam er Probleme." Verständlich, dass Thyroke Angst hatte, sich zu outen: "Ich habe ein bisschen länger gewartet. Nur die Kollegen, mit denen ich mich am besten verstand, wussten davon, und da hatte ich auch keine Probleme." Inzwischen ist er hauptamtlich Jugendsekretär bei der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen. Alle Gewerkschaftskollegen wissen von seinem Schwulsein. Morgen, beim Christopher Street Day, steht Stefan Thyroke auf dem Wagen der HBV. Zusammen mit seinen heterosexuellen Kollegen.

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