"Sea Watch"-Sprecher zum Migrationsgipfel auf Malta

"Seehofer ist mit seiner rassistischen Politik gescheitert"

07:41 Minuten
Das Foto zeigt aus Seenot gerettete Migranten an Bord der "MS Aquarius" von SOS Mediterranee und Ärzte ohne Grenzen.
Überlebt: Migranten auf der "MS Aquarius" von SOS Mediterranee und Ärzte ohne Grenzen. © dpa / picture alliance / Laurin Schmid/ SOS MEDITERRANEE
Ruben Neugebauer im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 23.09.2019
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Beim heutigen Migrationsgipfel auf Malta soll eine Lösung für die im Mittelmeer aus Seenot geretteten Bootsflüchtlinge gefunden werden. Die Organisation "Sea Watch" ist vorsichtig optimistisch - und stellt weitergehende Forderungen.
Die Erwartungen sind groß: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) trifft heute einige Kollegen aus anderen EU-Ländern auf Malta, um eine Lösung für die auf dem Mittelmeer aus Seenot geretteten Bootsmigranten zu finden. Mit dabei sind Italien, Frankreich, Malta, Finnland und die EU-Kommission.
Weil es keine Regel gibt, wie die Flüchtlinge auf die einzelnen EU-Länder verteilt werden, saßen gerettete Migranten zuletzt manchmal mehrere Wochen an Bord von Rettungsschiffen fest - Italien und Malta weigerten sich, ohne vorherige Aufnahme-Zusagen die Häfen zu öffnen.

Auf Details der möglichen Einigung schauen

Seehofer hat nun angeboten, jeden vierten aus Seenot geretteten Flüchtling aufzunehmen. Die private Hilfsorganisation "Sea Watch" spricht von einem "Schritt in die richtige Richtung". Dass Seehofer jetzt einlenken müsse, sei ein Riesenerfolg, sagt "Sea Watch"-Sprecher Ruben Neugebauer. Der deutsche Innenminister sei "mit seiner rassistischen Politik gescheitert".
"Gleichzeitig beobachten wir das mit einer gewissen Skepsis", so Neugebauer: "Weil wir immer wieder bei Herrn Seehofer erlebt haben, was von seinen Ansagen dann zu halten ist. Wir glauben es dann, wenn wir tatsächlich auch Taten sehen."
Man müsse nun auch auf die Details einer möglichen Einigung schauen, betont der Aktivist. So müsse es eine bedingungslose Aufnahme der Flüchtlinge geben.
Trotz Zusagen zur Aufnahme in der Vergangenheit durch andere EU-Länder säßen viele gerettete Bootsflüchtlinge immer noch in Italien und auf Malta fest, weil Staaten wie Deutschland darauf beständen, dass die Menschen vor Ort registriert würden und Sicherheitsüberprüfungen stattfänden. Deswegen sei das Misstrauen von Italien und Malta gegenüber Deutschland hoch.

Die Bergwacht will niemand verbieten

Das Argument, dass mehr Seenotrettung im Mittelmeer auch mehr Migranten dazu animiert, in die Boote zu steigen, weist Neugebauer entschieden zurück. Mit der gleichen Logik könne man auch die Bergwacht verbieten: "Da kann man ja auch sagen: Die Bergwacht rettet überwiegend Menschen, die sich selbst in Gefahr gebracht haben."
Neugebauer fordert nun, mehrere in Italien festgesetzte Rettungsschiffe - darunter die "Sea Watch 3" - freizugeben. Außerdem müsse die "unsägliche Kooperation" der EU mit der libyischen Küstenwache beendet werden, denn diese bringe die Migranten in "Folterlager".
"Wir müssen endlich wieder in die Lage versetzt werden, unsere Arbeit machen zu können", sagt Neugebauer: "Wer auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, der kann doch nicht ernsthaft fordern, auf dem Mittelmeer Menschen ertrinken zu lassen."
(ahe)
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