Dienstag, 19. März 2024

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Rot-Weiss Essen 1955
Mit Malocherfußball zur Meisterschaft

Auf Schalke, in Essen und anderswo im Ruhrgebiet singen Fußballfans vor dem Spiel immer noch das Steigerlied - nicht aus bloßer Nostalgie, sondern als Ausdruck lebendiger Tradition. Insbesondere in den 50er Jahren ist der Ruhrgebietsfußball geprägt vom Zusammenspiel zwischen Bergbau und Fußball.

Von Klaas Reese | 20.03.2018
    Die Statue "Kurze Fuffzehn"
    Die Statue "Kurze Fuffzehn" (firo Sportphoto)
    Musik war im Bergbau zugleich Hoffnungsträger, Protestmittel und körperlicher Gegenpol zu härtester Arbeit unter Tage. Bis nach der Gründung der Fußball Bundesliga spielen dazu in den Vereinen des Ruhrgebiets Fußballer, die im Bergwerk arbeiten oder gearbeitet haben. Dank der Unterstützung der Zechen-Bosse schaffen es Vereine aus dem Ruhrgebiet an die Spitze des deutschen Fußballs.
    "Ein Spiel wie noch nie zuvor"
    Rot Weiß Essen wird 1952 Westdeutscher Meister, holt 1953 den DFB-Pokal und gewinnt 1955 sogar die deutsche Meisterschaft, die die Fernsehsendung "Welt im Bild" begleitet.
    "22 Männer brachten eine ganze Stadt in Bewegung. Aus allen Teilen Deutschlands strömten die Schlachtenbummler nach Hannover. Das Finale zwischen Kaiserslautern und Rot-Weiß Essen versprach ein Spiel wie noch nie. Kaiserslautern setzt sofort zum Angriff an und der westdeutsche Meister in den weißen Hosen geht in die Defensive."
    Entscheidung in der 84. Minute
    Schnell gehen die Lauterer in Führung, doch RWE kann durch ein Tor von Johannes Röhrig und zwei Treffer von Fanz Islacker 3 zu 1 in Führung gehen. Der 1.FC Kaiserslautern schafft danach den Ausgleich zum 3:3, so dass die Mannschaft von Trainer Fritz Szepan bis zum Ende kämpfen muss.
    "Beide Mannschaften spielen jetzt mit vollem Einsatz und in der 84. Minute kommt es zu dem umstrittenen Entscheidungstor. Eine Flanke von Termath. Islacker steht da, und 4:3 für Rot-Weiß. Die Proteste der Lauterer werden abgewiesen. Rot-Weiß Essen ist deutscher Fußball-Meister und feiert damit einen glücklichen Sieg über eine tapfere Mannschaft."
    "Malocher Fußball"
    In dieser Zeit wird auch der Mythos vom "Malocher Fußball" im Ruhrgebiet geboren. Und auch die "Kurze Fuffzehn", die 1951 erschaffen wird und ab 1970 vor dem Stadion an der Hafenstraße die Besucherinnen und Besucher empfängt.
    Die Statue eines Bergarbeiters, der sich auf seine Spitzhacke stützt, ist eine Hommage an die Bergleute, die in den 50er Jahren im Ruhrgebiet die meisten Zuschauer und auch die meisten Spieler stellen. Die Kurze Fuffzehn ist das Symbolbild für die Symbiose zwischen Bergbau und Fußball.
    Viertelstündige Ruhepausen unter Tage und in der Kabine
    Denn: In Essen heißt zum Beispiel das Stadionmagazin "Kurze Fuffzehn". Eine Bedeutung ist schließlich, dass die kleinen viertelstündigen Ruhepausen im Sprachgebrauch der Bergleute als "kurze fuffzehn" bezeichnet. Und 15 Minuten dauert schließlich auch die Halbzeitpause eines jeden Fußballspiels.
    Die Bergmannstatue "Kurze Fuffzehn" verbindet Fußball und Bergbau, die zwei Klammern, die die gesamte Region verbinden.