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Rückkehr der Wölfe
"Für den Naturschutz ist das eine erfreuliche Entwicklung"

Inzwischen gibt es wieder Dutzende Wolfsrudel in Deutschland. Das ergibt eine aktuelle Bestandsaufnahme des Bundes. Bauern macht die Rückkehr der tierischen Wilderer aber nervös. Denn nicht in jedem Fall kommen sie nach Wolfsattacken auf ihre Tiere zu ihrer Entschädigung.

Von Anja Nehls | 22.11.2017
    Drei Wölfe (Canis Lupus Lupus), aufgenommen am 18.01.2017 in einem Gehege des Biotopwildpark Anholter Schweiz in Isselburg (Nordrhein-Westfalen).
    Die Rückkehr der Wölfe: Die einen freut sie, die anderen macht sie nervös. Die Tiere finden nämlich Schafe sehr schmackhaft. Und auch ihre natürliche Scheu vor Menschen scheint kleiner zu werden. (dpa / picture-alliance / Bernd Thissen)
    Seit drei bis vier Jahren ist die Anzahl der Wölfe in Deutschland deutlich gestiegen. 60 Rudel, 13 Wolfspaare ohne Junge und drei Einzeltiere leben in den Wäldern, hauptsächlich in Brandenburg, Sachsen und Niedersachen. Beate Jessel vom Bundesamt für Naturschutz:
    "Für den Naturschutz ist das eine erfreuliche Entwicklung, denn der Wolf ist vor 150 Jahren, da kam er flächendeckend vor in Deutschland, ausgerottet worden. Im Wesentlichen durch zu intensive Bejagung."
    Jetzt steht der Wolf unter strengem Naturschutz und darf nicht gejagt werden. Vor 15 Jahren kamen die ersten Wölfe aus Osteuropa zurück nach Deutschland, dann hielt sich der Bestand gut 10 Jahre auf niedrigem Niveau. Inzwischen tauchen in den Wäldern, die Förster Christian Stadtländer in der Lüneburger Heide betreut, ganz regelmäßig Wölfe auf – und verlieren nach und nach die Scheu vor dem Menschen:
    "Das ist vielen Wölfen hier in der Gegend verlorengegangen, selbst bei den Jagden beobachten wir immer mehr, dass die Wölfe nicht zwingend panikartig das Gebiet verlassen, in dem sich dann die vielen Jäger bewegen. Ich habe das selber auch schon erlebt, dass die neugierig den Menschen beobachten und sagen okay, der ist da, das ist alles okay, aber ich bleibe ganz entspannt, so den Eindruck habe ich jetzt schon ein paar Mal gehabt, wenn ich eine Wolfsbegegnung hatte."
    Kein Grund zur Sorge, solange Wolf 30 Meter Abstand hält
    Solange die Wölfe Distanz halten, bestehe aber für die Menschen kein Grund zur Sorge, so Beate Jessel. Man solle sie aber keinesfalls anlocken oder gar füttern:
    "Problematisch wäre es in der Tat und das würde dann erhöhte Aufmerksamkeit und Beobachtung verlangen, wenn festzustellen ist, dass ein Wolf sich aktiv den Menschen nähert. Wir unterscheiden da eine Distanz von 30m, wenn die unterschritten wird, dann ist erhöhte Aufmerksamkeit, Beobachtung und Besenderung angesagt. Und wenn dieses Verhalten wiederholt auftritt, müsste eventuell dieser Wolf auch wie man sagt, der Natur entnommen werden."
    Das ist in Niedersachsen mit dem Abschuss von Wolf Kurti auch schon mal gemacht worden. Eine weit größere Gefahr ist der Wolf allerdings für Weidetiere, wie Schafe und Ziegen, zum Teil aber auch schon mal für Rinder und Pferde. Förster Christian Stadtländer:
    "Einer hier aus dem Nachbarort, der hatte drei Wolfsangriffe innerhalb kurzer Zeit auf seine Schafe, der hat jetzt Maßnahmen ergriffen, neue Pfähle gesetzt, höhere Zäune gebaut, die sind natürlich nicht besonders erfreut und es gibt gerade hier bei mir in dem Raum einen Wolf, der hat sich so ein bisschen darauf spezialisiert, in so Gehege einzudringen, der ist mehrfach in ein Damwildgehege eingebrochen, was zu erheblichen Rissen geführt hat."
    Länder fördern Maßnahmen wie Hunde und Elektrozäune
    Mit insgesamt knapp 140.000 Euro sind die Besitzer der Tiere entschädigt worden, wenn nachgewiesen werden konnte, dass ein Wolf für die toten Tiere verantwortlich war, was nicht immer möglich ist. Mit besseren Weideschutzmaßnahmen könnte man den Wolf aber wirksam von den Nutztieren fernhalten, so das Bundesamt für Naturschutz. Mit über einer Million Euro haben die Bundesländer solche Maßnahmen im vergangenen Jahr gefördert:
    "Also die Errichtung entsprechend hoher Elektrozäune. Elektrozäune sind deshalb wichtig, weil wenn Wölfe versuchen, sie zu überspringen oder zu untergraben, das tut dann weh. Und dieser Abschreckungseffekt ist sehr wichtig und es ist auch sehr wichtig, dass man mit solchen Präventionsmaßnahmen bereits einsetzt bevor Wölfe in ein Gebiet einwandern, sie sollten sich gar nicht erst daran gewöhnen dürfen, leicht zu erbeutende Weidetiere zu reißen."
    Auch Herdenschutzhunde haben sich bewährt. Schäfer Frank Hahnel aus Brandenburg hat neben einem Schafszaun auch einen ganz speziellen Hund:
    "Das ist kein Hütehund, das ist ein Herdenschutzhund, der denkt, er ist ein Schaf und er ist nur dazu da, den Wolf abzuhalten. Weil der Wolf geht ja hinter Reh hinterher. So eine Schafherde wäre natürlich viel leichter zu kriegen, weil da sind ja viel mehr Tiere auf einem Haufen. Aber die ist geschützt durch diesen Elektrozaun und dieser Elektrozaun tut weh, wenn der Wolf mal kontrollieren kommt und dementsprechend kriegt der Wolf natürlich erstmal eine gewienert. Er würde aber auch locker und lässig über den Zaun rüberhopsen können, denn das sind nur 90cm. Wenn dahinter ihn aber ein Hund anbellt, dann überlegt sich das zweimal."
    Bundesamt ist gegen allgemeine Bejagung
    Bei Wölfen, die mehrfach in gut gesicherte Weiden eindringen, könnte man über einen Abschuss nachdenken, so das Bundesamt für Naturschutz. Den Wolf generell zur Bejagung freizugeben, lehnt es ab, auch wenn die Stückzahlen sich so deutlich erhöht haben.