Donnerstag, 18. April 2024

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Rückkehr von Lateinnachrichten
Wieder lebendige Sprache

Radio Bremen sendet wieder Nachrichten auf Latein. Einmal im Monat informieren die "Nuntii Latini" über Entwicklungen des Weltgeschehens – und setzen so auch die Tradition fort, die sonst für tot erklärte Sprache aktuell zu halten.

Von Rainer B. Schossig | 11.12.2018
    Ein Screenshot der lateinischen Nachrichten von Radio Bremen
    Auf Bremen Zwei gibt es wieder den lateinischen Monatsrückblick. (Deutschlandfunk / Michael Borgers)
    "Salvete auditores!"
    So klingt es, wenn die Bremerin Berit Wenderhold die Hörer der abendlichen Nachrichten auf Latein begrüßt. Sie ist im Hauptberuf Lateinlehrerin und hat sich schon als Schülerin für Latein entschieden: "Die lateinische Sprache kennenzulernen, das fand ich interessant. Der Unterricht selber war natürlich wechselnd interessant, richtig spannend wurde es dann in der Oberstufe, wo wir Originalliteratur gelesen haben. Wir waren ein kleiner Kurs, und wir haben einen ganz guten Überblick über lateinische Original-Literatur bekommen."
    Nun also gehört sie zur Lateinredaktion bei Radio Bremen. Der deutsche Altphilologenverband hatte unter seinen Mitgliedern herumgefragt, ob sich denn nicht junge Altsprachler für eine Wiedergeburt der "Nuntii Latini" erwärmen könnten. "Als ich das hörte, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich fand auch bedauerlich, dass die Lateinnachrichten einfach eingeschlafen sind. Von daher hatte ich gleich Lust, da mitzuarbeiten."
    Aus App wird apparatus
    Das Besondere an den lateinischen Nachrichten ist, dass für einfache Dinge des Alltags wie Autos, Handys oder politische Phänomene lateinische Umschreibungen zu finden sind. So leisten die "Nuntii Latini" einen Beitrag zur Aktualisierung des Lateinischen. "Teilweise muss man auch neue Begriffe erfinden, aber vor allem ist es wichtig, eine Aussage erst einmal genau zu verstehen, man muss die Grundaussage analysieren, und wie würde das ein Römer wie Cicero ausdrücken. Und als Zweites bestimmte Wörter umschreiben oder – ein Beispiel wäre: die App auf dem Smartphone, also, ich musste erst mal nachschauen, wie App genau definiert wird, und ich hatte mich für den Begriff apparatus entschieden. Ob das zutrifft, das muss man dann auch ausdiskutieren."
    Anderes kann man direkt übernehmen, wie "bomba atomica" oder "Harrius Potterus". Die Altsprachlerin Berit Wenderhold will aber nicht nur Schülerinnen und Schülern, sondern allen Hörern auch die klassische Sprache hinter den Texten näherbringen. "Wir als Lateinlehrer haben Interesse daran, Latein weiter als eine verbindende Sprache zu sehen, und das auch zu vermitteln. Es ist ja eine Sprache, die Europa auch einen könnte. Denn das Römische Reich erstreckte sich ja früher über Europa, und überall wurde Latein zumindest offiziell gesprochen. So bietet es sich heute für lateinische Nachrichten an, im Hinblick auf die europäische Idee, aber auch weltweit!"
    Auch wieder: Nachrichten von Schülern für Schüler
    Neben den "Nuntii latini" werden auch wieder lateinische Nachrichten von Schülern für Schüler produziert. Dabei schreiben die jungen Lateinerinnen und Lateiner eigene Texte zu aktuellen Themen, die sie beschäftigen, und verlesen sie auf Latein. "Zwei weitere Kollegen kümmern sich um die lateinischen Kindernachrichten, die es weiterhin gibt. Die sind anders konzipiert, und zwar ist es so gedacht, dass Lateinschüler bis Klasse sieben die Nachrichten selber auch verfassen sollen, und die Möglichkeit haben, hier im Hause die Nachrichten auch einzusprechen."
    Die "Nuntii Latini" auf Radio Bremen waren jahrelang ein "Renner" für Latein-Freunde in ganz Europa. Dass sie wieder da sind, ist für Berit Wenderhold und ihre Eleven eine Herausforderung und ein Versprechen. "Zu meinen Schülern sage ich, wenn sie unruhig sind: Tacete, audite, studete! Das heißt: Seid leise, hört zu, strengt euch an!"