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Rückkehrer-Flüchtlinge in Athen
Abgewiesen an mazedonischer Grenze

Mazedonien macht dicht: Wer nicht aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan kommt, bleibt an der Grenze zu Griechenland hängen. In Bussen mussten bereits über 1.800 Menschen nach Athen zurückfahren. Dort wurden Sporthallen zu Notunterkünften umfunktioniert, bald soll auch ein alter Flughafen als Notlager dienen. Für die Menschen, deren Reise in Athen endet, nur ein kleiner Trost.

Von Rodothea Seralidou | 17.12.2015
    Ein Zaun mit einigen der Plakaten und den Migranten aus Marokko.
    Ein Zaun mit einigen der Plakaten und den Migranten aus Marokko. (Rodothea Seralidou)
    Vor der olympischen Taekwondo-Halle im Athener Süden: Die Sportstätte dient jenen, die als sogenannte "Wirtschaftsflüchtlinge" an der mazedonischen Grenze abgewiesen worden sind, schon seit einigen Tagen als Notunterkunft. Jetzt aber muss sie wegen einer geplanten Sportveranstaltung geräumt werden. Der 29-jährige Moussa aus Marokko weiß nicht weiter:
    "Die Leute hier wollen eine Lösung! Wir hören, dass sie uns woanders hinbringen werden, in geschlossene Camps. Als wären wir Gefangene, das sind wir aber nicht. Wir sind doch Menschen! Wir wollen unsere Reise fortsetzen. Europa spricht von Menschenrechten. Wo sind diese Rechte? Ist das alles nur ein Scherz?"
    Im Hungerstreik für offene Grenzen
    Aus Protest hat Moussa zusammen mit anderen Marokkanern einen Hungerstreik begonnen. Am Zaun des Stadiongeländes haben sie Plakate aufgehängt. Darauf steht auf Englisch die Forderung: "Öffnet die Grenzen" und "Europa hilf uns!" Doch so einfach ist das nicht, sagt Daniil Esdras, Chef von IOM, der Internationalen Organisation für Migration in Griechenland.
    "Aus humanitärer Sicht ist es zwar nicht schön, die Menschen in Flüchtlinge und Nicht-Flüchtlinge zu unterteilen, aber jedes Land hat nun einmal das Recht, seine Grenze zu schließen und selber zu bestimmen, wen es hineinlässt und wen nicht. Es war nur eine Frage der Zeit, dass diese Migranten nicht mehr weiterkönnen."
    Die Einwanderer erzählen, dass Schlepper sie nun in Containerzügen und Lastwagen weiter nach Europa schleusen wollen. Doch das sei extrem gefährlich, warnt Esdras. Auch wenn es hart klinge: Die Wirtschaftsflüchtlinge sollten sich jetzt besser mit ihrem Schicksal anfreunden, sagt er. Denn:
    "Sie haben nun folgende Optionen: Sie können hier Asyl beantragen, aber der Antrag wird höchstwahrscheinlich abgelehnt, denn für Menschen aus Marokko ist es fast aussichtslos Asyl zu bekommen. Also bleibt ihnen nur die Rückkehr in ihr Heimatland. Wenn sie nicht freiwillig zurückkehren, laufen sie Gefahr, von der Polizei festgenommen und in geschlossene Auffanglager gesteckt zu werden, bis sie letztendlich abgeschoben werden."
    Kein Geld für die Rückreise
    Ein Großteil der Einwanderer, die nun in Griechenland festsitzen, würden gerne in ihre Heimatländer zurückkehren, weiß Esdras. Doch ihnen fehlten Geld und Papiere und das reguläre Rückkehrprogramm der IOM sei im Juni ausgelaufen:
    "Schon im September hatten wir die EU um eine Sonderfinanzierung gebeten, um das Programm aufrecht zu erhalten. Jetzt, wo wir die Probleme in Idomeni, an der Grenze zu Mazedonien haben, hat man uns die Finanzierung auch tatsächlich gegeben. Wir sind sofort zu den Notunterkünften der Einwanderer gegangen und haben sie über das Rückkehrprogramm informiert. Und binnen weniger Tage haben sich schon zweihundertfünfzig Menschen gemeldet."
    Eine Million Euro habe die EU für die Rückkehrförderung bewilligt. Das reiche für 1000 Anträge, sagt Esdras. Sollten es mehr werden, werde er eine weitere Finanzierung verlangen.
    "Mit diesem Geld zahlen wir die Flugtickets, wir stellen den Menschen die nötigen Papiere aus und arbeiten dafür eng mit den jeweiligen Botschaften zusammen. Wir geben ihnen vierhundert Euro und sie kehren in Würde zurück: nicht in Charterflügen, auch nicht in Handschellen, sondern mit einem normalen Linienflug."
    Zurückkehren will auch der 32-jährige Mohammed. Zusammen mit Freunden hat er das Büro der IOM in Athen aufgesucht und wartet nun im Flur darauf, seinen Antrag zu stellen. Die Reise nach Europa hatte er sich anders vorgestellt:
    "Fünfmal habe ich versucht, über die Grenze zu gehen, doch es hat nicht geklappt. Mein Traum war mal, es nach Deutschland zu schaffen. Ich wollte meine Geschwister und meine Eltern unterstützen. 3.000 Euro habe ich dafür gezahlt. Nun ist mein Traum geplatzt. Wenn mich jetzt meine Landsleute anrufen, sage ich ihnen, sie sollen die Reise gar nicht erst antreten."