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Rückkehrrecht in Vollzeit
Diskussion über Beschränkungen

Etwa 22 Millionen Arbeitnehmer sollen von dem neuen Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle profitieren. Allerdings werden auch knapp 15 Millionen ausgeschlossen, weil es zum Beispiel Grenzen bei der Beschäftigungszahl gibt - ab dem 1. Januar soll das Gesetz gelten.

Von Paul Vorreiter | 17.04.2018
    Eine Computertastatur, darüber liegt ein Schild mit der Aufschrift "Teilzeit"
    Teilzeitarbeiter sollen ein Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle erhalten. (imago / Steinbach)
    Der neue Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD, widmet sich gleich zu Beginn der Legislaturperiode diesem Thema, und auch in seinem Gesetzentwurf, der am 23. Mai ins Kabinett kommen soll, dreht sich vieles wieder um die Betriebsgröße. Ab dem 01. Januar kommenden Jahres werden circa 22 Millionen Arbeitnehmer von den neuen Regelungen innerhalb des Teilzeit- und Befristungsgesetzes profitieren können. Das schon bestehende Recht, in Teilzeit zu gehen, wird erweitert:
    "Es gibt Lebenssituationen von Elternzeit, Pflege- und Familienzeit, in der Beschäftigte schon jetzt die Möglichkeit haben, die Arbeitszeit zu reduzieren. Wir wollen, dass diese Möglichkeit jetzt geöffnet wird, wir wollen, dass es möglich ist, Brücken zu bauen zu den eigenen Lebensplänen. Es geht um die Brücke ins Ehrenamt, in die Weiterbildung und zurück auch in Vollzeit."
    Sagte Hubertus Heil im Deutschlandfunk. Zwar müssen die Beschäftigten keine Gründe angeben, wenn sie einen Antrag auf Brückenteilzeit stellen, doch der Gesetzentwurf setzt ihnen auch Grenzen: Das Recht gilt grundsätzlich erst in Betrieben ab 45 Beschäftigten, knapp 15 Millionen Arbeitnehmer sind damit von der Neuregelung ausgeschlossen.
    Wer in Teilzeit gehen will, muss für den Arbeitgeber bereits mehr als sechs Monate gearbeitet haben, die befristete Teilzeitphase darf zwischen einem und fünf Jahre dauern.
    Grenze bei 46 bis 200 Beschäftigten
    In Unternehmen, die 46 bis 200 Beschäftigte haben, muss der Anspruch nur jedem 15. Mitarbeiter gewährt werden. Von einer Zumutbarkeitsgrenze ist die Rede. Erst in noch größeren Unternehmen gilt der Anspruch dann für jedermann. Hintergrund dieses Koalitionskompromisses mit der der Union ist, dass CDU und CSU zu viel Bürokratie für kleine Betriebe befürchteten.
    Für diejenigen, die bereits in Teilzeit arbeiten und eine längere Arbeitszeit wünschen, soll es Erleichterungen geben. Der Arbeitgeber muss in Zukunft besser darlegen, warum er den Antrag des Arbeitnehmers ablehnt, wieso die betreffende Person ungeeignet ist oder kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Hubertus Heil ist mit dem Gesetzesentwurf zufrieden:
    "Das ist, glaube ich, ein fairer Kompromiss, der auch der Lebensrealität von Unternehmen und Beschäftigten entspricht."
    Das sehen allerdings nicht alle so. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion, Susanne Ferschl, kritisierte gegenüber dem Deutschlandfunk-Hauptstadtstudio, dass die Einschränkung auf 45 Mitarbeiter viele Beschäftigte ausschließt:
    "95 Prozent der Betriebe sind damit schon mal raus. Und es gibt ja dann noch diese sogenannte Zumutbarkeitsgrenze. Das muss man sich in der Praxis so vorstellen, dass man dann dem zweiten von 15 sagt, du hast jetzt Pech gehabt, da ist eben ein Platz schon besetzt. Sowas spaltet auch Belegschaften und ist letztendlich auch schwer zu kontrollieren. Ich bin ja selber Betriebsrätin, da muss man Betriebsräte mit einem stärkeren Mitbestimmungsrecht ausstatten, damit die da eingreifen können."
    DGB kritisiert die Einschränkungen
    Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert die vorgesehenen Einschränkungen. DGB-Arbeitsrechtsexpertin Marta Böning erwartet allerdings, dass mit dem Gesetzentwurf mehr Frauen aus der Teilzeit in Vollzeit zurückkehren werden:
    "Das ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung, denn die bislang fehlende Möglichkeit der Widerrufbarkeit der Teilzeit hat ja gerade viele Frauen in die Teilzeitfalle gedrängt. Angesichts der Beschränkungen für kleine und mittlere Betriebe wird es aber schwierig sein, einen Großteil der Beschäftigten mit diesem Gesetzesentwurf zu erreichen."
    Den Arbeitgebern geht der Entwurf dagegen schon zu weit. Sie lehnen nach Angaben der BDA bürokratische Regelungen in die betriebliche Arbeitszeitgestaltung strikt ab. Die Arbeitgeber befürchten außerdem, dass über Fragen des Arbeitszeitvolumens in den Betrieben in Zukunft nun Arbeitsgerichten entscheiden werden. Außerdem würden Abläufe und Planung in den Betrieben erschwert. Hubertus Heil will sich von der Kritik nicht beirren lassen:
    "Das hört man aus Verbänden, aber aus der Praxis vieler Unternehmen habe ich andere Erfahrungen. Die wissen, dass das vernünftig ist, wo immer es auch möglich ist. Und jetzt ist es auch gut, dass wir klare Regeln dafür schaffen, wie man da auch miteinander umgeht."
    Wie die Koalition mit dem Gesetz umgeht, wird sich in den kommenden Wochen in der Ressortabstimmung zeigen.