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Rückumstellung auf G9
Das alte Abitur mit neuen Vorzügen

Mehr Doppelstunden, entstaubte Lehrpläne, viel Ganztagsbetreuung - einige Neuerungen, die das G8-Abiturs 2016 mit sich gebracht hat, haben sich bewährt. Jetzt wechseln die meisten Gymnasien in Schleswig-Holstein zurück auf G9 - und wollen dabei an sinnvollen Strukturänderungen festfalten.

Von Astrid Wulf | 08.06.2018
    Kinder gehen in einem Klassenzimmer eines Gymnasiums in Straubing (Bayern) an einer Tafel vorbei, auf der "G8" und "G9" steht.
    98 von 99 Gymnasien in Schleswig-Holstein wechseln wieder zu G9 (dpa / Armin Weigel)
    Der 11. Jahrgang der Lübecker Thomas Mann-Schule beschäftigt sich gerade mit touristischen Angeboten in Skandinavien - und natürlich immer wieder mit dem anstehenden Abi. Anders als die Schüler, die hier künftig eingeschult werden, haben sie nur 12 Jahre bis zum Abitur.
    Mit einer Ausnahme wechseln die 99 Gymnasien in Schleswig-Holstein wieder zu G9 - drei Schulen bieten beide Optionen.
    Das Mehr an Doppelstunden könnte beibehalten werden
    Sabine Jebens-Ibs ist Lehrerin an der Thomas-Mann-Schule. Sie findet es gut, dass die kommenden Schülerjahrgänge hier wieder mehr Zeit zum Lernen haben. Nichtsdestotrotz habe G8 einige sinnvolle Strukturänderungen mit sich gebracht, findet sie. Zum Beispiel, dass es hier wie an anderen Gymnasien auch, viel mehr Doppelstunden gibt als vorher.
    "Da würden viele Kolleginnen und Kollegen auch gern dabei bleiben - weil man da mehr Übungsphasen hat. Für die Lehrkräfte kommt auch mehr Ruhe in den Alltag rein, weil man nicht mehr so viele Lerngruppen an einem Tag hat."
    Ganztagsbetreuung ist gefragt
    Seit der Einführung von G8 gibt es für die Schüler hier auch mehr Möglichkeiten, Mittag zu essen. Die Lehrerin geht nicht davon aus, dass die Cafeteria in Zukunft dicht macht - nur weil die Schultage für die kommenden Jahrgänge wieder kürzer werden.
    "Viele Eltern haben sicher auch das Bedürfnis, eine Ganztagsbetreuung zu bekommen, zumindest, dass das Mittagessen gewährleistet ist."
    Der Landeselternbeirat der Gymnasien in Schleswig-Holstein befürchtet allerdings, dass die Ganztagsangebote wie Mensen oder AGs künftig eingedampft werden - und das wäre ein Problem gerade für Eltern, die in Vollzeit arbeiten oder alleinerziehend sind. Laut Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen in Schleswig-Holstein IQSH sind Ganztagsangebote wichtig für die Bildungsgerechtigkeit - gerade Kinder aus Migrantenfamilien profitierten davon. Auch das Land appelliert an die Schulen, die Ganztagsangebote beizubehalten und stellt dafür auch Geld zur Verfügung.
    Nachmittagsangebot könnte umstrukturiert werden
    Letzten Endes entscheidet allerdings jede Schule selbst darüber. Peter Flittiger, Direktor der Thomas Mann-Schule will erst mal abwarten und den Bedarf prüfen - er sieht mit dem Wechsel auf G9 sogar Chancen, Nachmittagsangebote auszubauen.
    "Man könnte ja auch daran denken, Zeit, die man gewinnt, zu nutzen, Förderbänder einzubauen, Unterrichtstage insgesamt anders zu gestalten, da warte ich auch auf die Ideen meiner Kolleginnen und Kollegen und wir werden sicher auch mit anderen Schulen im Kontakt bleiben. Man muss sehen, welche Chancen sich daraus ergeben, die man dann auch nutzen kann."
    Optionales G8-Abitur
    Thomas Riecke-Baulecke vom IQSH geht davon aus, dass die Methodencurricula auch nach der Umstellung auf G9 bestehen bleiben - der Fokus auf Methoden, wie die Schüler effektiv Wissen erwerben und weitergeben, indem sie zum Beispiel bestimmte Lese- und Präsentationstechniken lernen. Ihm ist es zudem wichtig, dass nach der Rückumstellung bleibt, was G8 im Kern ausgemacht hat: Das schnelle Abi - zumindest als Option für diejenigen, die es wollen.
    "Deswegen muss man auch unter Bedingungen von G9 für diese Schülerinnen und Schüler die Möglichkeiten schaffen, dass die Schülerinnen und Schüler das in 8 Jahren machen. Das Ministerium wird dafür zusätzliche Ressourcen zur Verfügung stellen, wir als Landesinstitut werden dafür Beratung und Fortbildung anbieten, so dass solche Maßnahmen an den Gymnasien gefahren werden können."
    Die meisten künftigen Gymnasiasten in Schleswig-Holstein können offenbar die Vorzüge der Umstellung auf G8 genießen: Weniger Fächerwechsel durch Doppelstunden, entstaubte Lehrpläne sowie - an dieser Schule zumindest voraussichtlich - weiterhin offene Ganztagsangebote. Obendrauf gibt's ein Jahr mehr, um fürs Abi zu lernen. Lehrerin Jebens-Ibs ist froh darüber - sie hofft auf mehr Raum, um Themen vertiefen zu können.
    "Bestimmte Themen, die jetzt ein bisschen aus Zeitmangel unter den Tisch fallen, kann man wieder mehr machen. Das bedeutet jetzt nicht, dass wieder mehr Stoff reinkommt - ich denke mehr Übungen und ein breiteres Wissen."