Mittwoch, 17. April 2024

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Rüstungsdeal mit Saudi-Arabien
Unterstützung bei der Stabilisierung

Union und SPD streiten über den Verkauf von Leopard-2-Panzern an Saudi-Arabien. Diese Waffen könnten eine stabilisierende Wirkung in einer unruhigen Region haben, sagte der verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Henning Otte, im Deutschlandfunk.

Henning Otte im Gespräch mit Jürgen Liminski | 15.04.2014
    Ein Demonstrant trägt ein Schild in Form eines Panzers aus Holz mit der Aufschrift "Legt den Leo an die Kette"
    Demonstration gegen deutsche Rüstungsexporte im Februar in Berlin (dpa / Daniel Naupold)
    Jürgen Liminski: Herr Otte, warum ist die Union, warum sind Sie für die Lieferung von Panzern an einen Staat, der offiziell im Krieg mit Israel steht?
    Henning Otte: Jede Anfrage muss vom Bundessicherheitsrat bewertet werden. Das ist grundsätzlich nicht Entscheidung der Parlamentarier. Und über jede Anfrage wird ein genaues Lagebild erstellt. Im Fall Saudi-Arabien geht es darum, dass dieses Land zwar noch keinen Friedensvertrag mit Israel hat, aber durchaus es Signale gibt aus Israel, diese Anfrage positiv bescheiden zu lassen, um Stabilität in dieser Region zu erreichen.
    Jürgen Liminski: Aber Saudi-Arabien ist ja ein Regime, in dem Menschenrechte nach unseren Vorstellungen wenig geachtet werden, ist auf jeden Fall keine Demokratie.
    Otte: Das ist keine Demokratie. Dort haben Sie recht. Wo gibt es eine solche Demokratie, wie wir sie in Deutschland haben? Ich verweise mal auf das Land Afghanistan. Dort gibt es auch keine Demokratie nach unserem Sinne. Aber wir versuchen, dort eine Armee aufzustellen, die das Land von innen heraus stabilisieren kann und nach außen die Grenzen festhalten kann, damit das Land letztendlich zur Ruhe kommt und für die gesamte Region einen stabilisierenden Auftrag erfüllen kann.
    Liminski: Was gibt Ihnen denn die Sicherheit, Herr Otte, dass mit den Panzern in Saudi-Arabien nicht Demonstranten niedergewalzt werden?
    Otte: Grundsätzlich dient ein Panzer dazu, Landesverteidigung zu üben. Ich kann Ihnen nicht die Sicherheit dafür geben, dass man ein solches Gerät auch im Inland einsetzt. Aber wie gesagt: Jede Anfrage muss mit einer genauen neuen Lagebeurteilung verbunden werden. Und es geht auch darum, mit einem solchen Waffengerät auch deutlich zu machen, dass ein Land nicht verwundbar sein kann. Im übrigen hoffen wir ja, dass alle Waffen dazu dienen, eine abschreckende Wirkung zu haben, eine stabilisierende Wirkung, in der Hoffnung, dass sie nicht eingesetzt werden.
    Liminski: Wenn ich Sie recht verstehe, dann wird für jeden Fall eine Lagebeurteilung erforderlich. Das heißt, Sie sind nicht grundsätzlich für Lieferungen an Saudis ohne Einschränkungen?
    Otte: Ich bin dafür, dass wir solche Anfragen genau prüfen, objektiv prüfen, nach den Kriterien, die uns festlegen. Wir haben seit dem Jahr 2000 in Deutschland sehr strenge politische Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, aufgestellt damals von der rot-grünen Bundesregierung. In diesem Rahmen bewegen wir uns, und dieser Rahmen gibt uns die Linie vor.
    Liminski: Bei der Entwicklungshilfe sind wir dabei, Kriterien auszuarbeiten. Das Entwicklungsministerium nennt sich zum Beispiel jetzt schon Friedensministerium. Unterlaufen wir mit Rüstungsexporten nicht all diese Bemühungen?
    Otte: Ich denke, dass wir diese Bemühungen nicht unterlaufen, weil wir in Deutschland einen klaren Grundsatz des vernetzten Zusammenhaltes haben, des vernetzten Ansatzes zwischen Diplomatie, Entwicklungshilfe und auch militärischer Unterstützung oder Stabilisierung. Es geht gerade darum, dass wir Ländern auf dem Weg beistehen, das Gewaltmonopol wieder an sich ziehen zu können, deutlich zu machen, wir wollen staatliche Strukturen, und hier kann militärische Unterstützung wie zum Beispiel in Mali einen ganz wesentlichen Beitrag oder gar eine Voraussetzung sein, um Entwicklungszusammenarbeit ermöglichen zu lassen.
    Liminski: Zum möglichen Streit noch mal in der Koalition um dieses Saudi-Geschäft. Wer hat denn da das letzte Wort?
    Otte: Das letzte Wort hat der Bundessicherheitsrat. Das ist ein Exekutivorgan der Regierung. Ansonsten gilt unser Koalitionsvertrag. Hier haben wir klare Regelungen mit der SPD gefunden. Nochmals: Unser Rahmen ist die Regelung, die 2000 von Rot-Grün aufgestellt worden ist, und wir wollen jetzt - das haben wir deutlich gemacht - das Parlament stärker unterrichten, indem der Rüstungsexportbericht mindestens zweimal jährlich der Öffentlichkeit vorgestellt wird, und ich glaube, das ist ein gutes Zeichen.
    Liminski: Und dieses Panzergeschäft mit den Saudis bewegt sich im Rahmen der 2000 aufgestellten Kriterien?
    Otte: Hier gilt noch mal: Es gibt ja klare Richtlinien, klare Rahmen. Das muss der Bundessicherheitsrat entscheiden, nicht das Parlament, und dabei sollte es auch bleiben.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.