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Rüstungspolitik
Verteidigungsministerium in Erklärungsnöten

Zwei jetzt an die Öffentlichkeit gelangte interne Berichte zur Ausrüstung der Bundeswehr sorgen für neuen Wirbel. So soll das Standardgewehr G36 nicht genau genug treffen. Die Beschaffung wurde daher ausgesetzt. Zudem soll es Pläne zur Anschaffung von Kampfdrohnen geben.

28.06.2014
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen spricht mit Bundeswehrsoldaten des Einsatzkontingents in Dakar im Senegal.
    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen beim Truppenbesuch. (dpa / picture alliance / Peter Steffen)
    Das Standardgewehr der Bundeswehr, das Sturmgewehr G36, soll nur ungenau treffen, sobald das Gewehr heiß geschossen oder starker Hitze ausgesetzt sei, wie es zum Beispiel beim Einsatz in Afghanistan häufiger vorkommt. Das geht aus einem Bericht des Bundesrechnungshofs hervor, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" zitiert.
    Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" kritisierte der Bundesrechnungshof das Bundesverteidigungsministerium wegen seines Umgangs mit dem Sturmgewehr. Prüfer hätten dem Ministerium vorgeworfen, auf die "anhaltende Kritik" nicht im "gebotenen Maß" eingegangen zu sein. "Es vertritt weiterhin die uneingeschränkte Tauglichkeit und Zuverlässigkeit des Gewehrs G36, ohne alle bisherigen Untersuchungen in der Gesamtheit zu würdigen", zitiert die Zeitung aus einem als vertraulich Bericht eingestuften Bericht der Prüfer.
    Aufklärung wird nun angeschoben
    Das von Heckler & Koch hergestellte Gewehr steht schon länger in der Kritik. Die Bundeswehr hatte die Probleme bislang auf die Verwendung schlechter Munition zurückgeführt. Der Bundesrechnungshof warnte laut dem "SZ"-Bericht nun, die Probleme könnten "dazu führen, dass sich Soldatinnen und Soldaten im Einsatz nicht auf ihre Waffe verlassen können."
    Die meisten der in dem Bericht enthaltenen Vorwürfe sollen in die Amtszeit von Thomas de Maizière fallen, dem Vorgänger und CDU-Parteifreund der jetzigen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Auch die habe aber keinen Untersuchungsauftrag erteilt, um Zweifel an der Waffe auszuräumen, so die Kritik.
    Das Ministerium stimmte inzwischen weiteren Untersuchungen zu. Die Beschaffung neuer G36 wurde kürzlich ausgesetzt.
    Ministerium widerspricht "Bild"-Bericht über Drohnenanschaffung
    Nach Informationen der "Bild"-Zeitung plant das Ministerium zudem, die Bundeswehr mit bewaffneten Drohnen auszurüsten. Das Blatt beruft sich in seinem Bericht auf ein internes Papier des Verteidigungsministeriums. Darin heißt es demnach, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn spreche "eher für die Einführung bewaffneter Drohnen". Diese seien zum Schutz der Soldaten im Auslandseinsatz unverzichtbar. Auch in Gebieten, in denen die Bundeswehr bisher nicht operiert, sei ein Einsatz bewaffneter Drohnen "ausnahmsweise denkbar, wenn das einschlägige Völkerrecht zum Einsatz von Gewalt ermächtigt", zitiert "Bild" aus dem Papier.
    Ein Sprecher der Verteidigungsministerin betonte jedoch, eine Entscheidung über die Anschaffung von Drohnen sei noch nicht gefallen. Zunächst werde es am Montag eine Expertenanhörung im Verteidigungsausschuss des Bundestags geben. Erst danach werde von der Leyen ihre Position festlegen und diese am Mittwoch oder Donnerstag im Bundestag bekanntgeben, sagte der Sprecher.
    Grünen-Politiker Lindner: Entscheidung längst gefallen
    Der Haushalts- und Verteidigungsexperte der Grünen, Tobias Lindner, äußerte dagegen die Vermutung, von der Leyen habe sich längst für die Anschaffung der Drohnen entschieden. Seit Monaten reisten Bundeswehr-Mitarbeiter zu Drohnenherstellern und bereiteten eine konkrete Beschaffung vor. "Ihr Bekenntnis zu einer öffentlichen Debatte über die Beschaffung von Drohnen verkommt damit zu einer Farce", kritisierte Lindner.
    Bislang setzt die Bundeswehr auf Aufklärungsdrohnen. Das europäische Drohnenprojekt Euro Hawk entwickelte sich aber zu einem Debakel. Das Ministerium hat angekündigt, dieses und weitere zentrale Rüstungsprojekte nun von externen Beratern untersuchen zu lassen.
    (vic/kis)