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Rumänien
Proteste gegen Korruption

In Rumänien haben Tausende von Menschen gegen eine Lockerung des Anti-Korruptionsgesetzes protestiert. Demnach soll Amtsmissbrauch bis zu einem Schaden von 50.000 Euro straffrei bleiben. Profitieren würden zahlreiche Regierungsmitglieder. Staatsoberhaupt Klaus Iohannis versucht das zu verhindern.

Von Stephan Oszváth | 24.01.2017
    Demonstranten bei der Kundgebung in Bukarest.
    Anti-Korruptionsdemonstration am 22.01.2017 in Bukarest (AFP / Daniel Mihailescu)
    "PSD – rote Pest", schimpften Tausende Demonstranten in Bukarest und fast einem Dutzend anderen rumänischen Städten. Es geht gegen die sozialliberale Regierung von Premier Grindeanu. Sogar Staatspräsident Klaus Iohannis mischte sich unter die Demonstranten.
    "Ich bin hier zusammen mit Tausenden Rumänen, um meine Empörung zu äußern", sagte das Staatsoberhaupt einem Fernsehreporter. "Eine Clique von Politikern mit strafrechtlichen Problemen will die Gesetze ändern, um den Rechtsstaat zu schwächen", so Iohannis. Aber das sei nicht akzeptabel, dass Gesetze nur deshalb geändert würden, damit Dutzende, ja Hunderte Politiker, die mit dem Gesetz auf Kriegsfuß stehen, reingewaschen würden und ihre Straftaten fortsetzen könnten. Die Rumänen hätten völlig Recht, wenn sie das empörte, so Iohannis.
    Amtsmissbrauch soll bei einem Schaden unter 50.000 Euro straffrei bleiben
    Per Dekret hatten die Sozialisten und ihr liberaler Koalitionspartner die Anti-Korruptions-Gesetze lockern wollen - an Parlament und Präsident vorbei. So sollte Amtsmissbrauch straflos bleiben, wenn der Schaden unter 50.000 Euro liegt. Die Verordnung wirkt wie maßgeschneidert auf Sozialistenchef Liviu Dragnea. Weil er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war und weil Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen ihn laufen, hatte ihn Staatspräsident Iohannis als Premier abgelehnt. Vor der Wahl im Dezember hatte Dragnea noch im ARD-Interview gesagt:
    "Wir unterstützen die Justiz. Wir wollen die Stabilität Rumäniens. Es geht nicht um mein Schicksal, sondern das des Landes."
    Betroffen von der de facto-Amnestie wären 2.500 Kriminelle, darunter zahlreiche Politiker der Regierungsparteien, auch gegen Ex-Premier Ponta laufen Korruptionsverfahren. Die PSD hatte stets versucht, die eigenen Parteifreunde vor Strafverfolgung zu schützen und stattdessen die Justiz angegriffen.
    Die Anti-Korruptionsbehörde DNA wird Euch holen, skandierten die Demonstranten in der Innenstadt von Bukarest. Die Justiz ist beliebt bei den Rumänen, und wird auch von Brüssel sehr gelobt. Denn sie mistet aus. Seit 2013 sind pro Jahr gut 1000 Politiker und Spitzenbeamte wegen Korruptionsvorwürfen vor Gericht gelandet. Viele wurden auch verurteilt. Die Demonstranten wollen nicht, dass die Uhren zurück gedreht werden.
    "Wir sind gegen die Begnadigungsdekrete, sagt dieser Mann. Jene, die korrupt sind, gestohlen haben und deren Schuld erwiesen ist, gehören ins Gefängnis. Das ist meine Überzeugung."
    Und diese Frau, die mit ihren beiden Kindern zum Protestieren gekommen ist, findet:
    "Die Gesetze gelten für alle. Wir bezahlen Steuern und Abgaben, niemand gewährt uns einen Nachlass. Aber es gibt Politiker, die ihr Leben lang Steuern hinterzogen, die gestohlen und unser Land ruiniert haben. Unsere Großeltern und Eltern müssen dagegen von Elendsrenten leben. Und diese Diebe wollen jetzt begnadigt werden?"
    Demonstranten fordern Rücktritt der Regierung
    Auf seiner Facebook-Seite schoss Liviu Dragnea scharf gegen den Präsidenten. Iohannis wolle einer demokratisch legitimierten Regierung Handschellen anlegen. Iohannis hatte die Dekrete vorerst verhindert. Der Präsident plane einen Staatsstreich, polterte der Sozialistenchef. Die Demonstranten im ganzen Land sahen das anders: Sie forderten den Rücktritt der Regierung, die erst seit drei Wochen im Amt ist.
    Regierungskritische Medien in Rumänien spekulieren, dass Dragnea nun ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten plant. Klaus Iohannis, der ehemalige Bürgermeister von Hermannstadt hatte bei seinem Amtsantritt 2014 erklärt, er wolle Rumänien von der Korruption befreien. Die Demonstranten warnten auf Transparenten: "Wir haben Euch im Auge" und an Dragnea gerichtet: Dragnea, Rumänien gehört Dir nicht.
    Man müsse nun ebenfalls auf die Straße gehen, hieß es bei den Sozialisten.