Dienstag, 19. März 2024

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Rumänisches Eishotel
Im Kalten kuscheln

Zwölf Zimmer, ein Speisesaal, die Bar und selbst die Tische: In Rumänien gibt es ein Hotel, in dem wirklich alles aus Eis besteht. Ein Besuch im zentralrumänischen Fogerasch-Gebirge lohnt sich aber auch aufgrund der beeindruckenden Landschaft.

Von Thomas Wagner | 01.03.2015
    Der Eingang des Eishotels mit Blick auf zwei Eisfiguren (die Pagen).
    Im Foyer erwarten die Gäste zwei eisige Hotelpagen. (Deutschlandradio - Thomas Wagner )
    Hier wird mal Deutsch, mal Rumänisch gesprochen: Ein steinernes Gebäude, aus der zwei dicke Drahtseile steil nach oben führen, hinein in jene schroffen, hohen und durchgängig schneebedeckten Felswände des zentralrumänischen Fogerasch-Gebriges, gut eine Autostunde von der siebenbürgischen Stadt Sibiu oder zu Deutsch Hermannstadt entfernt.
    Unterwegs mit Regina und Günther Klingeis, zwei Rumäniendeutsche, die die Seilbahn betreiben. Und die führt zu einem außergewöhnlichen Ziel.
    "Wir fahren jetzt zum Balea-See. Das ist auf 2034 Metern Höhe. Und dann werden wir das Eishotel antreffen, das Eishotel. Das ist alles aus Eis und Schnee gebaut. Das ist mit Zimmer, mit einem Speisesaal, mit einer Bar. Das sind zwölf Zimmer, zehn Tische, alles aus Eis."
    Schon die Bergfahrt mit der Seilbahngondel ist ein Erlebnis an sich.
    "Jetzt fahren wir oberhalb vom Wasserfall."
    15 Minuten dauert die Fahrt; die Tür der Gondel öffnet sich - und plötzlich wird es ziemlich frostig.
    "So, jetzt sind wir an der oberen Station, Balea-See. Bei 2034 Metern. Da können wir genau schauen, wie kalt es ist. Minus elf Grad, minus elf Grad sind's hier oben."
    Ein ausgehöhlter Riesen-Schneehaufen
    Man tut gut daran, kleine, vorsichtige Schritte zu machen: Wer die Bergstation verlässt, findet sich unmittelbar auf einer spiegelglatten Eisfläche wieder – der Balea-See, der im Winter komplett zugefroren ist. Günther Klingeis zeigt mit dem Finger nach rechts, auf ein Gebilde, das so aussieht wie ein Riesen-Schneehaufen:
    "Da unten, in diesem Schnee, befindet sich das Eishotel am Balea-See. Das ganze Eis wird herausgeschnitten mit der Motorsäge zum See."
    Auch eine Kapelle hat das Eishotel zu bieten.
    Auch eine Kapelle hat das Eishotel zu bieten. (Deutschlandradio - Thomas Wagner )
    So unförmig das Schnee-und-Eis-Gebäude von außen aussehen mag – innen sieht das Ganze tatsächlich wie ein kleines Hotel aus. Im Foyer: Zwei stumme Hotelpagen, nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Eis. Dahinter: Ein riesiger Torbogen, mit allerlei eingearbeiteten Skulpturen. Gebaut: aus Eis.
    "So, jetzt sind wir im Restaurant da: Es wird der Tisch eingedeckt, genau mit Gläsern, Besteck. Die Vorspeise wird sogar auf Eistellern serviert. Und dann der Nachtisch."
    Nur gekocht wird außerhalb: Denn wenn's in der Pfanne so richtig bruzzelt, könnten aus Versehen gleich mal wesentliche Teile des Eishotels wegschmelzen. Lediglich mit Vorhängen abgetrennt vom Speisesaal: Die zwölf Zimmer, benannt nach den zwölf Tierkreiszeichen. "Balanca" steht für Waage, "Rak" für Krebs, "Leu" für Löwe.
    "Im Eishotel haben alle Zimmer ein Thema. Und wir waren jetzt in einem drin, wo ein riesiger Löwe vor einem Bett sitzt und so sehr viel Fell herumliegt auf den einzelnen Bänken und Sesseln. Es schaut sehr gemütlich aus. Und manchmal, am Tag, scheint durchs Eis die Sonne. Das ist halt auch sehr schön."
    "Das schaut ja absolut faszinierend aus"
    Manuela Mandler ist aus Wien an den "Balea Lac" gereist. Die Tourengeherin hat sich das Eishotel sehr genau angesehen, sich dann aber doch für eine Übernachtung in der benachbarten hölzernen und vor allem beheizten Schutzhütte entschieden. Vielleicht hat sie ja auch nur die dicken Isoliermatten und die Felle übersehen, die auf den aus jeweils einem großen Eisblock bestehenden Betten ausgebreitet sind. Ob die kuschelige Wärme garantieren? Luise und Amy Watson, zwei Schwestern aus dem englischen Cambridge, wollen's ausprobieren und über Nacht bleiben:
    "Das schaut ja absolut faszinierend aus, wirklich. Man weiß ja gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll."
    "Jetzt gehen wir rüber. Auf der anderen Seite haben wir wieder die Eiskirche."
    Ein Schneehaufen mit einem Kreuz drauf – so sieht die Eiskirche gleich gegenüber von außen aus. Günther Klingeis geht durch die Öffnung, zeigt auf den Eisblock am anderen Ende mit dem Kreuz darüber: Der Altar.
    "Vor diesem Altar predigen die Pfarrer. Wir haben acht Konfessionen, alle, die an Christus glauben, orthodox, römisch-katholisch, griechisch…waren alle da.
    Es gibt viel zu sehen auf und vor allem rund um Eishotel und Eiskirche am rumänischen "Balea Lac." Dabei war es der Sohn von Regina und Günther Klingeis, der vor zehn Jahren zum ersten Mal auf die Idee gekommen ist, nach entsprechenden Vorbildern in skandinavischen Ländern. Regina und Günther Klingeis wohnten zu jener Zeit in Albstadt in Deutschland, als rumäniendeutsche Aussiedler. Dann plötzlich wurde der Sohn zum Bürgermeister einer siebenbürgischen Gemeinde gewählt – und das Ehepaar kehrte wieder zurück nach Rumänien, nicht nur wegen des Eishotels, sondern auch wegen des starken Heimwehs nach dem Fogerasch Gebirge.
    "Es gibt wirklich Bären hier"
    "Als Kind habe ich mit meinem Vater die ganzen Berge betreten und Kammwanderungen gemacht und so. Und es hat mich hergezogen: Es ist ein wenig anders als in Deutschland: Es ist ein bisschen wilder!"
    Das kann auch Manuela Mandler aus Wien bestätigen.
    "Ja, die Fogerasch sind ja die schroffsten Berge der Karpaten. Die wirken hochalpin, obwohl sie eigentlich nur 2.500 Meter hinaufgehen. Man hat sehr schnell das Gefühl, dass man eigentlich höher oben ist, als es eigentlich der Fall ist. Es ist wirklich alpines Gelände und auch optisch ansprechend. Es gibt ja die Eiswasserfälle, die sehr ansprechend sind. Und gleichzeitig ist man in Rumänien, wo die Preise halt doch sehr entgegenkommend sind. Und es ist eine andere Kultur, was die Sache ebenfalls spannend macht."
    Und wie spannend: Rund ums Eishotel und die Eiskirche auf über 2.000 Metern Höhe gibt es zwar keine Eisbären, aber ... .
    "Da haben wir Bärenspuren von einem Mutterbär und drei Kindern gesehen. Also, es gibt wirklich Bären hier. Und die Nachbarhütte hat deshalb auch Hunde draußen, damit die Bären nicht herkommen und den Müll durchwühlen", so Saul Fergusson, der ebenfalls aus Wien an den "Belea Lac" gereist ist.
    Zurück ins Eishotel: Die Engländerinnen Luis und Amy Watson können sich gar nicht satt sehen an den Eistischen, Eisbetten, Eisskulpturen; die frostigen Temperaturen spüren sie gar nicht mehr. Und sie sind sich einig: Irgendwann kommen sie ein weiteres Mal hier her – zu einem ganz besonderen Anlass.
    "Eine Hochzeit hier feiern – mal nicht im langweiligen, klassischen Stil, sondern hier. Das wär wirklich mal was anderes."
    Aber: Eine Hochzeit mit anschließender möglicherweise heißer Hochzeitsnacht im frostigen Eishotel mitten in Rumänien – ist so etwas überhaupt vorstellbar?