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Russische Notenbank
Zinserhöhungen ohne Wirkung

Die Zentralbank in Moskau hat die Zinsen auf sagenhafte 17 Prozent gehoben um die Kapitalflucht zu stoppen. Das war ein Paukenschlag, mitten in der Nacht – allerdings ohne Wirkung: Der Kurs des Rubel fällt und fällt. Der Wertverlust wird nicht nur in Russland schlimme Folgen haben.

Von Brigitte Scholtes | 16.12.2014
    Passanten am Dienstag in Moskau: Der russische Rubel ist auf ein Rekordtief gefallen.
    Passanten am Dienstag in Moskau: Der russische Rubel ist auf ein Rekordtief gefallen. (AFP PHOTO / KIRILL KUDRYAVTSEV)
    Die Zinserhöhung in Russland hat nichts gebracht: Der Rubel rutschte im Tagesverlauf weiter ab, dieses Jahr hat er schon 50 Prozent gegenüber dem amerikanischen Dollar an Wert verloren – und das trotz heftiger Interventionen der russischen Zentralbank. Grund für den Rubelverfall sind zum einen die Sanktionen des Westens, zum anderen natürlich der sinkende Ölpreis. Der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent rutschte erstmals seit Sommer 2009 unter die Marke von 60 Dollar. Der Außenhandel Russlands ist zu vier Fünfteln von Öl- und Gasexporten abhängig. Regierung und Notenbank wollen die Währung stabilisieren, aber das dürfte schwierig sein, vermutet Antje Praefcke, Devisenexpertin der Commerzbank:
    "Den Verfall zu stoppen läuft in erster Linie über das, was sie schon getan hat, über die konventionellen Mittel, sprich Zinserhöhungen. Devisenmarktinterventionen - die müssten also sehr stark und massiv erfolgen. Die Welt weiß, dass die Devisenreserven nicht unendlich sind, das heißt, da könnte der Markt auch dagegen spekulieren. Ich glaube, konventionelle Maßnahmen werden langsam nicht mehr greifen. Es müssen härtere Maßnahmen ergriffen werden wie beispielsweise Kapitalverkehrskontrollen."
    Mit der jüngsten Erhöhung der Zinsen auf 17 Prozent nimmt die Notenbank eine Rezession bewusst in Kauf. Denn höhere Zinsen machen Kredite teurer. Darunter leiden nicht nur die Verbraucher, sagt Antje Praefcke:
    "Das Risiko besteht, dass insbesondere russische Unternehmen möglicherweise pleitegehen. Wenn Sie sich überlegen, dass russische Unternehmen zum Großteil in Fremdwährung, insbesondere in US-Dollar verschuldet sind und die Dollar sehr teuer kaufen müssen, weil der Dollar ja sehr stark steigt gegenüber dem Rubel, oder andererseits sie so hohe Zinsen bezahlen müssen: Das schnürt ihnen irgendwann als Unternehmen die Kehle zu."
    Finanzmärkte orakeln über Staatspleite Russlands
    Inzwischen sorgen sich die Finanzmärkte auch schon, der Rubelverfall könnte zu einer Staatspleite Russlands führen – so wie 1998, da musste das Land von IWF und Weltbank gestützt werden.
    Noch wäre der russische Staat zwar in der Lage, für Banken und Unternehmen einzuspringen, die bis zum Ende nächsten Jahres Kredite in Höhe von etwa 130 Milliarden Dollar refinanzieren müssen. Der russische Staat ist bisher nur gering verschuldet und hält noch Devisenreserven in Höhe von gut 400 Milliarden Dollar.
    Auch die deutsche Wirtschaft könnte leiden: Zum einen sind deutsche und österreichische Geldhäuser in Russland engagiert, zum anderen auch bestimmte Branchen, vor allem der Maschinen- und Fahrzeugbau. Im Nachrichtensender n-tv warnte Volker Treier, Außenwirtschaftschef des DIHK, des deutschen Industrie- und Handelskammertages:
    "Da haben wir Automobilproduzenten, die jetzt auf Kurzarbeit gehen werden, weil der russische Markt als wichtiger Absatzmarkt ausfällt. Für die gesamte Wirtschaft in Deutschland bedeutet dieses schwache Jahr, dass unsere Exporte nach Russland um 20 Prozent zurückgehen werden."
    Aber man sollte auch den Blick auf das gesamte Ausmaß nicht außer Acht lassen, meint der Freiburger Ökonom Lars Feld, einer der fünf Wirtschaftsweisen:
    "Die Sanktionen, die Russland auferlegt wurden, die können keine allzu großen Auswirkungen haben, weil die Handelsverflechtungen, die wir mit Russland haben, eben nicht besonders stark ist. Nehmen Sie Exporte und Import zusammen dann liegen wir bei drei, dreieinhalb Prozent so in verschiedenen Jahren, der deutschen Exporte überhaupt, das macht nicht viel aus."