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Russland
Putins Fernsehsprechstunde

Fast vier Stunden dauerte sie: Die alljährliche Fernsehsprechstunde Wladimir Putins ist ein Ritual. Mehr als zwei Millionen Fragen waren vorab eingegangen, dazu saßen ausgewählte Gäste im Fernsehstudio. Dieses Mal war das zentrales Thema erwartungsgemäß die Ukraine-Krise.

Von Gesine Dornblüth | 17.04.2014
    Ein Bildschirm zeigt die Fernsehsendung mit Wladimir Putin, davor als Schatten ein Zuschauer
    Russlands Präsident Wladimir Putin bei seiner Fernsehsprechstunde (picture alliance / dpa / Yuri Kochetkov)
    Präsident Putin forderte heute einmal mehr eine Verhandlungslösung in der Ukraine. Vor allem innerhalb des Landes, zwischen Kiew und der russischsprachigen Bevölkerung im Südosten, müsse es einen Dialog geben. Zugleich erhob Putin schwere Vorwürfe gegen die Übergangsregierung:
    "Sie geht mit Panzern und Luftwaffe gegen die Zivilbevölkerung vor. Das ist erneut ein sehr großes Verbrechen der heutigen Machthaber in Kiew. Ich hoffe, man begreift, in was für einen Abgrund sie das Land führen."
    Putin wiederholte die Forderung nach einem Referendum und einer Verfassungsänderung in der Ukraine und deutete an, dass Russland die für den 25. Mai angesetzten Wahlen nicht anerkennen werde. Erstmals räumte er direkt ein, dass auf der Krim russische Soldaten den Selbstschutzkräften den Rücken gestärkt haben. Er bestritt aber, dass russische Truppen jetzt auch in der Ostukraine tätig seien:
    "Das ist Unsinn. Es gibt keinerlei russische Einheiten im Osten der Ukraine. Keine Sondereinheiten, keine Instrukteure. Das sind alles lokale Bewohner."
    Putin sprach erneut davon, Gas in die Ukraine künftig nur noch gegen Vorkasse zu liefern.
    "Wir können das schon heute tun. Aber wir warten noch einen Monat ab."
    Dankesrufe für Putin
    Viele Menschen im Studio und im Land stellten den Fragen ihren Dank für die Heimholung der Krim vorweg. Die Menge, die in Sevastopol zugeschaltet war, stimmte gar Dankesrufe an. Im Studio saßen zwischen hochgestellten Politikern, Experten, Sportlern, Militärs auch einige Oppositionspolitiker. Irina Prochorowa hat einen Friedensmarsch in Moskau mitorganisiert und wird seither im Internet als "Verräterin" diffamiert. Sie warnte vor Spaltung der Gesellschaft:
    "Es beginnt eine Jagd auf Kulturschaffende, die eine andere Meinung haben. Dass Menschen, die andere Positionen vertreten, sich nicht mehr Patrioten nennen dürfen, ist äußerst ungerecht."
    Daraufhin Putin: Intellektuelle müssten sich daran gewöhnen, dass ihre Meinungen auf Gegenwehr stoßen. Das war dann auch kurz darauf zu erleben. Ein Studiogast lobte den nie dagewesenen Patriotismus in Russland:
    "Aber wir sehen, wie verschiedene liberale Nagetierchen versuchen, mit ihren Nagezähnchen die Stützen unseres Nationalstolzes anzuknabbern. Wladimir Wladimirowitsch, der Staat hat jetzt eine große Aufgabe, unsere Siege zu verteidigen."
    Auftritt von Edward Snowden
    Putin dankte dem Redner für dessen prinzipielle Haltung, kritisierte aber das Vokabular. Ein Höhepunkt war der Auftritt des Whistleblowers Edward Snowden, der zur Zeit in Russland Asyl genießt. Per Videobotschaft fragte er den russischen Präsidenten, ob auch in Russland die Bürger massenhaft abgehört würden. Darauf Putin:
    "Lieber Herr Snowden, Sie sind eine ehemaliger Agent, ich hatte da früher auch Verbindungen... Lassen Sie uns unter Profis reden. Bei uns hat das keinen massenhaften Charakter. Das verbietet das Gesetz, und wir werden das niemals erlauben. Wir haben auch weder die technischen Möglichkeiten noch die Gelder wie die USA. Vor allem aber sind unsere Geheimdienste Gott sei Dank streng von Staat und Gesellschaft kontrolliert."