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Russland-Sanktionen
Österreichs Wirtschaft fürchtet Nachteile

Die Beziehungen zwischen Russland und Österreich sind besonders: Bei den Olympischen Winterspielen saß Wladimir Putin in der österreichischen Skihütte. Mögliche EU-Sanktionen gegen Russland akzeptiert Österreich, aber die österreichische Wirtschaft ist dagegen.

Von Karla Engelhard | 15.04.2014
    Die Flagge von Österreich
    Die Flagge von Österreich (picture alliance / Peter Kneffel)
    Bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi vor wenigen Monaten besuchte der russische Präsident Wladimir Putin die österreichische Hütte "Tirol" als erste und fühlte sich wohl unter den Österreichern:
    "Ich bin froh, dass alles gut läuft und ich hoffe, dass es weiter so wird. Ich wünsche Ihnen alles, alles Gute."
    Wochen später läuft nichts mehr gut. Die Europäische Union denkt über Sanktionen gegen Russland nach. EU-Mitglied Österreich unterstützt das, politisch, sperrt Konten und verbietet 33 kremlnahen Russen die Einreise. Die österreichische Wirtschaft lehnt Sanktionen jedoch ab. Heinz Walter, verantwortlich für das Russlandgeschäft bei der Wirtschaftskammer in Wien erklärt, warum:
    "Weil wir zuerst einmal die Interessen der österreichischen Wirtschaft vertreten müssen und auch, weil wir glauben, dass Wirtschaftssanktionen kontraproduktiv sein würden, weil mit Gegenmaßnahmen Russlands zu rechnen wäre. Und wir haben in Russland sehr viel investiert - für ein kleines Land liegen wir immerhin an der 12. Stelle aus russischer Sicht, bei den Auslandsinvestitionen."
    Mehr als 8,5 Milliarden hat die kleine Alpenrepublik ins Riesenreich investiert. Von den drei größten ausländischen Banken in Russland sind zwei aus Österreich.
    Zirka 1.200 mittelständische Firmen sind im Russlandsgeschäft aktiv, die Hälfte davon haben eigene Niederlassungen im russischen Raum. Maschinen, Anlagen, Papier, Pappe und pharmazeutische Produkte - Made in Austria – lieferten die Österreicher und bekommen russisches Erdöl und Erdgas. Österreich ist bis zu 60 Prozent von russischer Energie abhängig. Heinz Walter von der Wiener Wirtschaftskammer:
    "Natürlich werden wir bei Sanktionen im Bereich Maschinen und Anlagen besonders hart getroffen, wenn wir die jetzt nicht mehr liefern könnten. In der Gegenrichtung ist es bekannt, das Österreich vom Ausbleiben von Erdöl und Erdgas stärker betroffen wäre, als viele andere europäische Länder. Allerdings hat Österreich aufgrund des zweimaligen Lieferstopps der Ukraine ein Lager aufgebaut. Wir würden sicher bis zum Herbst mit den Erdgasreserven durchkommen."
    Gut, dass der Winter fast vorbei ist, denn russische Touristen stopfen seit Jahren das sogenannte Jännerloch, die Flaute im Tourismusgeschäft nach den Feiertagen. Weil die in Russland später gefeiert werden, reisen Russen vorzugsweise im Januar nach Österreich, vor allem zum Skilaufen. Im Durchschnitt geben sie dann 400 Euro am Tag aus, mehr als EU-Touristen. Auch Villen, Hotels und Luxuswohnungen stehen auf russischen Einkaufslisten, aber auch gut gehende Gasthäuser werben auf Russisch.
    "Wir sind mentalitätsmäßig den Russen ziemlich nahe. Die Wirtschaft schaut jetzt nicht so sehr, was jetzt gerade die Politiker unternehmen, sondern sie schauen, dass sie ihre Beziehungen zu ihrem Geschäftspartner ausbauen. Und das zählt."
    Laut aktueller Umfrage des österreichischen Nachrichtenmagazins "Profil" sind 53 Prozent der Österreicher gegen schärfere Sanktionen gegenüber Russland. Jedoch nicht aus großer Sympathie, sondern eher aus Angst vor eigenen Nachteilen.