Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

RWTH Aachen
Armin Laschet und die verschwundenen Klausuren

Aus einer Lehrveranstaltung an der RWTH Aachen des CDU-Politikers Armin Laschet waren Klausuren auf dem Postweg verschwunden. Danach hatte er die Noten anhand von Notizen rekonstruiert. Der Fall schlug Wellen und der Politiker gab die Lehrtätigkeit an der RWTH auf. Nun will die Hochschule aus dem Fall Konsequenzen für den Lehrbetrieb ziehen.

Von Ingo Wagner | 09.06.2015
    Armin Laschet, Bundesvize und NRW-Landeschef der CDU
    Armin Laschet, Bundesvize und NRW-Landeschef der CDU (dpa / Maja Hitij)
    Die Studierendenvertreter vom ASTA der RWTH Aachen haben eine klare Meinung zu den Vorgängen um die verschwundenen Klausuren. Wenn Unterlagen auf dem Postweg verschwinden, sei es die Pflicht des Dozenten, diesen Fehler so schnell wie möglich aufzuklären. Dass Armin Laschet die Noten einfach anhand seiner Notizen doch noch vergeben hat, finden Studentenvertreter wie der ASTA-Vorsitzende Raphael Kiesel auch nicht in Ordnung.
    "Das geht nicht. Ich denke, dass ist auch den Meisten bewusst. Man kann jetzt nicht einfach sagen, okay ich habe jetzt hier meine Notizen, dann muss die Klausur auch so und so gelaufen sein."
    Für den CDU-Landeschef Armin Laschet war die Sache mehr als peinlich. Erst wollte er sich am liebsten gar nicht zu den Vorgängen äußern. Dann stellte er sich aber doch der Presse und versuchte, vor allem die umstrittene Rekonstruktion der Klausurergebnisse anhand seiner Notizen zu rechtfertigen. Alles sei in Absprache mit der Hochschule geschehen.
    "Der Studiengang entscheidet, wie man so etwas macht. Und der Studiengang hat gesagt: Das liegt jetzt schon ein halbes Jahr zurück. Die ist sehr gut ausgefallen und die Studierenden hätten dann aus der Distanz und nicht aus dem Erlebnis des Seminars, diese Klausur geschrieben. Und dann habe ich gesagt, ich biete an, ich habe mir Notizen gemacht; wir machen aus diesen Notizen eine Rekonstruktion. Und dann hat die Universität gesagt, gut, dann wählen wir dieses Verfahren und so ist es dann gemacht worden."
    Im Gegensatz zu Armin Laschet hält die SPD in Nordrhein-Westfalen, dieses Verfahren aber für ganz und gar nicht korrekt. Der Düsseldorfer SPD-Fraktionschef Norbert Römer:
    "Wenn ein Lehrer sich so verhalten würde, würde disziplinarrechtlich gegen ihn vorgegangen werden müssen. Wenn jemand wie er hier antreten will, um Ministerpräsident zu werden, dann muss er dafür sorgen, dass kein Zweifel an seiner persönlichen Zuverlässigkeit, an seiner Seriosität bleiben."
    Armin Laschet zog jedenfalls die Konsequenz aus den Vorgängen um die Vergabe der Noten in seinem Studiengang: Er gab seine Lehrtätigkeit an der Hochschule auf.
    Konsequenzen aus dem Fall Laschet
    Und die RWTH selbst? Muss sie sich jetzt Sorgen um ihr Image machen? Der Kanzler der Elite-Hochschule, Manfred Nettekoven klingt jedenfalls ziemlich gelassen, wenn er vor dem Mikrofon des Journalisten danach gefragt wird.
    "Ich hoffe nicht, ich kenne jetzt auch so ein bisschen, wie das mit den Mediengewittern ist. Es ist so ein bisschen wie bei den meteorologischen Gewittern - irgendwann scheint dann auch wieder die Sonne, und die Luft ist hinterher sogar besser nachher."
    Aber über ernsthafte Konsequenzen aus diesem Fall wird an der Hochschule schon nachgedacht. Dass Klausuren auf dem Postweg verschwinden und dann Noten rekonstruiert werden, soll möglichst nicht wieder vorkommen. In der Hochschulleitung wird über ein neues Sicherungssystem nachgedacht.
    "Das wäre die elektronische Sicherung der Klausuren, wir haben ganz vernünftige Back-up-Systeme, das kann man auch für den Bewertungsvorgang vorsehen. Dann sind wir nicht auf irgendwelche Postläufe angewiesen, das hielte ich für vernünftig."
    "Wir wollen, dass das ein Einzelfall bleibt"
    Die Studierendenvertreter sind eher daran interessiert, dass Lehrbeauftragte von außerhalb der Uni jetzt nicht abgeschreckt werden, an der Hochschule zu lehren. Denn die Studierenden schätzen deren Vorlesungen, sagt der ASTA-Vorsitzende Raphael Kiesel.
    "Wir wollen, dass das ein Einzelfall bleibt. Und wir wollen auch keine Gastdozenten abschrecken. Also, wir hoffen einfach, dass dadurch dieses ganze Konstrukt nicht einfach kaputt geht. Weil uns ist das sehr, sehr wichtig, dass eben weiter solche hochqualitativen Vorlesungen aus der Industrie oder aus der Politik angeboten werden. Denn das ist für die Studenten ein erheblicher Mehrwert, wenn jemand wirklich aus dem Leben berichtet."
    Das schätzt man nicht nur an der RWTH Aachen, sondern auch an vielen anderen Unis in Deutschland. Studenten kommen gern zu diesen Vorlesungen und die Hochschulen schmücken sich gern mit den prominenten Namen. Die Liste der Promis, die eine Lehrtätigkeit an einer Hochschule wahrnehmen oder wahrgenommen haben, ist lang: Margot Käßmann, Peer Steinbrück oder Götz Alsmann, um nur einige zu nennen. Auch der Unternehmensberater Roland Berger gehört zu diesem illustren Kreis.
    Lehrbeauftragte von außerhalb der Hochschule sind gefragt. Auch wenn man an der RWTH Aachen Wert darauf legt, dass diese nicht unbedingt prominent sein müssen. In einem sind sich Studentenvertreter und Hochschule in Aachen jedenfalls völlig einig: Sie hoffen, dass sich Vertreter aus Politik oder Wirtschaft von dem Fall Laschet nicht abschrecken lassen, eine Lehrtätigkeit an der Hochschule anzunehmen.