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Ryanair ab Frankfurt am Main
Frontalangriff auf die Lufthansa?

Ryanair nimmt Flugbetrieb in Frankfurt am Main auf - zunächst mit vier Verbindungen. Die Iren erhalten einen dreijährigen Rabatt auf die Flughafengebühren. Nicht nur die Lufthansa reagierte verärgert. Auch in der Politik steht man Ryanair kritisch gegenüber - wegen der Arbeitsbedingungen von Piloten und Crews.

Von Ludger Fittkau | 28.03.2017
    David O_Brien (l-r, kaufmännischer Generaldirektor von Ryanair), Stefan Schulte (Vorstandsvorsitzender der Fraport AG) und Kenny Jacobs (Marketing Chef Ryan Air) stehen am 02.11.2016 auf den Flughafen in Frankfurt am Main.
    David O_Brien (l-r, kaufmännischer Generaldirektor von Ryanair), Stefan Schulte (Vorstandsvorsitzender der Fraport AG) und Kenny Jacobs (Marketing Chef Ryan Air) am 02.11.2016 auf den Flughafen in Frankfurt am Main. (dpa / Andreas Arnold)
    "Warm Welcome here in Frankfurt."
    Fraport-Chef Stefan Schulte begrüßt Ryanair am Frankfurter Flughafen. Fraport ist der Betreiber des größten deutschen Airports:
    "Ich freue mich erstens, dass wir Ryanair hier in Frankfurt am Standort begrüßen können. Wir haben mit Ryanair schon eine sehr langfristige Partnerschaft. Ob sie früher an den Hahn zurückdenken oder ob sie an andere internationale Flughäfen denken. Zum Beispiel in Griechenland, die wir jetzt demnächst übernehmen werden. Und ich freue mich deswegen, weil Ryanair eine der großen und führenden Fluggesellschaften in Europa ist."
    Ryan Air muss nur die Hälfte der Gebühren bezahlen
    Doch mit den offenen Armen, mit denen er Ryanair nun auch in Frankfurt am Main empfängt, verärgert Fraport-Chef Stefan Schulte andere große Fluggesellschaften, vor allem Lufthansa und Condor. Deshalb, weil er Ryanair und auch anderen neuen Billigflug-Linien am Frankfurter Flughafen - wie demnächst auch Wizz Air - drei Jahre lang einen großzügigen Rabatt auf die Flughafengebühren bietet, den die schon lange in Frankfurt am Main beheimateten Fluglinien nicht bekommen. Condor-Chef Ralf Teckentrup hat ausgerechnet, dass er von rund 90 Euro, die ein Ticket nach Mallorca kostet, 30 Euro Gebühren an Fraport zu entrichten habe. Ryan Air aber müsse nur 15 Euro zahlen.
    "Eine sehr interessante Zeit für Ryanair"
    Ryanair bietet nicht nur ab heute vier Verbindungen von Frankfurt am Main aus an. Die Iren planen überdies, zum Winter das Angebot auf 24 Verbindungen auszuweiten, nicht nur in Urlaubsorte, sondern auch in Metropolen. Für Ryanair ist Frankfurt am Main die neunte Basis in Deutschland, und das nicht ohne Grund, erklärt Ryanair-Manager Kenny Jacobs:
    "Es ist eine sehr interessante Zeit für Ryanair besonders in Deutschland und jetzt heute in Frankfurt. Deutschland steht für uns im Fokus. Wir wachsen sehr stark. In den letzten zwei Jahren in Deutschland ist Ryanair zweimal größer geworden und in den nächsten Jahren hoffen wir, 16 Millionen Passagiere von und nach Deutschland zu befördern."
    Lufthansa fordert Solidarität vom Flughafenbetreiber Fraport
    Vor allem Lufthansa fühlt sich von diesen Ankündigungen provoziert und fordert vom Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport Solidarität ein. Bisher war Frankfurt am Main mit rund 3.000 Flügen pro Woche "das Herz der Lufthansa", betonen Konzernvertreter. Doch in der vergangenen Woche veranstaltete die Linie mit dem Kranich ihre Bilanz-Pressekonferenz in München. Dies kann auch als eine deutliche Warnung an Fraport verstanden werden, es mit den offenen Armen für Ryanair nicht zu übertreiben. Noch arbeiten am Frankfurter Flughafen rund 37.000 Lufthansa-Mitarbeiter. Doch das muss langfristig nicht so bleiben, wenn Fraport die alten Partner zu sehr vor den Kopf stößt.
    Politik steht Ryanair kritisch gegenüber
    Auch in der Politik steht man Ryanair kritisch gegenüber. Wegen der Arbeitsbedingungen der Piloten und Crews. Diese waren unlängst auch Thema einer Plenardebatte im hessischen Landtag. Auch deshalb, weil das Land Hessen der Hauptanteilseigner am Frankfurter Flughafen ist. Marinus Weiß, verkehrspolitischer Sprecher der SPD im hessischen Landtag:
    "Ryanair hat nicht nur keine Tarifbindung, sondern verweigert diese auch noch sehr aktiv. Da werden Leute schlicht rausgeschmissen, die sich bezüglich verbesserter Arbeitnehmerrechte engagieren. Ryanair stellt zu Arbeitsmodellen ein, bei denen Beschäftigte nur Lohn garantiert bekommen, wenn sie tatsächlich fliegen. Wenn Mitarbeiter krank sind, dann gilt irisches Recht. Und für sogenannte 'Non-Residents' wie die zukünftigen Beschäftigten gibt es im Krankheitsfall lediglich 300 Euro Grundsicherung im Monat. Davon sollen sie dann in der Rhein-Main-Region leben."
    Ermittlungen wegen Scheinselbstständigkeit bei Ryanair
    Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt unterdessen gegen drei Leitende und einen ehemaligen Mitarbeiter von Ryanair. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich bei dem von Ryanair genutzten Beschäftigungsmodell für Piloten um eine Scheinselbstständigkeit handelt und damit Steuern und Sozialabgaben hinterzogen wurden. Ryanair betont hingegen, man halte sich deutsche und irische Steuervorschriften. Das Gleiche gelte für Sozialabgaben.