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Sachsen-Anhalt
Diskussion über die Kenia-Lösung

Es ist ein politisches Erdbeben in Sachsen-Anhalt: Mit gleich 24,2 Prozent zieht die AfD in den Magdeburger Landtag ein - auf Kosten auch der SPD. Für die CDU wird es jetzt schwierig, weiterzuregieren – sie müsste dafür wohl ein ungewöhnliches Bündnis schließen.

Von Daniel Heinrich | 14.03.2016
    Pinsel mit den Farben schwarz, rot, grün - passend zu den Parteien CDU, SPD und Grüne.
    Schwarz, rot, grün - diese Koalition ist in Sachsen-Anhalt gerade der Favorit. Vor allem mangels Alternativen. (dpa / Patrick Pleul)
    "Gedrückt" - kaum ein Wort kann die Stimmung im Landtag in Magdeburg wohl besser beschreiben. "Schockstarre" - auf den Gängen das meistgenutzte Wort. Das trifft zumindest auf die Sozialdemokraten zu. Historisch schlecht das Abschneiden der SPD um ihre Spitzenkandidatin Katrin Budde. Das schlechte Abschneiden der Partei rechnen nicht wenige der 51-Jährigen an. Dementsprechend zerknirscht tritt sie im Anschluss der Wahl vor die Presse:
    "Das ist natürlich kein Ergebnis, was wir uns gewünscht hatten oder erhofft hatten und von dem wir auch nicht wirklich ausgegangen sind. Die Verluste sind größer als wir vermutet haben. Es war schon klar, dass sich am Koordinatensystem der Parteien etwas verändern wird. Man hat das in allen drei Landtagen gesehen. Dass sehr viel Protestwählerklientel zu einer neuen Partei gegangen ist, die sehr eindimensional nur über das Thema Flüchtlinge versucht hat, die Proteste abzuholen und das auch damit geschafft hat."
    Gute Werte dank "Hasi"
    Auch der Austritt des mächtigen Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper im vergangenen Herbst war wohl entscheidend für das schlechte Abschneiden der Genossen. So miserabel ist das Ergebnis, dass auch beim Koalitionspartner, den Christdemokraten, die Stimmung in den sprichwörtlichen Keller rauschte.
    Zwar steht der Ministerpräsident Reiner Haseloff weiterhin der stärksten Fraktion vor. Das liegt auch an der persönlichen Beliebtheit von "Hasi" – wie er hier landläufig genannt wird. Bei einer Direktwahl hätten ihn knapp 60 Prozent der Sachsen-Anhalter gewählt. Der Absturz des Koalitionspartners aber - das lässt auch ihn nicht, kann auch ihn nicht kalt lassen.
    Haseloff: "Wir haben ein Wahlergebnis erreicht. Das wir uns so vorgenommen haben. Erstens: mit Abstand stärkste Partei zu werden. Zweitens: Keiner kann eine Regierung an uns vorbei bilden, wenn es darum, geht eine Regierung in der demokratischen Mitte zu wollen, und das wollen wir. Und dass wir das Vertrauen der Bürgerinnnen und Bürger auf uns ziehen konnten, obwohl ansonsten die gesamte politische Landschaft in Deutschland in Bewegung geraten ist, ja in Teilen sogar in eine Unwucht gekommen ist."
    AfD profitiert von Protestwählern
    Der Wahlkampf war überschattet von einem Thema: von der Diskussion um die Flüchtlingspolitik. Ebenfalls landesrelevante Themen wie chronischer Lehrermangel oder der Personalmangel bei der Polizei - sie fanden in der öffentlichen Wahrnehmung kaum statt. Der große Gewinner des Abends: die Alternative für Deutschland. Feierstimmung bei der AfD. Ein Rekordergebnis und das beste Ergebnis einer Partei, die zum ersten Mal in einem Wahlgebiet angetreten ist. Der Spitzenkandidat der Partei, André Poggenburg, gibt sich betont bürgerlich:
    "Wir haben nie und in keiner Weise mit den Ängsten der Bevölkerung gespielt. Wir haben einfach die Tatsachen benannt, die sind einfach beängstigend. Wir sind sehr dankbar dafür, aber wir haben uns ja schon vorgestellt, dass wir wirklich 20 Prozent plus X, also ein Ergebnis in den Zwanzigern, erringen. Und wir sind nicht wirklich überrascht darüber."
    Die Wahlbeteiligung war ungewöhnlich hoch. Vor allem die AfD konnte von den Protestwählern profitieren. Gerade in den Bezirken, in denen die Wahlbeteiligung normalerweise niedrig liegt, räumte die Partei sprichwörtlich ab. Spannend bleibt weiterhin die Frage nach der neuen Regierungskoalition. Hier ist Flaggenkunde von Vorteil. Präferiert wird derzeit die sogenannte Kenia-Lösung: Schwarz-Rot-Grün. Dies wäre ein Novum in der bundesdeutschen Politiklandschaft.