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Sachsen-Anhalt
Tierhaltungsverbot gegen niederländischen Schweinezüchter

Der Landkreis Jerichower Land in Sachsen-Anhalt hat dem Schweinezüchter Adrianus Straathof aus den Niederlanden verboten, Schweine zu halten und zu betreuen. Der Vorwurf: Er soll gegen Haltungsbedingungen verstoßen haben. Allein in Sachsen-Anhalt betreibt er sechs Schweinezuchtbetriebe.

Von Christoph Richter | 11.12.2014
    In Gladau, einem Dorf bei Genthin, sieht man schon von weiten die lang gezogenen blauen Stallgebäude und hoch aufragenden Biogas-Tanks der Schweinezucht Glava GmbH. Ein Betrieb des holländischen Schweinezüchters Straathof, wo er - laut Genehmigung des Landesverwaltungsamtes - 50.000 Schweine hält. Allein am Standort Gladau wurde der Niederländer in den letzten Jahren zu Zwangs- und Bußgeldern in Höhe von 2,1 Millionen Euro rechtskräftig verurteilt, gezahlt hat er nur selten.
    Befreiungsschlag für Mensch und Tier
    Denn Kritik von Tierschützern, sowie amtliche Auflagen störten ihn bisher wenig. Das dürfte nun vorbei sein, vermutet Dorothea Frederking, die agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag in Sachsen-Anhalt. Und nennt das vom Landkreis Jerichower Land erlassene Tierhaltungsverbot gegen Straathof, das bundesweite Wirkung hat, einen langersehnten Befreiungsschlag für Mensch und Tier.
    "Und ich bin froh, dass es jetzt passiert ist. Wir wissen ja schon seit Langem, dass in den Anlagen von Herrn Straathof tierschutzwidrige Verstöße vorkommen."
    Veterinäre des Landkreises Jerichower Land werfen Straathof vor, den Schweinen anhaltend Schmerzen zuzufügen, sie in zu engen Metallkäfigen zu halten, wegen Trinkwassermangels seien Tiere kurz vor dem Verdursten.
    Adrianus Geradus Maria Straathof - wie er sich mit vollen Namen nennt, ein schmächtiger Mittfünfziger mit Oberlippenbart, randloser Brille und lichtem Haar - gehört zu den größten Schweineproduzenten in Deutschland. Nach eigenen Angaben produzierte er hierzulande allein letztes Jahr etwa 1,5 Millionen Ferkel. Noch mal Grünen-Politikerin Dorothea Frederking:
    "Das Tierhaltungs- und Betreuungsverbot richtet sich gegen die Person von Herrn Straathof. Herr Straathof ist alleiniger Gesellschafter, alleiniger Geschäftsführer seiner Firmen. Er wird quasi mit diesem Verbot aus dieser Firma herausgezogen. Das bedeutet tatsächlich ein Berufsverbot."
    Das Urteil hat weitreichende Wirkung, denn es stellt einen gravierenden Eingriff in die grundgesetzlich gesicherte Berufsfreiheit dar.
    Straathofs Anwälte reichen Klage ein
    Gegen das Tierhaltungsverbot haben Straathofs Anwälte umgehend Widerspruch eingelegt und Klage eingereicht. Eine Unternehmenssprecherin teilte mit, dass der Bescheid an zahlreichen Rechtsmängeln leide. Das Verwaltungsgericht Magdeburg habe daher seine sofortige Vollziehbarkeit bis zu einer Entscheidung des Gerichts ausgesetzt. Er sei somit noch nicht rechtskräftig und habe "zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Auswirkungen auf die Straathof-Betriebe". Zugleich wies sie Vorwürfe zurück, wonach Tieren anhaltende Schmerzen zugefügt worden seien. Auch würden ohne tierärztliche Anweisung keine Antibiotika verabreicht.
    Die Meinungen der Landwirte in Sachsen-Anhalt zum Tierhaltungsverbot für den Straathof Konzern sind gespalten, erzählt Christian Apprecht vom Landesbauernverband in Sachsen-Anhalt.
    "Es gibt Bauern die sagen: na endlich. Gibt aber welche, die dem Verbraucher den schwarzen Peter zuschieben. Und sagen, der will ja immer nur billig. Also muss er damit leben, dass solche Zustände auftreten."
    Trotz der bundesweiten Wirkung des Urteils gegen Straathof will das Bundeslandwirtschaftsministerium den Fall nicht kommentieren. Es sei eine Entscheidung der Behörden vor Ort, so Pressesprecher Christian Fronczak gegenüber dem Deutschlandfunk. Ob der aktuelle Fall eine ganze Branche in Verruf bringe, ob das Urteil eine Zäsur in der Schweinehaltung bedeute, auch dazu wolle man nichts sagen. Grünen-Politikerin Dorothea Frederking fordert dagegen:
    "Auch auf Bundesebene muss sich Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt, dafür engagieren, Tierschutz wirklich durchzusetzen. Er fordert freiwillige Selbstverpflichtung, dass ist aus unserer Sicht absolut nicht ausreichend."
    Jetzt muss das Landesverwaltungsamt in Magdeburg über den Widerspruch Straathofs gegen das Tierhaltungsverbot entscheiden. Wie zu hören ist, wolle man dort den Widerspruch zurückweisen. Letzte Instanz wird das Oberverwaltungsgericht in Naumburg sein, doch bis es zu einer endgültigen Entscheidung kommt, kann es lange dauern. Bis dahin - das ist ein offenes Geheimnis - wird Straathof seine Betriebe - um ihr Überleben zu retten - längst anderen Familienmitgliedern überschrieben haben.