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Sachsen
Rechtsextremismus schadet der Wirtschaft

Chiphersteller mit Mitarbeitern aus über 50 Ländern forschen, entwickeln und produzieren in Sachsen. Doch wie lange werden sie und ihre Familien sich hier noch wohlfühlen? Pegida und ihre Anhänger drohen nicht nur die die besten internationalen Köpfe abzuschrecken. Auch die Landeshauptstadt Dresden hat als Reiseziel im letzten Jahr an Attraktion verloren.

Von Bastian Brandau | 23.02.2016
    Pegida-Demonstranten haben sich am 19.10.2015 in Dresden (Sachsen) versammelt.
    Pegida-Anhänger am 19. Oktober 2015 in Dresden (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Im Dresdner Umland haben sich nach der Wende mehrere Chiphersteller angesiedelt. 50.000 Menschen sind in der Branche in Forschung, Entwicklung und Produktion angestellt. 3.600 arbeiten bei Globalfoundries im Dresdner Norden – sie kommen aus über 50 Ländern. Die Branche ist international, bei Globalfoundries sieht man sich im Rennen um die besten Ingenieure und Wissenschaftler inzwischen benachteiligt. Durch den Standort Sachsen. Sprecher Jens Drews:
    „Was wir aber feststellen ist, dass sich die Mitarbeiter vielfach Gedanken machen, ob die Familien hier gut aufgehoben sind. So ein Mitarbeiter, der zu uns kommt, 8 bis 10 Stunden arbeitet, der dürfte hier okay sein, zumal in einem internationalen Umfeld. Aber der eigentliche Lackmustest ist dann, was geschieht mit der Familie, die in der Stadt lebt, im Umland lebt, kann die sich hier wohlfühlen? Und das sind dann auch Fragen, wo wir erleben, dass man sich gegen Dresden entscheidet.“
    Ein schlimmes Signal für die Region, die im Osten zu den Leuchttürmen gehört. In Sachsen ist die Wirtschaft zuletzt um 1,9 Prozent gewachsen. Mehr als im Bundesschnitt.
    Zahl der Übernachtungen um fünf Prozent gesunken
    Schon seit einem Jahr aber schaden die Pegida-Aufmärsche in Dresden der lokalen Wirtschaft und dem Tourismus. Bis zu 80 Prozent Umsatzrückgang an Montagen beklagen Gastronomen. Die Übernachtungen von Gästen aus dem Inland sei 2015 um fünf Prozent zurückgegangen, teilte die Dresden Marketing GmbH heute mit. Eine repräsentative Markenanalyse belegt, dass sich Erscheinungen wie Pegida auf das Image der Stadt als Ziel negativ ausgewirkt haben.
    Ähnlich könnten die fremdenfeindliche Übergriffe Auswirkungen auf die Sächsische Wirtschaft haben, sagt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Marcel Fratzscher.
    In Sachsen sollte heute das Kabinett über die Konsequenzen aus den Vorfällen in Bautzen und Clausnitz beraten. Nicht die Politik allein, die gesamte Gesellschaft sei gefordert, sagte Ministerpräsident Tillich auch mit Blick auf die Auswirkungen der rechten Ausschreitungen auf die sächsische Wirtschaft.
    „Wenn das die Konsequenz ist, dass Touristen nicht kommen, dass wirtschaftliche Aktivitäten darunter leiden, dann muss derjenige, der diese Entscheidung getroffen hat, wissen, dass er dann einer Minderheit nachgegeben hat. Und gleichzeitig außer Blick gelassen hat, dass es eine übergroße Mehrheit der Sachsen gibt, die auf den Grundfesten der Demokratie ihr Land gestalten, die sich einsetzen für dieses Land.“
    Hetzer und Pöbler sind Minderheit
    Immer wieder miteinander reden, das sei auch die Devise beim Chiphersteller Globalfoundries, um Menschen vom Standort Dresden zu überzeugen. Denn natürlich sind Hetzer und Pöbler eine Minderheit.
    „Was gefährdet ist, ist das Interesse, sich auf Sachsen einzulassen und auszuprobieren, was Sachsen einem bietet. Einem Ingenieur, einem Wissenschaftler, der auf spannende Aufgaben wartet. Dass der von vornerein sagt, Dresden ist nicht mehr interessant für mich. Was vielleicht vor drei, vier Jahren noch anders war. Die andere Gefahr ist, dass man einfach die Dinge laufen lässt und sich arrangiert mit einem Status quo, der so nicht akzeptabel ist und dass wir uns damit selbst abschneiden. Von neuen Ideen, neuen Leuten und frischem Wind, der auch durch Sachsen wehen muss.