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Sachsen
Wunsch nach besserer Kinderbetreuung

Kinderbetreuung im Osten gilt weithin als besser ausgebaut als in den alten Bundesländern. Doch in Sachsen demonstrieren Eltern und Erzieher kurz vor den Landtagswahlen für mehr Personal. Sie finden, dass zwar die Quantität der Einrichtungen stimmt, nicht aber die Qualität der Betreuung.

Von Nadine Lindner | 29.08.2014
    Die Mädchen und Jungen der Tautropfengruppe stehen am 23.07.2014 in Dresden vor der Kindertagesstätte "Haus der kleinen Entdecker".
    Kinder der "Tautropfengruppe" der Kindertagesstätte "Haus der kleinen Entdecker" in Dresden. (picture alliance / dpa / Matthias Hiekel)
    Eine Kita in der Rehefelder Straße im Dresdner Stadtteil Pieschen. Um kurz vor neun Uhr morgens. Aber irgendwie hört sich das heute anders an –
    ja, die Kinder fehlen. Die mussten zu Hause bleiben. Denn heute nehmen Kinderbetreuungseinrichtungen in ganz Sachsen an einem Schließtag teil, erklärt die stellvertretende Kitaleiterin Susanne Lutter:
    "Wir wollen den Tag nutzen, die Kinder sind ja nicht im Haus, dass wir all die Sachen tun, die wir sonst nebenbei oder nach Feierabend machen. Wir machen Dokumentationsarbeit, wir richten neue Portfolio-Mappen ein für die Kinder, die am ersten September in unsere Einrichtung kommen."
    Arbeit sichtbar machen, die sonst nach dem Feierabend erledigt werden muss. Das ist das Ziel. Es ist damit auch ein Zeichen des Protests gegen die zu hohe Arbeitsbelastung. Außerdem – es ist ja Wahlkampfzeit in Sachsen - hat die Kitaleitung Politiker aller Parteien zu ihrer Protestaktion eingeladen.
    Nun sitzen Vertreterinnen von Linkspartei, SPD und Grünen auf den kleinen Kinder-Stühlchen und hören den 20 Erzieherinnen zu, die aus ihrem Alltag berichten:
    "Wir haben zu tun, den Überblick zu behalten, wir können uns gar nicht um Konflikte, auch hier in Pieschen, einem sozialen Brennpunkt, können wir gar nicht mit den Kindern begleitend den Nachmittag gestalten."
    Frage nach dem Betreuungsschlüssel
    Die Frage, wie viele Erzieher für wie viele Kinder sorgen sollen, beschäftigt seit Monaten die Landespolitik im Freistaat. Die Oppositionspolitikerinnen verstehen die Klagen.
    "Ich würde an dem Punkt gerne ansetzen, wir sind hier alle einer Meinung. Wir sollten fragen, was ist denn am wichtigsten, was kriegen wir hin?"
    Zurzeit ist in Sachsen eine Erzieherin für 13 Kindergartenkinder vorgesehen, in der Krippe ist das Verhältnis eins zu sechs. Das ist zu wenig, finden viele. Bildungsexperten halten ein Verhältnis von eins zu 7,5 in Kindergärten für angemessen. Das hatten sie im Juli in einer Bertelsmann-Studie veröffentlicht.
    Mehr Personal für Kinder in Sachsen! Deswegen sind schon am Dienstag in Dresden 1000 Eltern und Erzieher auf die Straße gegangen.
    Bislang hat die Landesregierung einen konkreten Vorschlag zu Entlastung gemacht.
    Schon im Frühjahr hatte Ministerpräsident Stanislaw Tillich die Idee, die angespannte Personalsituation mit Hilfskräften zu lösen – Omis und Opis.
    "Ich glaube auch ein Oma oder Opa hat mal Kinder gehabt und kann deshalb mit Kindern umgehen."
    Mehr Geld für Herbst versprochen
    Tillich erntete für den Vorschlag viel Kritik bei der Opposition. Kultusministerin Brunhild Kurth hat heute via Zeitungsinterview versprochen, dass im Herbst mehr Geld in den Kitas ankommen soll. Doch das wird nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung des Personalschlüssels führen.
    Die Linkspartei, SPD und Grüne wollen den Betreuungsschlüssel für Kitas, der jetzt bei 1:13 liegt auf 1:10 senken. So schreiben sie es in den jeweiligen Wahlprogrammen. Die FDP setzt dagegen auf ein Programm für mehr Assistenzkräfte in Kitas. Am Sonntag sind Landtagswahlen, dann werden auch Sachsens Eltern darüber abstimmen, wie sie sich in Zukunft die Kita-Versorgung wünschen.