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"Sanfte Mobilität"

"Sanfte Mobilität" heißt ein EU-Projekt, das versucht, in den touristischen Regionen der Alpen zu erreichen, dass das Auto öfter stehen gelassen wird und wieder mehr zu Fuß gegangen, mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmittel gefahren wird. Zahlreiche Gemeinden in Österreich, Italien, Frankreich und Deutschland halten die "sanfte Mobilität" für einen notwendigen Schritt zur Einhaltung von Feinstaubwerten und Reduzierung von Luftschadstoffen.

Von Susanne Lettenbauer | 14.07.2006
    Drei Projekte mit über zehn Millionen Euro ist Österreich mittlerweile die Überzeugung der automobilen Gäste wert, ihr Fahrzeug zu Hause zu lassen oder wenigstens am Urlaubsort eine Ruhe zu gönnen. Transnationale Kooperationen von Gemeinden bemühen sich, ihren Gästen einen komfortablen autofreien Urlaub zu bieten. Bis zu 12.000 Euro gibt zum Beispiel jede der 17 Mitgliedsgemeinden von "Alpine pearls", einem Fünf-Länder-Projekt, aus, um zur alpinen Perlenkette der schönsten Gemeinden dazuzugehören.

    Sogar zwei Schweizer Gebirgsorte sind dabei, die Nobelabsteige St. Moritz überlegt noch. Die Kooperation erklärt Karmen Mentil vom Managment des Projektes "Alpine pearls" sei ganz einfach:

    "Sie würden zum Beispiel ankommen in Bad Reichenhall, werden abgeholt mit einem Chauffeurdienst, Sie sind dann im Hotel, gehen wandern oder radfahren, leihen sich ein Elektrofahrrad aus, fahren damit nach Berchtesgaden, können es dort abgeben. Dort bekommen Sie dann vielleicht eine Fahrt mit der Seilbahn, dann gehts mit dem Zug weiter nach Bischhofshofen, hier werden Sie wieder abgeholt mit einem Shuttleservice zum Beispiel und werden ins Hotel gebracht, das sind spezielle Hotels, die auf Gäste spezialisiert sind, die ohne Auto kommen. "

    Seit zehn Jahren wirbt Österreich mit dem Vorzeigeort Werfenweng. Mit wachsendem Erfolg: Den 830 Einwohnern standen 1998 gut 100.000 Übernachtungen gegenüber. Heute sind es 212.000 Übernachtungen bei ähnlichen Zimmerpreisen:

    "Besonders stolz bin ich darauf, dass es bei uns in Werfenweng gelungen ist, Umweltschutzangelegenheiten mit wirtschaftlichen Erfolgen zu verbinden. Es ist uns tatsächlich gelungen, dass wir durch unser Projekt "sanfte Mobilität" neue Gäste bekommen haben, die Gästezahlen drastisch steigern konnten und das ist ein großer Erfolg. "

    Peter Brandauer, Bürgermeister des 40 Kilometer südlich von Salzburg gelegenen Ortes Werfenweng, überraschte die Tagungsteilnehmer mit seiner überdurchschnittlich positiven Bilanz trotz gestiegener Bahnkosten oder harter Billigfliegerkonkurrenz. Doch wo kann man im Urlaub schon kostenlos Kutsche fahren, einen Chauffeur mieten, Elektroauto fahren oder Ski ausleihen, wenn man mit der Bahn anreist oder seinen Autoschlüssel beim Tourismusbüro abgibt? Peter Brandauer:

    "Wir haben unseren Vermietern gesagt, dass macht doch mehr Sinn, in das und das Produkt zu investieren, als in irgendwelche Werbekampagnen, die dann gar nicht so wirkt. Die Vermieter müssen eine Abgabe bezahlen, wenn sie hier mitmachen, und mit dieser Abgabe wird dieses Angebot tatsächlich auch finanziert. "

    Ähnliche Initiativen zum Beispiel Konus, der kostenlose Nahverkehr im Schwarzwald versammeln mittlerweile 80 Gemeinden unter sich, zog Ulrike Rheinberger vom Freiburger Ökoinstitut Bilanz.

    Vor einem weitaus größeren Problem als Urlaubern mit PS-starken Automobilen stehen die Projektverantwortlichen jedoch vor Ort bei den Einheimischen, wenn es um das Statussymbol Auto geht. Neueste Ideen, bei Fahrschulprüfungen gleich auch einen Umwelttest einzuführen, stieß auf wenig Gegenliebe bei den Jugendlichen. Dabei sind sie es, die ein anderes Bewusstsein für Mobilität entwickeln müssen. Transnationale Jugendtreffs und Jugendwebsites rund um das Thema alternative Fortbewegung hält Veronika Holzer vom österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft für einen guten Anfang:

    "Wir versuchen erst einmal, Jugendliche zu finden, die doch ansprechbar sind und die ihrerseits einen gewissen Status in ihrer Gruppe haben. Das gelingt meistens doch, dass man einige Jugendliche gewinnt, die werden entsprechend geschult und bekommen dann auch einen bestimmten Status in der Gruppe, sie werden ausgezeichnet, indem sie bestimmte Ausbildungen bekommen über Verkehrverhaltenweisen in unserem Fall und die gehen dann ihrerseits in die Gruppe, in ihre peargroup, wie man das nennt. Die Kinder in dem Alter hören am besten auf Gleichaltrige. "

    Auch Marcella Morandini vom Ökoinstitut Südtirol setzt auf die Information von und durch Jugendliche:

    "Wir haben ein spezielles Programm für die Jugendlichen gemacht, damit sie auch Informationen weitertragen können. Sie waren Verkehrsbeauftrage in den Zügen - Pendlerzügen. Sie verteilen Informationen über den Nahverkehr und nachhaltige Mobilität, weil die nachhaltige Mobilität viel schöner als die Automobilität sein muss. "