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Sanierung der Kölner Bühnen
Viele Fragen und alle Termine offen

Was der Flughafen für Berlin und die Elbphilharmonie für Hamburg, das ist für Köln die Oper: Ein millionenschweres öffentliches Großprojekt, das sich zum Desasters entwickelt hat. Die neue Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker redete jetzt Klartext: Einen möglichen Wiedereröffnungstermin gibt es noch nicht. Auch das ist eine Art Neuanfang.

Von Dorothea Marcus | 27.11.2015
    Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
    Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    "Heute erwarten viele einen neuen Wiedereröffnungstermin und einen neuen Kostenplan. Ich bin zu Ihnen gekommen, um die Fakten auf den Tisch zu legen: Diese Erwartungshaltung können wir nicht erfüllen. Ich kann Ihnen sagen, dass das auch für uns keine schöne Situation ist."
    Es ist einer der ersten öffentlichen Auftritte der neuen Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach ihrer Wahl und nach dem Messer-Attentat auf sie, und es ist ein eher unangenehmer. Auch der bisher anvisierte Eröffnungstermin der Bühnen Köln in der Spielzeit 2016/17 wird nicht zu halten sein - genauso wenig wie der eigentlich als Schreckensversion spukende Termin ein Jahr später. Die Insolvenz der Firma Imtech, die Kündigung des Planungsbüros, Sabotageakte, Stillstand und andere Schlampereien haben das Projekt zu einem der drei berühmtesten Baudesaster der Republik werden lassen – zur Lachnummer wurde es vollends, nachdem Kulturdezernentin, Verwaltung, Politik und Stadtspitze erst abtauchten und sich dann gegenseitig die Verantwortung zuschoben. Eine Eröffnung wird frühestens 2018/19, wenn nicht sogar erst 2020 stattfinden - zumindest als Wunschtermin Henriette Rekers. Vor allen Dingen teuer wird das werden: pro Spielzeit rund acht bis neun Millionen Euro: "Zwischen 40 und 60 Prozent werden diese Kostensteigerungen betragen. Das ist eine erhebliche Summe, die sich auch durch die Verzögerung der Bauzeit ergibt. Das ist eine schwierige Situation für uns, aber sie ist so wie sie ist und wir müssen damit jetzt umgehen, und wir werden damit umgehen. Damit dieses Projekt wieder Strahlkraft entfalten kann."
    Damit liegen die Zahlen selbst im günstigsten Fall weit über dem Budget, das der einst geplante reine Neubau gekostet hätte. Dieser wurde einst auf 364 Millionen kalkuliert – und zur reinen Sanierung des Bühnenensembles kam es eigentlich vor allen Dingen, um Kosten zu sparen – 250 Millionen sollte es kosten. Dass es auch um den Erhalt eines Kölner Kulturerbes, dem recht nüchternen Ensemble des Architekten Wilhelm Riphahn aus den 1960er-Jahren ging, wirkte stets als Argument ein wenig nachgeschoben. Es war die Kölner Ex-Schauspielintendantin Karin Beier, die sich mit einem großen Bürgeraufstand im Rücken für eine Sanierung statt Neubau starkgemacht hatte – und nachdem sie das erreicht hatte, zügig ans Schauspielhaus Hamburg verschwand. Doch wer weiß schon, welche Kostenexplosionen ein Neubau mit sich gebracht hätte.
    Offen und stringent in die Zukunft
    Dass die neuen Nachrichten Hiobsbotschaften für sie sind, macht die Opernintendantin Birgit Meier nach der Pressekonferenz unmissverständlich klar: "Natürlich habe ich nicht damit gerechnet. Denn wenn man den Verlauf verfolgt, am Anfang war ja das eine Jahr eine Hiobsbotschaft, dann waren es plötzlich zwei, und natürlich habe ich nicht damit gerechnet. Es sind ja jetzt ganz neue Erkenntnisse, die sind erst in den letzten Tagen auf den Tisch gekommen. Natürlich ist das nicht schön. Nur man muss das jetzt annehmen. Beim Annehmen spielt große Rolle, dass das Interim so gut begonnen hat. Und das gibt mir die Zuversicht, dass wir das auch noch schaffen."
    Nun soll in Köln aufgeräumt werden, mit einem Elf-Punkte-Plan und erstmals einem technischen Betriebsdirektor, einer juristischen Aufarbeitung der Fehler, größter Informationsdichte – und einer grundsätzlichen Befragung, nach welchen Kriterien Projekte überhaupt vergeben werden. Und so lässt die neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker, angetreten im Wahlkampf für mehr Transparenz, den Pressetermin trotz der schlechten Nachrichten dann doch als eine Art Neuanfang für Köln erscheinen. Nach dem offenbar heillosen Kompetenzgerangel und Kontrollverlust unter fast 200 beteiligten Firmen will man jetzt wenigstens verantwortlich, offen und stringent wirken: "Ich möchte Ihnen eins zusagen für die Zukunft. Es wird ein transparentes, ehrliches und es wird ein zuverlässiges Verfahren geben. Und ich hoffe, dass wir damit das Vertrauen zurückgewinnen können, was verloren gegangen ist."