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Sanktionen
EU will Agrarwirtschaft unterstützen

Viele Lebensmittel-Produzenten in der EU bleiben aufgrund des Exportverbots nach Russland auf ihren Waren sitzen. Die EU will nun 125 Millionen Euro für Ausgleichszahlungen in die Hand nehmen. Außerdem sollen die Waren auf alternativen Absatzmärkten verkauft werden.

Von Annette Riedel | 02.09.2014
    Eine Arbeiterin prüft die Qualität von Äpfeln in einer polnischen Obst-Fabrik in Regnow am 26.04.2014.
    Für Russland war Polen der größte Importeur von Äpfeln. (AFP / Janek Skarzynski)
    Als Reaktion auf EU-Sanktionen gegen Russland hatte Moskau in der ersten Augusthälfte ein vollständiges Importverbot für Obst, Gemüse, Fleisch und Milchprodukte verhängt.
    Die EU-Länder haben im vergangenen Jahr Agrarprodukte und Lebensmittel im Wert von fast 12 Milliarden Euro nach Russland exportiert, was einem Anteil von rund 10 Prozent der Gesamt-Exporte entspricht. Von dem Importstopp sind knapp die Hälfte der Agrarprodukte betroffen. In erster Linie werden Früchte exportiert, darunter zu allererst Äpfel, gefolgt von Käse und Schweinefleisch. Erzeuger von 20 leicht verderblichen Obst- und Gemüsesorten können EU-Hilfe beantragen. Ihnen soll und kann geholfen werden, so Roger Waite, der Sprecher von EU-Agrar-Kommissar Ciolos.
    "In der reformierten gemeinsamen Agrarpolitik haben wir mehr Flexibilität denn je, Gelder zur Verfügung zu stellen, um Sektoren für solche Markteinbrüche zu kompensieren."
    ...und zwar summieren sich diese Gelder auf über 400 Millionen Euro.
    Mit den 125 Millionen Euro, die Brüssel jetzt aus diesem Topf bis zunächst Ende November in die Hand nimmt, sollen Maßnahmen finanziert werden, um dem Preisverfall entgegen zu wirken. Der entsteht oder droht zu entstehen durch ein Überangebot auf den jeweiligen nationalen Märkten, weil der Exportmarkt Russland wegfällt. Die Maßnahmen zielen zunächst neben Äpfeln beispielsweise auf Tomaten ab, auf Möhren, Birnen, Beeren, Gurken. Geplant sind Aufkäufe oder Entschädigungen, wenn vorzeitig geerntet bzw. völlig auf die Ernte verzichtet wird.
    Man geht in Brüssel aber davon aus, dass sich für Teile der Ernte auch noch alternative Absatzmärkte finden lassen.
    "Die Verluste werden auf keinen Fall so groß sein wie die Exportmengen, so wie die heute sind."
    Russland wichtiger Exportmarkt für Polen und Baltikum
    Lebensmittelexporte von Deutschland nach Russland, die von dem Importstopp betroffen sind, machen nur einen niedrigen einstelligen Prozentsatz der deutschen Gesamtexporte aus. Härter trifft es die Obst- und Gemüsebauern in Spanien und Griechenland, in kleinerem Maßstab auch Belgien. Vor allem betroffen sind aber die östlichen EU-Länder. Für die baltischen Länder und für Polen ist Russland ein sehr wichtiger Exportmarkt. Polen ist Europas größter Apfelproduzent und hat im vergangenen Jahr insgesamt Agrarprodukte von 340 Millionen Euro nach Russland exportiert, Litauen kaum weniger.
    "Wir werden auf jeden Fall Solidarität mit den Sektoren zeigen, aber effizient werden wir das Geld benutzen, wo möglich."
    Die Frage, die die EU-Agrarminister zu diskutieren haben werden, ist zudem, wie mit möglichen Entschädigungen anderer betroffener Erzeuger umzugehen sein wird, von Fleisch und Milchprodukten beispielsweise. Das sind keine saisonabhängigen Produkte. Trotzdem könnte ihnen ein Preisverfall drohen. Zudem wird zu diskutieren sein, wann und wie auf nationaler Ebene Ausgleichszahlungen möglich sind, ohne dass diese den Tatbestand unerlaubter Beihilfen erfüllen.
    Politisch stellt sich die Frage, wie die EU auf Drittländer einwirken kann, die gern bereit sind, in die Bresche zu springen und Käsetheken und Obstregale in Moskau gewinnträchtig mit ihren Produkten aufzufüllen.
    Rechtlich hat die EU da wohl kaum eine Handhabe. Aber sie kann schon gegenüber Ländern wie der Schweiz, Brasilien, Ägypten, um nur ein paar zu nennen, ihre Interessen in der Angelegenheit deutlich machen.