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Sanktionen gegen Russland
"Es wird für einige Unternehmen sehr dramatisch"

Die verschärften EU-Sanktionen werden Teile der deutschen Wirtschaft hart treffen. Das steht für den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau fest. VDA-Russlandexpertin Monika Hollacher zweifelt an einigen der Zwangsmaßnahmen. Hollacher sagte im DLF, viele Maschinen, die Deutschland nicht mehr liefere, werde Russland dann eben in China oder Südkorea kaufen.

Monika Hollacher im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 30.07.2014
    Ein Planeten-Radlager
    Deutsche Technik wird nicht mehr so ohne weiteres nach Russland geliefert. (picture alliance / dpa)
    Tobias Armbrüster: Frau Hollacher, lassen Sie uns zunächst kurz auf die deutsche Seite blicken: Wie dramatisch sind diese Sanktionen, die da jetzt für Russland oder gegen Russland beschlossen wurden, wie dramatisch sind die für die Unternehmen, die Ihr Verband vertritt?
    Es wird für einige Unternehmen sehr dramatisch
    Monika Hollacher: Es wird natürlich für einige Unternehmen sehr dramatisch sein, den Maschinen- und Anlagenbau trifft es in einem ganz besonderen Maße, vor allen Dingen wenn man sich die Zahlen aus dem letzten Jahr betrachtet, wo das Exportgeschäft schon leicht eingebrochen ist, und wenn man auf die jetzigen Zahlen guckt, die von Januar bis Mai schon ein Minus von 20 Prozent auch ohne Sanktionen aufweisen.
    Armbrüster: Können Sie uns sagen, was für Hersteller oder was für Produkte sind da wohl besonders betroffen?
    Hollacher: Von den jetzigen, bisherigen?
    Armbrüster: Ja.
    Hollacher: Im Prinzip durch die Bank weg alle, weil es natürlich vor allen Dingen an der schlechten Rubelentwicklung in Russland bisher gelegen hat, dass weniger Maschinen aus dem Euroraum eingekauft werden können, konnten. Und es trifft aber naturgemäß die, die auch ein besonders starkes Russlandgeschäft haben. Das sind für uns die Landmaschinenbauer, Werkzeugmaschinenbauer, Bau- und Baustoffmaschinen, Antriebsmaschinen, so in dem Bereich.
    Armbrüster: Das heißt, die alle haben in den letzten Monaten sozusagen schon mal durch die ersten Sanktionen einen kleinen Vorgeschmack bekommen, und jetzt knallt es noch mal richtig rein?
    Hollacher: Richtig. Sie haben bisher ja diese ... die Verunsicherung durch Ankündigung von Sanktionen plus schlechte Wirtschaftslage hat schon zu einem Minus von 20 Prozent geführt.
    Armbrüster: Hören Sie denn da von Ihren Mitgliedern auch Kritik an der Politik?
    Kritik an den Entscheidungen der Politik
    Hollacher: Sicherlich. Es gibt natürlich auch unter den Unternehmen eine große Diskussion, für oder dagegen, und was jetzt gerade den Maschinenbauer betrifft, wird zu Recht kritisiert, dass wenn die Maschine nicht in Deutschland eingekauft wird, dann wird sie wahrscheinlich in China oder Südkorea, auf jeden Fall irgendwo in Asien zu kaufen sein. Vielleicht nicht in der Qualität, aber sie wird da sein. Also es ist zu ersetzen.
    Armbrüster: Was bedeuten denn diese Schritte für die deutsche Wirtschaft allgemein – ich meine, wenn wir da mal ein bisschen über den Tellerrand oder über den Bereich der reinen Maschinen- und Anlagenbauer hinausblicken können. Können diese Sanktionen dann sozusagen dieses kleine Wirtschaftswunder, was wir seit einigen Jahren erleben, können die das gefährden?
    Hollacher: Das kann ich Ihnen so auch nicht sagen, ehrlich gesagt. Wie ich auch die Presse verfolge, gibt es dazu auch sehr unterschiedliche Sichtweisen und Einschätzungen. Aber wenn wir jetzt mal rein auf die Exportzahlen gucken, dass drei Prozent aller deutschen Exporte ja nach Russland gehen, dann ist natürlich die Frage, wie weit das jetzt die gesamte Volkswirtschaft betreffen wird.
    Armbrüster: Das könnte sich dann sozusagen in Grenzen halten. Dann lassen Sie uns kurz auf die russische Seite blicken: Wie empfindlich wird die russische Wirtschaft von diesen jetzt neu beschlossenen Sanktionen getroffen?
    "Russland treffen Finanzsanktionen. Maschinen kann man aber auch woanders kaufen!"
    Hollacher: Ich denke, vor allen Dingen die Sanktionen im Finanzbereich werden schon die russische Wirtschaft hart treffen, denn der russische Staat selber ist zwar nicht sehr hoch verschuldet im Ausland, aber die Banken und der private Sektor sind es sehr wohl. Also da denke ich, dadurch, dass es sehr schwierig wird, sich mit frischem Geld zu versorgen, wird es die russische Wirtschaft sehr hart treffen. Was jetzt die Hochtechnologien und Rüstungsindustrie betrifft, auch da, denke ich, wird es erst mal mittelfristig Schwierigkeiten geben. Nicht jedes Land verfügt über die Hochtechnologien, die gezielt in diesen Bereichen und Sektoren gefordert sind und die Russland auch nicht selbst herstellen kann. Und zum Maschinen- und Anlagenbau habe ich mich ja eben schon geäußert. Also gerade hier haben wir in vielen Bereichen die Gefahr, dass eben genau diese Lieferungen aus Asien ersetzt werden können.
    Armbrüster: Das heißt, da könnten diese Sanktionen durchaus verpuffen?
    Hollacher: Eh, ja!
    Armbrüster: Und keine Wirkung zeigen?
    Hollacher: Durchaus, ja. Oder nur sehr minimal.
    Armbrüster: Monika Hollacher war das, Referentin beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Vielen Dank für das Gespräch heute Mittag!
    Hollacher: Vielen Dank, tschüss!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.