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Sarkozy und die Medien

In Frankreich sind Politik und Medien zu einem zweifelhaften Cocktail gemixt. Seit dem Amtsantritt von Nicolas Sarkozy wird das besonders deutlich. Burkhard Birke berichtet.

06.11.2007
    Feuerwehr- oder besser noch Supermann: Als Retter der im Tschad angeklagten Journalisten und Stewardessen stand Nicolas Sarkozy gestern im Bild und in Schlagzeilentiteln auf Seite 1: Selbst das präsidentenkritische Blatt "Libération" kam nach langem innerredaktionellem Ringen nicht um eine Reportage unter dem Titel "Willkommen auf AIR Sarko", sprich auf Sarkozys Fluglinie herum.

    Sowohl die Grenzen als auch die Gefahren dieser Methode Sarkozy kenne man, der Präsident wolle überall sein, kritisierte Sozialistenchef Francois Hollande den, wie er ihn nennt, Omnipräsidenten.

    Sie glaube er sei nur deshalb in den Tschad gefahren, weil er die Politik der Selbstdarstellung praktiziere, legte die stellvertretende Front-National-Vorsitzende Marine Le Pen noch einen drauf.

    "Wir haben einen aktiven Präsidenten, der Risiken eingeht. Gibt es ein Problem, steht er an vorderster Front, und das war ein Problem, das auf der Ebene der Staatschefs zu lösen war","

    verteidigt indes der Abgeordnete Pierre Lelouch von der Regierungspartei UMP seinen Präsidenten. Der schafft einfach Fakten. Während klar schien, dass die drei Journalisten und die vier Stewardessen freigelassen würden, flog er selbst in den Tschad, beherrschte die Nachrichten. Morgen wird er die Franzosen an der Seite von US Präsident George Bush anlächeln.

    Sarkozy tatendurstig und tatkräftig: So sieht sich der Präsident offenbar gern und stiehlt den anderen die Medienshow. Ein Soziologe hat schon einen Sarkozy-freien Tag Ende November als Initiative ins Leben gerufen: Ein Bumerang, denn auch so wird zumindest indirekt über den allgegenwärtigen Präsidenten berichtet, den Bauchmenschen, der dennoch nichts dem Zufall überlässt, vor allem wenn es ums Private geht.

    Cecilia und Scheidung: Tabuthemen. Und für gewisse Dinge hat man doch einflussreiche Freunde: Den Chefredakteur von "Paris Match" ließ Arnaud Lagardère feuern, kurz nachdem die Illustrierte seinerzeit Fotos von Cecilia mit ihrem Freund in New York veröffentlicht hatte. Lagardère, dem Sarkozy als Anwalt einen Erbschaftsstreit vom Hals geschafft hatte, besitzt nicht nur bei EADS und AIRBUS Aktien und Einfluss, ihm gehören auch noch der Radiosender Europe 1, "Le Journal du Dimanche", 25 Prozent des Boulevardblatts "Parisien/Aujourd'hui" und 17 Prozent von "Le Monde".
    Der meistgesehene TV Sender Europas TF1 wird von Sarkozys Bauunternehmerfreund Bouygues kontrolliert, der nebenbei viele Staatsaufträge bekommt.

    Einen seiner Wahlkampfmanager hat Sarkozy dort als Direktor untergebracht, eine Nachricht, die der Elysée und nicht TF1 verbreitet hatte. Serge Dassault versucht nicht nur den neuen Militärjet Rafale zu verkaufen, sondern besitzt auch das Renommierblatt "Le Figaro". Vincent Bolloré, der Mann, auf dessen Yacht Sarkozy nach seinem Wahlsieg rastete, ist ins Mediengeschäft eingestiegen und der Trauzeuge seiner gerade geschiedenen Ehe, Bernard Arnault, versucht gerade die schlecht gehende Wirtschaftszeitung "La Tribune" gegen den Marktführer "Les Echos" einzutauschen - allerdings gegen den Widerstand der Redaktion. Vincent de Féligonde

    ""Die Tatsache, dass ein Eigentümer große Beteiligungen und Firmen im Luxusgüterbereich, im Groß- und Lebensmittelhandel und gleichzeitig die bedeutendste Wirtschaftszeitung des Landes besitzt, wirft doch die Frage auf, wie unabhängig dann noch die Journalisten sein dürfen."

    In Frankreich sind nicht nur Politik und Medien, sondern ist auch Geschäft mit Medien und Politik zu einem zweifelhaften Cocktail gemixt. Die Besitzer sind medienrechtlich für Inhalte verantwortlich, versuchen entsprechend ihren Geschäftsinteressen also kräftig in die Redaktionen hineinzuregieren. An Nummer 31 der Pressefreiheit weltweit von "Reportern ohne Grenzen" klassifiziert, sehen deshalb die Journalisten die Pluralität in Gefahr. Deshalb demonstrierten sie gestern Nachmittag vor der Nationalversammlung.

    "Die Pressefreiheit ist aufgrund der Konzentrationen in Gefahr."

    "Wir sind sehr um die Lage in Frankreich besorgt, wenn man bedenkt, dass die entscheidenden Medien in Händen von Großindustriellen sind. Deshalb versuchen wir, die Öffentlichkeit für diese Thema zu sensibilisieren."