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Sauber sortiert

Im Plastikmüll stecken viele wertvolle Rohstoffe, aber auch viele Fremdstoffe. Beides zu trennen, hat sich die Karlsruher Firma Unisensor vorgenommen. Ihr laser-gestütztes Sortiersystem für Kunststoffabfälle ist für den nominiert, den Bundespräsident Wulff am Mittwochabend vergibt.

Von Anja Braun | 01.12.2010
    "Ich habe hier ein paar Flakes präpariert, dass das fürs Auge sichtbarer wird, und wenn ich jetzt diese spezielle Lampe, die ähnliche Funktion hat wie der Laser, anschalte, dann werden sie sehen, dass da Flakes drin sind, die eine andere Eigenschaft haben. Zum Beispiel hier: Das leuchtet etwas anders."

    Diplomingenieur Jürgen Bohleber steht vor der fast vier Meter hohen Maschine namens Powersort. Der silbergraue Riese mit einem Trichter als Kopf, links einem Bildschirm zur Steuerung und einem ordentlich dicken Bauch steht in der Entwicklungshalle der Karlsruher Firma Unisensor und ist deren ganzer Stolz. Denn Powersort ist die erste Maschine, die es schafft, gebrauchte Kunststoffe zu 100 Prozent sauber zu sortieren. Das ist notwendig, weil nur sortenreiner Plastikmüll wieder komplett in den Produktions-Kreislauf zurückgeführt werden kann, betont der Sprecher des Karlsruher Unisensor-Teams, Professor Gunther Krieg.

    "Nicht sozusagen downrecyceln zu einem schlechteren Kunststoff für Parkbänke oder für Gartenstühle, sondern wirklich PET zu PET, um dann eine Werterhaltung und Ressourcenschonung auch zu haben."

    Powersort sortiert den geschredderten Plastikmüll - die Fachleute sprechen von Flakes - mithilfe eines Lasers und eines Spektrometers in Bruchteilen von Sekunden. Dazu werden die gerade mal zwei bis zwölf Millimeter kleinen Kunststoffteilchen in den Trichter der Maschine eingefüllt:

    "Dieses Material wird im freien Fall durch einen Laserstrahl intensiv angeregt und gibt dabei ein Licht zurück, das über einen optischen Sensor analysiert ist. Und über dieses Spektrum, das wir da erkennen, können wir das Material analysieren."

    Das monochromatische Licht des Lasers regt ganz bestimmte Schwingungen in den Flakes an. Dadurch treten weitere Frequenzen auf, die als Raman-Spektrum gemessen werden können. Ein speziell auf Kunststoff abgestimmtes Spektrometer, das das Unisensor-Team entwickelt hat, kann daraus zweifelsfrei bestimmen, welches Material vorliegt.

    "Man beschießt mit einem Laser und das System antwortet mit einem Fingerabdruck. So wie man Menschen mit einem Fingerabdruck unterscheiden kann, so kann man dann dieses Licht, das dann ausgesendet wird von dem jeweiligen Teilchen unterscheiden. Zum Beispiel das blaue ist PET und das rote ist PVC","

    erklärt Gunther Krieg. Mehrere 10.000 Kunststoff-Flakes rutschen pro Sekunde über die vier Schächte der Maschine. Dabei scannt der Laser diesen Strom mit einem Tempo von 10.000 Kilometern pro Stunde. Etwas weiter unten dann sorgen 120 Druckluftdüsen dafür, dass die Kunststoffpartikel von ihrer natürlichen Flugbahn abgelenkt und nach Farbe und Material sortiert werden.

    Was sich so schlicht anhört, war jedoch schwierig zu entwickeln: So war das Team 2003 kurz davor, die Flinte ins Korn zu werfen, weil alle dachten, das Ziel ist einfach nicht erreichbar:

    ""Das Problem lag darin, dass bis zu einer Million mal pro Sekunde zu machen, weil man braucht so viele Messungen in dieser Zeit um auch kleinste Verunreinigungen fest zu stellen."

    Doch die Forscher ließen nicht locker und schließlich gelang ihnen durch den Einsatz des Lasers und der Entwicklung eines genau darauf angepassten Spektrometers der Durchbruch. Zuvor hatten sie mit einer 8000 Watt starken Spezialleuchte experimentiert, die jedoch eine zu lange Belichtungszeit benötigte. Durch das starke Laserlicht konnte die optische Anregung der Flakes dann entscheidend verbessert werden. Diplomingenieur Dirk Fey vom Karlsruher Unisensor-Team erklärt stolz:

    "Die Geschwindigkeit eine Million Messungen pro Sekunde erlaubt einen Durchsatz von circa drei Tonnen pro Sekunde. Das Material rauscht einfach runter. Als wir die Maschine zum ersten Mal im Betrieb gesehen haben, haben wir erst gedacht, irgendwo haben wir uns da verrechnet. Aber es hat dann doch funktioniert. Also da waren wir ganz froh."

    Mittlerweile sind allein in diesem Jahr fünf der silbergrauen Powershot-Sortierer ausgeliefert worden. Als Nächstes wollen die Karlsruher Entwickler mit ihrer Anlage jetzt auch Elektronikschrott aus Küchenmaschinen und Computern sortenrein trennen: