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Sauberer mit Wasser im Tank

Technik. - Etwas Wasser im Diesel könnte für die zahlreichen Selbstzünder auf Straße und Fluss ein Plus an Leistung und Umweltfreundlichkeit bedeuten. Allerdings mischen sich beide Flüssigkeiten notorisch unwillig. Kölner Forscher tüfteln an Tensiden, die das Emulgieren verbessern und testen die Kombination jetzt in der Praxis.

Von Sönke Gäthke | 22.04.2010
    Wasser im Diesel verbessert die Leistung des Motors auf zwei Weisen: Zum einen kühlt es das Feuer im Motor. Ohne dabei die Leistung zu mindern, im Gegenteil: Weil der Motor nicht so heiß wird, kann in besonderen Situationen mehr Treibstoff pro Takt verfeuert werden.

    "Das wird für Racetrucks ausgenutzt, das wurde für Flugzeuge im zweiten Weltkrieg ausgenutzt, dass wurde sogar in der Startphase von der Boeing 747 in den siebziger Jahren wurde auch ein Wassertank mitgeführt, also das war immer der Grund, die Leistung zu steigern, weil man eben die sogenannte Innenkühlung hatte."

    Zum anderen aber verbessert das Wasser die rund 2000 Grad heiße Verbrennung des Diesel auch chemisch, erklärt Reinhard Strey, Chemiker der Universität Köln auf dem Parkplatz seines Instituts:

    "Wasser zerfällt, das weiß man, bei den Verbrennungstemperaturen in Radikale, das sind kleine Bruchstücke, die können Sie sich vorstellen wie Piranhas, ja, die gehen auf jedes, alles, was sie kriegen können, und wenn dann die Dieselmoleküle sind, greifen sie die an und knabbern die runter bis auf kleine Ethyl- und Methyleinheiten, die dann oxidiert werden können."

    Und so könnte Wasser das Hauptproblem des Dieselmotors lösen: den zu hohen Rußausstoß – und nebenbei auch den Stickoxidausstoß senken. Wenn es sich denn mit Wasser mischen ließe. Das tut es aber nicht. Bis jetzt mussten Ingenieure daher aufwändige Einspritzanlagen konstruieren – weshalb sie nicht viel davon halten. Privaten Erfindern blieb es vorbehalten, einfache Lösungen zu bauen – wie diese Limousine mit einem Diesel-Wasser Mischer auszurüsten. Strey:

    "Das ist ein ganz normaler Dieselmotor, in den ist motorisch auch gar nicht eingegriffen worden, aber es ist eben ein Zusatzaggregat eingebaut worden. Nämlich hier ein kleiner Kolben, der hin- und her läuft und proportional zu der Menge an Diesel der verbraucht wird, Wasser pumpt. Und dieses Wasser wird dann hier, in einem sogenannten Emulgiergerät zu dem Diesel dazugemischt, gibt dann eine Emulsion, und wird eingespritzt und reduziert auf diese Weise den Ruß und die Stickoxide."

    Im Heck hat dieser Wagen einen Extratank, aus dem das Zusatzaggregat das Wasser saugt. Reinhard Strey hat ihn gekauft, um die Vorteile zu zeigen. Zufrieden ist er mit dieser Technik jedoch nicht: Im Mischer entsteht nur eine Emulsion, eine unstabile Verbindung aus Diesel und Wasser. Dem Chemiker schwebt jedoch etwas anderes vor: die Mikro-Emulsion; winzigste Wassertröpfchen im Diesel, stabil umklammert und gehalten von Tensiden. Strey:

    "Stellen Sie sich vor, Sie nehmen den Diesel, geben in den Diesel Tensid hinein, dann ist dieses Tensid – löst sich zwar, aber ist nicht ganz froh. Nicht happy, weil ihm was fehlt. Nämlich die andere Seite des Tensid-Moleküls möchte ja Wasser solubilisieren. Man kann sich das so vorstellen, diese Mischung aus Tensid und Diesel ist ein trockener Schwamm. Der wartet nur auf Wasser. Und wenn ich dann das Wasser dazugebe, dann ist das Tensid-Molekül befriedigt und löst das Wasser spontan auf."

    Das ist der eine große Vorteil der Mikro-Emulsionen. Der zweite ist: sie sind stabil. Sie lassen sich lagern, tanken und sogar ohne Rückstände verbrennen – weil die Tenside vor allem aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen, ähnlich wie Diesel.

    "Prüfstandversuche, die wir bisher gemacht haben, zeigen durchweg, dass mit zunehmendem Wassergehalt, und wir sprechen hier von zehn, 20, 30 Prozent Wasser, geht der Ruß, also der Rußausstoß, praktisch auf die Nachweisgrenze zurück."

    Der Stickoxidausstoß kann dabei um zehn, 20 oder 30 Prozent gesenkt werden, ohne technischen Aufwand, ohne, dass an den Motoren irgendetwas geändert werden müsste. Bestätigt wurden diese Ergebnisse von der Fachhochschule Trier und dem Motorenbauer MTU. Reinhard Strey hofft jetzt, die Verbesserungen auch im Alltag demonstrieren zu können – am liebsten mit der Binnenschifffahrt: Deren Motoren sind immer noch ohne Filter. Was vor allem für die Großstädte am Rhein ein Problem ist.