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Saudi-Arabien nach dem Regierungswechsel
Die entscheidende Zeitenwende beginnt

Unter dem verstorbenen König Abdullah hat sich Saudi-Arabien zu einem engen Partner des Westens entwickelt - trotz menschenrechtlicher Bedenken. Nach dem Regierungswechsel steht das Land nun vor einem Spagat zwischen Reform und Tradition, zwischen Politik und Religion. Und vor einem Machtkampf mit dem Iran.

Von Peter Philipp | 05.02.2015
    Der neue saudische König Salman bin Abdul-Aziz al-Saud bei einer Trauerfeier für seinen Vorgänger Abdullah.
    Der neue saudische König Salman bin Abdul-Aziz al-Saud bei einer Trauerfeier für seinen Vorgänger Abdullah. (picture alliance / dpa / Yoan Valat)
    "Mit Gottes Kraft werden wir auf dem geraden Weg bleiben, den dieser Staat seit seiner Gründung unter König Abdul-Aziz Al Sa'ud und seinen Söhnen nach ihm verfolgt hat. Und wir werden von diesem Weg nie abweichen."
    Dem neuen Herrscher über Saudi-Arabien, König Salman bin Abdul-Aziz Al Sa'ud, schien Eile geboten seinem 29-Millionen-Volk und der Welt zu versichern, dass er Kontinuität groß schreiben werde und dass keine grundlegenden Veränderungen zu erwarten seien. Wenige Tage später allerdings zeigte sich, dass der neue Herrscher zumindest in seinem unmittelbaren Umfeld und im Kabinett einige personelle Veränderungen vornahm, enge Vertraute seines Vorgängers entließ und durch eigene Gefolgsleute ersetzte. Maßgebliche Veränderungen waren das aber noch nicht, und solche sind von ihm schon allein wegen seines fortgeschrittenen Alters - Salman ist 79 - auch kaum zu erwarten.
    König Abdullah war bereits 81 gewesen, als er die Führung des Landes übernahm. In den letzten Jahren war er wiederholt zu ärztlicher Betreuung in den USA, und fast jedes Mal kamen fälschlicherweise Gerüchte auf, er liege im Sterben. Vielleicht nahm man es deshalb zunächst auch nicht allzu ernst, als der Monarch im Dezember mit Lungenentzündung in ein saudisches Krankenhaus eingeliefert wurde. Am frühen Morgen des 23. Januar aber verkündete das staatliche Fernsehen:
    Der saudische König Abdullah, der am 23. Januar 2015 im Alter von 91 Jahren gestorben ist.
    Der saudische König Abdullah, der am 23. Januar 2015 im Alter von 91 Jahren gestorben ist. (AP)
    "Prinz Salman bin Abdul-Aziz al-Saud und die Mitglieder der Familie und der Nation betrauern den Hüter der beiden Heiligen Stätten, König Abdullah bin Abdul-Aziz, der genau um ein Uhr an diesem Freitagmorgen verschied ..."
    Eine entscheidende Zeitwende für Saudi-Arabien
    Mit dem Amtsantritt Salmans ist man trotzdem einer vielleicht entscheidenden Zeitenwende in Saudi-Arabien näher gekommen: Der neue König ist der vorletzte der Söhne des Staatsgründers, der immerhin im Laufe der Jahre 17 Frauen und bis zu 60 Kinder hatte. Der Thron muss laut Verfassung an einen der Söhne übergehen; nach Salman gibt es jetzt nur noch den 69-jährigen Muqrin, der bereits unter Abdullah für das Amt des künftigen Kronprinzen vorbestimmt wurde. Nach ihm wird der König aus dem unüberschaubaren tausendköpfigen Heer der Prinzen der zweiten Generation kommen, und es gilt als sicher, dass spätestens dann heftiges Machtgerangel am Hof einsetzen wird.
    Noch am Tag seines Todes wurde Abdullah beigesetzt. Wie der Brauch es will, in einem schmucklosen anonymen Grab und ohne großes Zeremoniell. Und vor der Anreise der zahlreichen offiziellen Trauergäste aus aller Welt. Dies ist eine der Eigenarten des religiös geprägten Staatssystems in Saudi-Arabien, das durch den strikt fundamentalistisch ausgerichteten wahhabitischen Islam bestimmt ist. Wobei nie richtig klar ist, ob es hier ein Diktat der Religion über die Politik gibt und wie weit dieses geht. Mohamed Gharaibeh, Islamwissenschaftler an der Universität Bonn, hat die Rolle des Wahhabismus erforscht:
    "Die Religion spielt in der Politik Saudi-Arabiens sicher eine große Rolle – wobei man verstehen muss, dass ein Teil ihrer Herrschaftslegitimation aus einem Bündnis besteht zwischen der Reformbewegung Muhammad ibn ʿAbd al-Wahhabs Ende des 18. Jahrhunderts und dem Stammesfürsten Ibn Sa'ud, nach dem das heutige Königshaus benannt ist. Und dieses Bündnis ist eben gewachsen seit fast 250 Jahren: Es gab mehrere Anläufe, einen saudischen Staat zu gründen, und der heutige saudische Staat ist ein Resultat aus dem letzten Bündnis, das bis heute noch anhält zwischen dem wahhabitischen Establishment und dem Königshaus der Sa'uds".
    Dieser Staat Saudi-Arabien entstand, nachdem es den Sa'uds gelungen war, das haschemitische Königreich des Hedschas und die Heilige Stadt Mekka unter ihre Kontrolle zu bekommen. Maßgeblich beteiligt daran waren sesshaft gemachte Beduinenstämme, die sich dem Wahhabismus angeschlossen hatten. Staatsgründer Ibn Sa'ud machte sich zunächst zum "König des Hedschas und Nadschd" - des Gebietes der Heiligen Stätten und des großen Zentralgebiets der Arabischen Halbinsel. 1932 rief er das "Königreich Saudi-Arabien" aus und die wahhabitischen Beduinen blieben das militärische Rückgrat des Königshauses.
    Porträt von Salman
    Der neue saudische König Salman bei der Beerdigung seines Vorgängers Abdullah in Riad. (picture alliance / dpa / Saudi Press Agency / Handout)
    Zusammenspiel von Religion und Politik
    "Dieses Verhältnis verpflichtet nun beide Seiten, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Sprich: Die Politik kann nicht ganz autonom handeln ohne auch immer wieder auf das religiöse Establishment zu blicken, aber auch die wahhabitischen Gelehrten, die nun auch immer stärker in die Administration eingebunden werden, sind nun nicht mehr ganz unabhängig in ihrer Auslegung der islamischen Quellen. Also es gibt eine sehr starke Wechselwirkung zwischen Politik und Religion in Saudi-Arabien, die historisch gewachsen ist und in den Köpfen vermutlich sowohl der wahhabitischen Gelehrten als auch der Mitglieder des saudischen Königshauses relativ normal ist. Sie wird vielleicht nicht so bewusst wahrgenommen: Sie ist einfach da, und es war schon immer so, und deswegen ist auch die Frage immer ein bisschen schwierig zu beantworten, inwiefern das eine das andere beeinflusst oder ob es nicht einfach eine mittlerweile sehr gewachsene und ineinander verwobene Symbiose ist, die beide eingehen und die dann automatisch zu Entscheidungen führen, die die Interessen beider Parteien berücksichtigen.
    Dieses Zusammenspiel zwischen Religion und Politik ist maßgeblich verantwortlich dafür, dass Saudi-Arabien besonders im Westen - und da vor allem in liberalen Kreisen - als mittelalterliches Land betrachtet wird, in dem Menschen-, speziell Frauenrechte, ebenso ein Fremdwort seien wie Meinungs- oder Religionsfreiheit. Und dessen Justiz drakonische Strafen verhängt: Wie die Verurteilung des Bloggers Raif Badawi zu 1000 Stockhieben, Gefängnisstrafen für Frauen am Steuer, Amputationen bei Dieben bis hin zu Hinrichtungen mit dem Schwert auf offener Straße.
    Obwohl solche Dinge seit Langem hinreichend bekannt sind, ist Saudi-Arabien ein geachteter Partner in der internationalen Politik und gilt als wichtigster Staat in der Arabischen Welt. Besonders die USA unterhalten enge Beziehungen zu Saudi-Arabien. Natürlich wegen seiner Rolle als wichtigster Erdölproduzent, aber auch wegen des saudischen Engagements gegen den "internationalen Terrorismus", obwohl - oder gerade weil - dieser zum Teil seinen Ursprung in Saudi-Arabien nahm. Osama bin Laden und andere Führer von "Al Qaida" stammen aus dem Königreich und wurden lange von dort unterstützt - wenn auch nicht von offizieller, staatlicher Seite, so aber doch privat durch reiche Saudis, denen bin Ladens Ideologie näher war als die des Königshauses.
    9/11 trübt Beziehungen zu den USA nur kurz
    Der Anschlag vom 11. September 2001 - bei dem 15 der 19 Täter aus Saudi-Arabien stammten - führte zu einer tiefen Trübung der gegenseitigen Beziehungen. Aber nicht auf Dauer. Abdullah setzte schon als Kronprinz viel daran, das Misstrauen der USA gegenüber seinem Land zu zerstreuen: Riad schloss sich der weltweiten Front gegen den Terrorismus an - der ja auch auf Saudi-Arabien zu zielen begann - und Abdullah versprach erste Schritte hin zu einer Demokratisierung, um die Macht der religiösen Hardliner zu reduzieren und um Sympathie im Ausland zu erwerben. So gründete er als König eine Hochschule, an der sowohl Männer als auch Frauen studieren und lehren können und setzte durch, dass Frauen sich an Kommunalwahlen beteiligen können. Jahre später lobte er nach einem Treffen mit Präsident Obama die gute Zusammenarbeit, selbst wenn er die Medien noch etwas verhohlen kritisierte:
    "Herr Präsident, ich möchte auf die historischen Bande der Freundschaft zwischen unseren beiden Nationen hinweisen, die mit dem Treffen zwischen König Abdel Aziz und Franklin Delano Roosevelt begann. Während der letzten 70 Jahre sind unsere Beziehungen enger und stärker geworden. Wir wissen zu schätzen, was beide Seiten getan haben, um die Beziehungen zu fördern und zu vertiefen, und ich hoffe, dass Sie in der Lage sein werden, noch viele Jahre mit uns am Ausbau dieser Beziehungen zu arbeiten. Vielen Dank, Herr Präsident, für ein ertragreiches Treffen. Ich möchte auch unseren Freunden – dem amerikanischen Volk – danken. Wie auch unseren Freunden hier in den Medien: Möge Gott uns behüten vor all dem Bösen, das sie uns antun können. Und möge er uns segnen mit dem Guten, das sie tun können."
    US-Präsident Obama und der saudische König Abdullah bei einem Treffen im Jahr 2014.
    US-Präsident Obama und der saudische König Abdullah bei einem Treffen im Jahr 2014. (afp / Saul Loeb)
    Die Bemühungen Abdullahs gingen aber weiter. So wollte er auch Brücken schlagen zwischen den Weltreligionen und lud 2008 nach Madrid zu einem "Interreligiösen Dialog" ein, an dem Vertreter der wichtigsten Religionen beteiligt waren. US-Außenminister John Kerry erinnerte nach Abdullahs Tod daran:
    "König Abdullah hat eine lange Geschichte als tapferer Partner der USA und der Welt. Nicht nur im Kampf gegen den Terrorismus, sondern auch mit seinem Einsatz für interreligiöse Verständigung. Ich erinnere mich, wie ich als junger Senator ermutigt war durch sein Engagement, eine interreligiöse Konferenz zu organisieren und Menschen zusammenzubringen, um die gegenseitige Verständigung zu fördern."
    Generationenkonflikt verhindert Reformen
    Böse Zungen behaupten, Abdullah habe die Konferenz in Madrid abhalten müssen, weil der Widerstand der religiösen Kreise gegen ein solches Treffen in Saudi-Arabien zu groß gewesen wäre - zumal auch Rabbiner eingeladen waren. Inzwischen ist es still geworden um den interreligiösen Dialog, ein auch von Abdullah eingerichtetes Zentrum für den nationalen Dialog aber ist weiterhin aktiv, und dort werden auch innerislamische Fragen erörtert, die dann über das Internet weltweit verbreitet werden und damit auch in anderen Teilen der muslimischen Welt thematisiert werden. Wie Mohamed Gharaibeh meint, eine wichtige Voraussetzung für die inneren Reformen im Land, selbst wenn diese sicher ihre Zeit in Anspruch nehmen werden:
    "Ich denke, das sind alles Prozesse, die die Gesellschaft verändern werden, und auf Grundlage einer Veränderung und eines geänderten Denkens in der Gesellschaft wird - denke ich - der interreligiöse Dialog weiter voranschreiten. Das ist so ein Prozess, der wird kommen. Der wird vielleicht in Saudi-Arabien etwas langsamer voranschreiten, aber letztlich denke ich, dass auch das eine Frage von Generationen ist."
    Womit er nicht meint, man müsse nun Generationen warten, bis sich etwas tue. Es sei dies eher ein Konflikt zwischen den Alten und den Jungen in Saudi-Arabien:
    "Wenn man jetzt eine Reform machen möchte, muss man eben darauf schauen, wie die Gesellschaft an sich funktioniert und inwieweit eben die kulturellen Normen, die dort vorherrschen, sich auch wandeln. Die Jugend ist heutzutage sehr stark vernetzt, nutzt das Internet, ist sehr offen. Sie finden in Riad Motorrad-Gangs, sie finden Leute, die abends auf die Straße gehen und Spaß haben wollen. Demgegenüber stehen die älteren Bevölkerungsschichten, die das nicht mehr als "gut-bürgerlich" sehen, sondern als Abkehr von der Norm, der Tradition. Und das wiederum wird dann versucht, religiös zu legitimieren. Wobei das - denke ich - eher ein kulturelles Problem ist als eine Frage der Auslegung."
    Wichtige außenpolitische Rolle im Nahen Osten
    Außenpolitisch hat Saudi-Arabien seit vielen Jahren die vielleicht wichtigste Rolle im Nahen Osten gespielt, selbst wenn so manches davon still und leise im Hintergrund ablief. So vermittelte Riad im Libanon und in anderen Regionalkonflikten und unterstützte lange die Palästinenser gegen Israel, um dann aber - auf Initiative des damaligen Kronprinzen Abdullah - im Jahr 2002 auf der Gipfelkonferenz der Arabischen Liga in Beirut Israel einen Friedensvertrag anzubieten. Der Vorschlag, der von der Konferenz angenommen wurde, bot Israel Frieden im Austausch für die Gebiete an, die es im Sechstagekrieg 1967 erobert und seitdem besetzt hat. Der damalige - und noch heutige - Außenminister Saud al Faisal damals in Beirut:
    Versammlung der Arabischen Liga im Juni 2013
    Versammlung der Arabischen Liga im Juni 2013 (picture alliance / dpa / Khaled Elfiqi)
    "Dies sind die Grundlagen für Frieden. Die Verhandlungen werden mit denen geführt, deren Territorium besetzt ist. Die Verhandlungen werden mit Syrien, den Palästinensern und den Libanesen geführt. Wenn Israel ablehnt, wird der Friedensprozess nicht weitergehen. Das war's dann. Dann kehren wir zurück zur Gewalt, dann werden wir in Richtung des Abgrundes drängen. Der Nahe Osten wird zur Gefahr einer Ausweitung des Konflikts zurückkehren und zu all den Instabilitäten, die dann - Gott behüte - auftreten werden."
    Israel reagierte nicht, auch nicht, als die Initiative wenig später von der "Organisation Islamische Konferenz", und da selbst vom Iran, sowie 2007 auf der Gipfelkonferenz der Arabischen Liga in Riad erneut bestätigt wurde. Saudi-Arabien hat sich von der Idee nicht losgesagt, auch wenn die Chancen für ihre Umsetzung inzwischen nur noch geringer geworden sind. Dem Ansehen Abdullahs hat dies auch nicht geschadet, er wurde in der Arabischen Welt erst recht immer mehr als zentrale Figur betrachtet, wie das fast überschwängliche Lob zeigt, das der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, für den verstorbenen König aussprach:
    "König Abdullah verkörperte in der arabischen und muslimischen Welt eine Vaterfigur. Und er tat viel für Stabilität und Kooperation in den arabischen Ländern. Saudi-Arabiens Position gegenüber dem IS und dem Terrorismus ist sehr klar: Es steht entschlossen dagegen und führt die harte Haltung gegen solche Organisationen an."
    Auch Deutschland liefert großzügig Waffen
    Ohne den 11. September, erst recht ohne den "Arabischen Frühling", wäre es dazu wahrscheinlich nicht gekommen. Saudi-Arabien war selbst zur möglichen Zielscheibe geworden, und wenn es sich nun aktiv am Kampf gegen den Terrorismus beteiligte, dann geschah das in großem Maße aus Selbsterhaltungstrieb. Das Königshaus setzte dabei auf die Interessengemeinschaft mit dem Westen, war aber zusehends enttäuscht zu sehen, wie besonders die USA ihren bisherigen Verbündeten, den ägyptischen Präsidenten Mubarak, fallen ließen. Gleichzeitig verstärkte Riad seine Bemühungen im Konkurrenzkampf mit dem Iran: Gegen dessen Verbündeten in Damaskus, Bashar el Assad, gegen den schiitischen Protest in Bahrein und die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen. Hierbei spielte bis zu einem gewissen Grad wahrscheinlich auch die Religion mit, denn der Wahhabismus bezeichnet die Schiiten als "Ungläubige". In erster Linie ging und geht es dabei aber wohl um Macht und Einfluss in der Region – wirtschaftlich wie politisch.
    Solche Motive kommen in Washington gut an, zumindest solange es versucht, den Iran wegen dessen Atompolitik unter Druck zu setzen. Saudi-Arabien konnte seit Jahren in fast unbegrenztem Umfang Waffen und anderes Militärgerät in den USA einkaufen und Washington verkaufte großzügig - Waffen gegen Petrodollars - 2010 wurde ein mehrjähriges Lieferabkommen über 60 Milliarden Dollar bekannt, 2013 ein weiteres über 6,8 Milliarden. Dies weckte den Appetit auch anderswo. Obwohl in Deutschland einst die Regel galt "keine Waffenlieferungen in Spannungsgebiete" machte man immer häufiger Ausnahmen von der Regel. Max Mutschler vom Internationalen Bonner Konversions-Zentrum (BICC) ist Experte in diesem Bereich:
    "Saudi-Arabien ist ja schon seit langer Zeit auf der Liste der Staaten, die mit deutschen Rüstungsgütern versorgt werden. Das war zwar lange Zeit auf recht niedrigem Niveau, ist dann seit 2008 etwas angestiegen, und dann aber vor allem 2012 mit einem Großauftrag für Grenzsicherungs-Überwachungstechnologie wurde ein Höhepunkt erreicht: Da lag der Genehmigungswert für das eine Jahr wirklich bei über 1,2 Milliarden. Er ist danach auch wieder zurückgegangen, aber gleichzeitig gab es mehrere Vorhaben oder zumindest Projekte, wo Saudi-Arabien Interesse signalisiert hat: Zum einen bei den über 250 Kampfpanzern "Leopard 2", die zunächst auch - so die Berichterstattung - genehmigt werden sollten oder sogar genehmigt wurden. Aber daneben waren auch Radpanzer oder Patrouillenboote im Gespräch, bzw. gibt es ein Interesse von Saudi-Arabien. Wenn man da auch Genehmigungen erteilt hätte, wäre Saudi-Arabien sicher auch auf die nächsten Jahre hin relativ weit vorne mit dabei bei den Empfängern deutscher Rüstungsgüter."
    Ein Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in voller Fahrt.
    Ein Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 in voller Fahrt. (picture alliance / dpa - Krauss-Maffei Wegmann)
    Saudi-Arabien als Rivale des Irans
    Fast unbemerkt hat sich im Umfeld der Waffenverkäufe an Saudi-Arabien im Laufe der Jahre etwas verändert: Früher erhob Israel fast immer sofort seine Stimme, um solche Geschäfte zu unterbinden, heute ist davon kaum etwas zu hören. Jerusalem scheint eine konziliantere und nachgiebigere Haltung gegenüber Riad einzunehmen, weil Saudi Arabien gegen die "Moslembrüder" antritt und andere islamistische Gruppen, weil das Land sich weitgehend der Polemik gegen Israel enthält, vor allem aber: weil saudische Waffen eher gegen den Iran gerichtet sind als gegen Israel. Max Mutschler:
    "Eine Erklärung lautet - und da trifft sich das israelische Interesse ein Stück weit mit dem deutschen - dahingehend, dass man Saudi-Arabien als Rivalen des Iran auch aufrüstet. Der alte Ansatz: "Der Feind meines Feindes ist dann eben mein Freund. Oder zumindest kurzfristig mein Verbündeter". Darin sehe ich einen der Hauptpunkte, warum man da auch aus Sicht der Bundesregierung plötzlich weniger Bauchschmerzen hatte. Gleichzeitig möchte ich aber auch betonen, dass ich es für keine allzu kluge und langfristig orientierte Strategie halte, Saudi-Arabien - ein Land, das sowieso schon mit modernerer Waffentechnologie als der Iran ausgerüstet ist - hier noch weiter aufzurüsten, wenn man gleichzeitig ja eigentlich versucht, den Iran davon abzubringen, ein Nuklearwaffen-Programm zu verfolgen. Da ist das eher kontraproduktiv."