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SC Paderborn
Ein Verein auf Talfahrt

Zweitligist SC Paderborn steigt ab und spielt in der Saison 2016/17 in der dritten Liga. Es ist bereits der zweite Abstieg in Folge, nachdem es der kleine Verein kurzzeitig sogar bis in die erste Bundesliga geschafft hatte. Die Euphorie scheint verflogen.

Von Tobias Oelmaier | 15.05.2016
    Ein Spieler des FC Paderborn kniet beim Spiel gegen den 1. FC Nürnberg am 15.05.2016 am Boden - im Hintergrund lässt ein Mitspieler den Kopf hängen. Der Verein steigt in die dritte Liga ab.
    Am Boden: Der FC Paderborn steigt nach dem 0:1 gegen den 1. FC Nürnberg am 15.05.2016 in die dritte Liga ab. (imago)
    Exakt zwei Jahre ist es her, da hing der Himmel voller Geigen über Paderborn. Gerade hatte das Team von Trainer André Breitenreiter den Aufstieg in die 1. Bundesliga perfekt gemacht: "Wir haben das Ding geschafft und wir werden heute erstmal ausgiebig feiern. Und alles, was dann kommt, das werden wir sehen."
    Es sollten spannende Zeiten werden. Und zunächst erfolgreiche. Die Experten rieben sich die Augen, als der SC Paderborn nach vier Spieltagen die Tabelle anführte. Alles klappte. Bester Beleg: das 82-Meter-Tor von Moritz Stoppelkamp. "20 Meter vor dem eigenen Tor nimmt er den Ball volley und schießt ihn übers komplette Spielfeld ins leere Tor der Hannoveraner", berichtete der Reporter. Und der Torschütze kommentierte im Anschluss:
    "Ron Robert Zieler, der Torwart, geht natürlich dann nach vorne in der - weiß ich nicht - 93. oder sowas. Uwe klärt den Ball mit dem Kopf, ich nehme den mit der Brust an, hab dann das leere Tor einfach gesehen und hab dann gedacht: Ziehst einfach mal ab und ja, dass der dann reingeht, ist einfach unglaublich."
    Paderborn schreibt Bundesligageschichte
    Die Ostwestfalen schrieben Bundesligageschichte. Und die Fans gerieten aus dem Häuschen: "In zwei, drei Jahren: Champions League! Dann fahren wir nach Real oder nach Barcelona oder so. Dann werden wir auch weltweit bekannt."
    Aber die Realität holte den SC Paderborn dann doch irgendwann ein. Nach nur einem Jahr der Abstieg. Für niemanden überraschend, auch nicht für Bürgermeister Michael Dreier: "Wir sind wirklich alle unglaublich stolz und können einfach nur danke sagen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass die Mannschaft mit dem Trainer in der zweiten Liga wieder anpacken wird."
    Was sich dann doch als doppelter Irrtum herausstellen sollte. Denn Trainer Breitenreiter folgte dem Ruf aus Schalke und wurde dort ebenso wenig glücklich wie sein alter Klub in der zweiten Liga. Aber die Fehler wurden schon vorher gemacht, glaubt Frank Beineke, der den SC Paderborn für die Neue Westfälische Zeitung intensiv beobachtet:
    "Ein Grund war sicherlich, dass man auch ein wenig von der eigenen Philosophie abgerückt ist, die da eigentlich immer lautete, dass man junge, hungrige, entwicklungsfähige Spieler vornehmlich aus unteren Ligen holt. Stattdessen hatte man halt mit entsprechend mehr Geld auf dem Festgeldkonto auch den einen oder anderen Spieler geholt, der schon etabliert war, der routiniert war, der Erstligaerfahrung hatte, aber der irgendwie dann letztlich doch nicht in diese Mannschaft passte."
    Der Zusammenhalt fehlt
    Vorbei der Zusammenhalt vom Aufstiegsjahr. Vor allem der Abgang von Kapitän Uwe Hünemeier nach England tat weh. Seither fehlt die Hierarchie in der Mannschaft, sagt Beineke. Und Neu-Trainer Markus Gellhaus, der den SC Paderborn am besten sofort in die Bundesliga hätte führen sollen, musste schon im Oktober gehen. Und gleich die Panikreaktion. Stefan Effenberg durfte seine ersten Trainersporen verdienen: "Endlich, endlich ist der Tag gekommen. Und es ist einfach nur geil."
    Der Glamour war gekommen, der Erfolg blieb aus. Stattdessen: Der Absturz ins Bodenlose. Führerscheinentzug für Effenberg, Penisaffäre im Trainingslager. Schon nach knapp sechs Monaten - und wohl doch zu spät - zog Präsident Wilfried Finke die Reißleine: "Was ich unterschätzt habe, ist diese mediale Welle, die zweifelsfrei mit einem Stefan Effenberg auf uns zugerollt ist."
    Absturz in die dritte Liga
    Auch der dritte Trainer, Rene Müller, schaffte es nicht mehr, den SC Paderborn vor dem Fall in die dritte Liga zu retten. Parallelen drängen sich auf zu anderen One-Hit-Wondern, wie dem SSV Ulm, dem FC Homburg, Alemannia Aachen, dem Wuppertaler SV, Preußen Münster oder Fortuna Köln. Allesamt einst stolze Bundesligisten, viele von ihnen inzwischen versunken in der sportlichen Bedeutungslosigkeit. Dass es mit dem SC Paderborn soweit kommen könnte, glaubt Frank Beineke von der Neuen Westfälischen nicht:
    "Weil der Verein jetzt auch finanziell immer noch anders da steht als beispielsweise bei dem Drittliga-Abstieg 2008. Aber dieser Sechser im Lotto, den man durch den Erstliga-Aufstieg hatte, der kann auch ganz schnell jetzt wieder verpuffen, weil natürlich auch die Kostenschraube angedreht werden musste."
    Und das, wo man doch gerade erst in ein neues Trainingszentrum investiert hatte. Aber wer weiß, vielleicht fruchtet diese Maßnahme ja bald. Und der SC Paderborn 07 kriegt die Kurve, indem er zu seiner Philosophie zurückkehrt.