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Schadensbegrenzung im Libor-Skandal

Es soll kein Schuldeingeständnis sein. Aber dass sich die beiden Deutsche-Bank-Chefs Jain und Fitschen in Schadensbegrenzung üben und Strafzahlungen vorbeugen wollen, dürfte ein Grund für die jüngste Aktion der Bank sein. Im Skandal um den manipulierten Libor-Zinssatz hat sie die Kronzeugenregelung beantragt.

Von Brigitte Scholtes | 16.07.2012
    "Kein Kommentar" – das ist die knappe Antwort der Deutschen Bank auf die Frage, ob sie denn als Kronzeugin bei der Aufklärung der Libor-Affäre mithelfen werde. Eine solche Regelung hat sie offenbar schon im vergangenen Jahr bei der Europäischen Kommission als auch in der Schweiz beantragt und sie inzwischen auch erhalten, hört man. Damit will die Bank wohl zur Aufklärung beitragen, wie denn zwischen 2005 und 2009 der Interbankenzins Libor manipuliert worden ist. Ihr Lohn könnte ein Nachlass bei einer drohenden Geldbuße sein. Dieser Nachlass dürfte nicht so hoch ausfallen wie bei der Barclays Bank, die als erste die Manipulationen eingeräumt hatte. Die Geldbuße dürfte also recht saftig ausfallen, glauben Beobachter. Das ist ein finanzieller Schaden, der für die Deutsche Bank anfällt. Der Reputationsschaden indes dürfte ebenfalls immens sein, glaubt Falko Fecht, Professor für Finanzwirtschaft an der Frankfurt School of Finance and Management:

    "Möglicherweise wurden hierdurch eben auch Kunden verprellt, Zweifel an Produkten geweckt und damit den eigenen Absatz solcher Produkte sicherlich auch mit geschädigt."

    Dieses Vertrauen hat in den letzten Jahren schon enorm gelitten. Doch die Kunden der Banken, die sich durch die Manipulation des Libor geschädigt sehen, könnten bei den Geldhäusern die dadurch erlittenen Verluste einfordern, meint Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen der Universität Hohenheim:

    "Was das für ein Volumen ist, das ist für mich nicht absehbar. Ich bin mir auch nicht sicher, wie viele dieser Kunden zahlen werden, es ist auch nicht ganz einfach nachzuweisen, wie viel sie verloren haben, denn da der Libor ja nicht korrekt festgestellt ist, können wir auch nicht genau feststellen, wieviel denn verloren gegangen ist. Da wird ein heftiger Expertenstreit entstehen, aber dieses Risiko ist da."

    Schließlich dürften auch andere Zinssätze wie der in Euro berechnete Interbankenzins Euribor oder das Frankfurter Pendant zum Libor, der Fibor, manipuliert worden sein. Die finanziellen Folgen dieses Verhaltens dürften nur schwer festzustellen sein, meint auch Christian Muschick, Analyst von Silvia Quandt Research:

    "Gerichtsfest klarzustellen, diese oder jene Handlung am Markt hat diese oder jene Folge gehabt, das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Ich glaube nicht, dass da irgendein Gericht je eine Verurteilung wird zu aussprechen können."

    Auch die Motive der Manipulation sind noch unklar: War es das reine Gewinnstreben der Banken oder wurden sie von der Politik, von den Zentralbanken billigend in Kauf genommen? Denn zu hohe Interbankenzinssätze hätten die Finanzmärkte in der Finanzkrise weiter beunruhigt. Die Investoren weltweit haben aber ohnehin jetzt das Vertrauen verloren. Um das wiederzugewinnen plädiert Falko Fecht von der Frankfurt School of Finance and Management hingegen sieht eine Möglichkeit für eine baldige Änderung der Ermittlung des Interbankenzinses:

    "Einen manipulationsfreien Interbankenzinssatz kann man eigentlich nur dann berechnen, wenn man hier tatsächliche Transaktionen zugrunde legt. Das heißt wenn man also versucht, die Banken dazu zu bewegen, eben ihre tatsächlich gehandelten Interbankenkredite auch an eine Aufsichtsbehörde zu melden. Und dazu haben wir eigentlich schon einige Grundlagen. Ich denke, das man dazu auch in der näheren Zukunft übergehen muss."

    Denn nur so können die Banken ihre Glaubwürdigkeit wiedergewinnen.