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Schauspielerin Maren Kroymann
"Vielseitigkeit ist schwerer zu vermarkten"

Ob Bühne, Fernsehen oder gesellschaftliches Engagement: Die Kabarettistin, Sängerin und Schauspielerin Maren Kroymann ist vielseitig. Für ihre zahlreichen Talente hat sie in diesem Jahr drei Preise abgeräumt. Zuletzt den Curt-Goetz-Ring - bei dem die Nominierung aus einer unerwarteten Ecke kam.

Maren Kroymann im Gespräch mit Susanne Luerweg | 23.11.2015
    Die Schauspielerin, Sängerin und Kabarettistin Maren Kroymann lächelt von der Seite in die Kamera.
    Die Schauspielerin, Sängerin und Kabarettistin Maren Kroymann erhält in diesem Jahr den Curt-Goetz-Ring. (dpa/picture alliance/Patrick Seeger)
    Susanne Luerweg: Frau Kroymann, Herr Martenstein hat sie ausgewählt, der ist vielleicht nicht ganz Ihre Linie, oder?
    Maren Kroymann: Ja, es gibt bestimmt Themen, wo wir anderer Meinung sind. Ich glaube, er findet generell zum Beispiel, dass Frauen nicht besonders lustig sind, macht bei mir offensichtlich eine Ausnahme, das ist einerseits toll, andererseits darf ich mich dadurch jetzt nicht hier einseifen lassen. Es ist klar, dass es unterschiedliche Haltungen gibt, er ist zum Beispiel gegen Genderforschung, ich bin natürlich für Gender, ich bin ja Feministin und kämpferisch. Ich glaube, es klang schon mal an in einem Gespräch, dass wir unterschiedlicher Meinung sind, aber ich finde auch nicht, was manche tun, dass er dadurch ein Machosack aus der rechten Ecke ist, das finde ich nun auch wieder nicht, sondern er ist einer der bedeutendsten, wichtigsten Kolumnisten, überhaupt Journalisten in diesem Land. Ich schätze ihn schon sehr, über das Politische muss man sich auch nicht unbedingt einig sein, das ist eben Demokratie.
    Luerweg: Und Sie waren jetzt auch nicht überrascht und haben auch nicht gedacht, dass ist ein "alter Mann, der die Welt nicht mehr versteht"?
    Kroymann: Ich war schon überrascht, dass er an mich gedacht hat und dass er mich so schätzt, das war mir nicht so klar. Überrascht, dass ich diesen Preis kriege, bin ich schon, denn alle fünf Jahre wird er vergeben, das ist was Besonderes. Und Curt Goetz ist ein Autor und es geht natürlich im Sinne von Curt Goetz um Vielseitigkeit, um intelligenten Humor, darum, um geistreich zu sein, das schon, aber dass Martenstein auf mich kommt, fand ich nicht naheliegend, weil diese inhaltlichen Preise, hm, da kann ich gar nicht so sagen, dass ich auf einer Liste der Anwärter stehe oder Anwärterinnen. Ich bin sehr froh, dass jemand die Unterschiedlichkeit meiner Tätigkeiten mal würdigt. Ich habe Preise in bestimmten Bereichen gekriegt, aber dieser Preis fasst ja einiges zusammen, dass ich singe, dass ich schreibe, die Vielseitigkeit ist ja richtig im Fokus und das passiert eigentlich selten. Denn sonst die Preise, was man so mitkriegt, ist man eine Schauspielerin oder eine Sängerin oder Kabarettistin, aber das sozusagen ein Gesamtkonzept an künstlerischen Entfaltungsmöglichkeiten berücksichtigt wird, das ist selten.
    "Ich bin dankbar, dass ich einen ganz guten Lauf habe"
    Luerweg: Sie sagen es gerade, Sie sprechen es an, Ihre Vielseitigkeit: Sie sind Sängerin, Sie sind Kabarettistin, Sie sind Schauspielerin, diese Bandbreite - hat das mehr Möglichkeiten oder ist das auch manchmal schwierig?
    Kroymann: Beides. Ich habe natürlich tolle Möglichkeiten, dass ich so ein Programm bieten kann. Ich bin schon einige Jahre auf Tournee mit meinem Programm "In my Sixties", einerseits singe ich, habe eine tolle Band, es macht mir wahnsinnig Spaß zu singen. Andererseits ist es mein Konzept. Ich spreche über meine Sechzigerjahre. Die Texte zwischen den Liedern sind natürlich von mir und die ganzen Gedanken sind von mir. Es ist eine wunderbare Kombination, da kann ich machen, was ich will und das ist natürlich ganz toll. Aber schwierig ist das insofern, diese Vielseitigkeit, als dass sie einfach schwerer zu vermarkten ist. Irgendwie können sich die Leute immer viel leichter merken, sagen wir mal als Beispiel: Man ist blond und spielt halbwegs passabel. Da macht man besser Karriere als wenn man auch noch irgendwie witzig ist und auch noch was denkt und auch noch eine politische Haltung hat und sich für Homosexuelle engagiert und so. Das ist alles ein bisschen zu viel. In der Wahrnehmung ist es schwer, weil die Leute eigentlich auch so schubladenmäßig ausgebildet sind. Das empfinde ich richtig als Problem.
    Luerweg: Sie haben es gerade angesprochen, "In my Sixties" ist das Programm mit dem Sie jetzt schon lange erfolgreich touren, sie sind tatsächlich in den Sixties und, dass Sie immer noch die Möglichkeit haben so aktiv und agil auf der Bühne zu wirken, ist doch auch ein großes Geschenk, oder. Ansonsten sind ja Frauen um die 60 im Showbusiness auf der Bühne eher wenig vorhanden, oder?
    Kroymann: Ja, es ist aber besser geworden. Denken Sie an die ganzen Tatort-Kommissarinnen, da sind auch ältere dabei, natürlich weil die im Fernsehen wissen, es gucken mehr Frauen als Männer fern und weil wir dafür gekämpft haben, dass es andere Rollen gibt. Das Geschenk ist, dass ich noch Rollen kriege, es könnten ein bisschen größere sein. Dieses Jahr waren es tolle Rollen, aber kleinere, ist okay, spiel ich gerne, aber es könnte sozusagen mal wieder was Exponierteres kommen und, dass ich jetzt die Möglichkeit habe auf der Bühne die Sachen zu machen. Das hat man ja, das organisiere ich ja selber, das ist meine Produktion, das sind meine Gedanken. Ich habe Gott sei Dank einen tollen musikalischen Leiter und eine tolle Band, das habe ich ja selber in die Hand genommen. Das kann man ja machen. Da kommt das Publikum oder es kommt nicht. Schwieriger ist es ja, wenn andere Leute entscheiden, wie zum Beispiel beim Fernsehen und das ist nicht selbstverständlich und da bin ich ganz dankbar, dass ich da auch einen ganz guten Lauf habe, wie man heute sagt.
    "ich glaube, ich habe den richtigen Beruf"
    Luerweg: Gibt es manchmal so Momente, in denen Sie denken: "Hätte ich doch besser eine Unikarriere gemacht?" Die hätte Ihnen ja durchaus offen gestanden.
    Kroymann: Ja, fangen wir mal in der Gegenwart an. Ich bin 66, wenn ich die Unikarriere gemacht hätte, dann wäre ich jetzt Rentnerin. Jetzt bin ich auf eine Art auch Rentnerin, aber eine andere Art von Rentnerin, da finde ich das jetzt gerade gut. Nein, eine Unikarriere wäre schon schön. Ich habe ja auch einen leichten Hang dazu. Ich bin ja auch irgendwie eine Mischform. Ich finde das Wissenschaftliche ganz toll, ich finde auch Dinge weiterzugeben ganz toll, ich habe immer einen Teil von mir, der woanders ist. Ich habe auch natürlich Freundinnen, die Professorinnen sind, Freunde oder Freundinnen die Hörfunkredakteurinnen geworden sind oder Wellenchefin oder so. Alles was so in mir drin ist, habe ich so aufgespalten und da sind alle Berufe vorhanden und da kriege ich das so mit, wo ich denke, das hätte ich vielleicht auch machen können. Und das ist sehr schön. Und ich glaube doch, desto älter ich werde, desto mehr denke ich, ich bin am richtigen Platz als Schauspielerin, wo ich lange gezweifelt habe und dachte immer: "Ja schon, aber bin ich so bedingungslos diesem Beruf ergeben?" Ich würde ihn nicht unter allen Umständen ausüben, wenn ich blöd behandelt werde und diese autoritären, wirklich Machosäcke, als Regisseure hätte, dann würde ich darauf verzichten zu spielen, das hatte ich immer. Und es gibt unter Schauspielern ja so eine Ideologie, die heißt, man muss brennen. Stimmt ja auch, man muss brennen auch für die Kunst, aber man muss nicht brennen, um sich irgendwie bekannt zu machen und in der Bunten oder in der Bild-Zeitung jeden Mist mitmachen, damit man berühmt wird. Und da habe ich eine relativ klare Grenze, was ich mitmachen würde und was nicht. Und insofern war immer der Gedanke, habe ich den richtigen Beruf? Ja, ich glaube, ich habe ihn. Ich formuliere ihn eben anders, ich definiere ihn etwas anders und damit bin ich jetzt auf meine alten Tage recht glücklich.
    "Die Gedanken sind da - ich muss sie nur in Ordnung bringen"
    Luerweg: Und auch recht erfolgreich. Kommen wir noch einmal auf die Preisflut. Der dritte Preis in diesem Jahr, aber um mit Karl Valentin zu sprechen: "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit". Und Preise sind schön, aber Sie müssen auch jedes Mal eine tolle Rede halten.
    Kroymann: Ja, das stimmt und da ist auch so ein gewisser Anspruch und ich habe mir auch schon gute Gedanken gemacht für heute Abend. Aber das ist wieder der Vorteil, weil ich ja sowieso immer viel nachdenke, damit sind die Gedanken im Prinzip da, ich muss sie dann nur noch in die Ordnung bringen. Also ich muss jetzt nicht ganz neu anfangen nachzudenken, sondern habe mich ja immer schon geäußert. Sagen wir mal über Frauen und Humor, die Fachgebiete in denen ich tätig war, habe ich mich immer auch gedanklich auseinandergesetzt. Das ist zwar Arbeit, aber ist nicht so fernliegend. Das ist im Prinzip alles vorhanden. Das ist eben der Vorteil, wenn es ein bisschen breiter angelegt ist.
    Susanne Luerweg: Die Vielseitigkeitskünstlerin Maren Kroymann über ihren Preisregen, der heute eben zum letzten Mal herabprasseln in Form des Curt Goetz Ringes und die Verleihung findet im Theater am Kudamm statt, danach gibt es erst einmal eine Winterpause, aber danach geht es weiter mit dem Programm "In my Sixties", oder?
    Kroymann: Ja, dann sind wir dann wieder frisch gestärkt auf Tournee, wir sind in Frankfurt, wir sind bei Köln, in München, wir machen erstmals eine kleine Österreichtournee. Salzburg, Wien, Braunau, verschiedene Orte, da freue ich mich sehr darauf, dass wir den Süden mal erringen, denn es gibt ja immer noch das Nord-Südgefälle bei Kabarett oder bei kabarettangrenzenden Kunstformen und da schicken wir uns jetzt mal an die südlichen Gefilde, die aber auch noch der deutschen Sprache mächtig sind oder das verstehen, zu erobern.