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Schengen-Beitritt in Sicht?
Hohe Erwartungen an Bulgarien

Bulgarien sieht sich als EU-Mitgliedsstaat zweiter Klasse, denn es gehört noch immer nicht zum Schengen-Raum. Vor allem durch die Korruption hat der Ruf des Landes gelitten. Mit der EU-Ratspräsidentschaft will die bulgarische Regierung jetzt das Image des Landes aufpolieren.

Von Bettina Klein | 25.01.2018
    Sofia, Bulgarien.
    Das Land will die Ratspräsidentschaft auch als Chance nutzen, um sich ein besseres Image zu geben. (Deutschlandradio / Bettina Klein)
    Es mangelt nicht an Lektüre, die die bulgarische Fluggesellschaft für Reisende auf dem Weg nach Sofia bereithält. Dicke Hefte mit vielen Geschichten und politischen Interviews. Wohl in der zutreffenden Annahme, dass sich dieser Tage einige auf den Weg in das Land begeben, die nur wenig über Bulgarien wissen aber einigermaßen neugierig sind. Die gilt es zu gewinnen. Oder umzustimmen. Postsozialistisch? EU-euphorisch? Korruptes Armenhaus? Was gilt denn nun? Bulgarien gibt sich alle Mühe, die Gäste oder Investoren mit Eigenschaften zu überzeugen, die vielleicht weniger bekannt sind.
    "Bulgaren betrachten sich als sehr gastfreundliche Menschen […] Bulgarien ist sehr offen für die Welt, und Deutschland ist besonders beliebt. Und wir haben einen sehr großen Zuwachs auch im Tourismusbereich. Wir hatten im vergangenen Jahr 850.000 deutsche Touristen, die entdecken Bulgarien immer wieder."
    Korruption ist nicht das Hauptproblem
    Mitko Vassilev von der deutsch-bulgarischen Handelskammer muss Unternehmen überzeugen hier zu investieren oder sich anzusiedeln. Niedrige Steuern sind auch ein Argument dafür. Doch was ist mit der Korruption?
    "Ja, das stimmt, es ist ein Hindernis, auch für deutsche Investoren, aber es wird nicht an erster Stelle genannt."
    Andere potentielle Probleme bewerten Investoren offenbar grundsätzlich wichtiger, wie die Infrastruktur, Bürokratie oder Fachkräftemangel. Eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie legt allerdings erneut den Finger in die Wunde und verweist auf enge Beziehungen zwischen Regierung, Oligarchen, Banken und Medienkonzernen.
    Umstritten: Schengen-Beitritt an Korruptionsbekämpfung knüpfen
    "Wir geben viel Geld aus der EU in die Mitgliedstaaten und da sollte uns auch interessieren, was damit passiert." Ska Keller aus dem Europaparlament beklagt, dass über das Thema zu wenig gesprochen wird. Einen weiteren Schritt will sie aber nicht mitgehen: Das Thema Schengen-Beitritt sollte mit der Frage der Korruption nicht vermischt werden, sagt die Europa Abgeordnete der Grünen: "Wir haben ganz klare Regeln dafür, wann man dem Schengen-Raum beitreten kann, und jedes Land sollte auch dem Schengen-Raum beitreten. Deswegen denke ich, dass man diese beiden Themen getrennt voneinander behandeln sollte."
    Diese sogenannten technischen Kriterien erfüllt Bulgarien ebenso wie Rumänien. Dennoch sehen Politiker wie der CDU-Europa-Abgeordnete Daniel Caspary einen klaren Zusammenhang: "Wir müssen uns darauf verlassen können, dass im Zweifel nicht jemand, weil er irgendwelche Geldbeträge zahlt, in Bulgarien einfach ein Schengen-Visum bekommt. Das ist ja genau das Stichwort Korruption. Und deshalb kann man schon das Thema Schengen wunderbar dazu verwenden, die bulgarische Regierung zu motivieren weiter gegen Korruption wirksam vorzugehen."
    Sofia, Bulgarien.
    „Vereint sind wir stark“ steht außen am Kulturpalast in Sofia, ein realsozialistischer Klotz mitten in der Stadt der für viel Geld vor der Ratspräsidentschaft Bulgariens renoviert wurde. (Bettina Klein)
    Die bulgarische Regierung wirbt für sich mit dem Argument, dass es die Außengrenze zuverlässig schützt, obwohl es kein Schengen-Mitglied ist, und damit eine wichtigen Beitrag zur Sicherheit im Schengen-Raum leistet. Was von der EU auch anerkannt wird. Am Ende ist es jedoch eine politische Entscheidung der Mitgliedstaaten.
    Schengen-Beitritt wäre ein wichtiges Symbol
    "United we stand strong" - "Vereint sind wir stark" steht außen am Kulturpalast in Sofia, ein realsozialistischer Klotz mitten in der Stadt der für viel Geld vor der Ratspräsidentschaft Bulgariens renoviert wurde. Hier finden in den nächsten Monaten all die hochkarätigen Treffen statt, die das Land ausrichten wird. Die Zustimmung zu Europa ist groß in Bulgarien. Das Land hat viel von europäischen Geldern profitiert, und die Bürger vertrauen den europäischen Institutionen eher als ihren eigenen. Doch die Erwartungen an Bulgarien sind im Augenblick ebenso groß. Wenn sich bei der Korruption und im Rechtssystem nichts tut, dann wird das nichts mit Bulgarien und Schengen, meint Daniel Stefanov vom Sofia-Büro des European Council on Foreign Relations. Obwohl Schengen eher Symbolwert habe, es produziert ein schlechtes Image.
    "Es ist ein Zeichen für Investoren und die anderen Regierungen dass Bulgarien immer noch ein Problem hat."