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Schlaganfall-Folgen
Die Stimme wieder finden

Ein Schlaganfall zieht oft die für Sprache zuständigen Bereiche im Gehirn in Mitleidenschaft. Betroffene müssen das Sprechen und Schlucken mitunter ganz neu lernen. Am Neurologischen Rehabilitationszentrum Godeshöhe in Bonn wird ihnen mit Sprachtherapie dabei geholfen.

Von Lennart Pyritz | 23.05.2017
    Eine Krankenpflegerin im Gespräch mit einem älteren Patienten
    Ein Schlaganfall beeinträchtigt das Sprechen und das Schlucken - Patienten müssen beides neu lernen. (Imago )
    "Gut, wir fangen jetzt an. Wie gestern starten wir wieder mit dem Entblocken. Ich habe jetzt gerade schon mal das Absauggerät eingeschaltet, und Sie kennen das ja: Dann sauge ich erst einmal hier über den Schlauch ab, und dann sorgen wir dafür, dass Sie nochmal mit uns sprechen können, ok?"
    Ein Patientenzimmer am Neurologischen Rehabilitationszentrum Godeshöhe in Bonn. Apparate zur intensivmedizinischen Behandlung säumen zwei Betten – hier beginnt die Frührehabilitation. In einem Rollstuhl neben dem hinteren Bett sitzt ein 76-jähriger Patient: Schnurrbart, grauer Haarkranz. Aus seinem Hals ragt eine Trachealkanüle – ein kurzer Schlauch, der in die Luftröhre führt. Die Sprachtherapeutin Laura Aliano saugt Speichel ab, der sich auf einer aufblasbaren Manschette am Ende der Kanüle angesammelt hat.
    "Mal feste husten. Feste, genau. Ist ein bisschen zäh das Sekret."
    Der Schlaganfall beeinträchtigt neben dem Sprechen auch das Schlucken
    Kleinhirnblutung rechts, Infarkt der Mittelhirnarterie links – so die Diagnose für den Patienten im Februar. Der Schlaganfall beeinträchtigt neben dem Sprechen auch das Schlucken. Die Manschette an der Kanüle dichtet die Luftröhre ab und verhindert, dass Speichel in die Lunge rinnt. Für das Sprechtraining wird die Blockierung aufgehoben und die Kanüle mit einem speziellen Ventil versehen, sodass Luft durch Mund und Nase strömen kann.
    "Wunderbar. So, die Luft verändert sich jetzt. Die Kollegin hat den Sprechaufsatz. Und Sie atmen dann wieder über Mund und Nase ein. Sie können mit uns sprechen. Wie bekommen Sie Luft?"
    Patient: "Geht."
    "Hmhm, so, jetzt klingt die Stimme noch nicht ganz so sauber."
    Der Patient räuspert sich.
    "Gut, und direkt nochmal schlucken."
    Die Sprachtherapeutin ermuntert den Patienten immer wieder, den Kopf zu drehen und zu strecken, sich zu räuspern, zu schlucken und einzelne Vokale nachzusprechen. Dann holt ihre Kollegin einen Stapel laminierter Karten hervor, auf denen alltägliche Gegenstände abgebildet sind.
    Wörter nachsprechen
    "Vielleicht können Sie uns mal sagen, was Sie darauf sehen, auf der Karte. Oder brauchen Sie die schicke Brille dazu?"
    Patient: "Nee. Ein Auto."
    "Ein Auto, sehr gut."
    Patient: "Ein Stuhl."
    "Nochmal durch die Nase Luft holen, ganz tief. Ein Stuhl."
    Patient: "Ein Stuhl."
    "Hmhm, und nochmal runterschlucken."
    Patient: "Ein Buch."
    "Sehr gut."
    Der Patient halte so inzwischen die vollen 45 Minuten Therapiesitzung pro Tag durch, erläutert Laura Aliano. Gegen Ende werde das Atmen allerdings angestrengter, sodass der Sprechaufsatz wieder entfernt werde. Monatelang könne dieses Training in der Frührehabilitation andauern.