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Schlampige Rückrufaktion
Fiat Chrysler muss 500.000 Wagen zurückkaufen

Der frisch fusionierte Autokonzern Fiat Chrysler muss wegen Schwierigkeiten bei Rückrufaktionen bis zu 105 Millionen Dollar zahlen. Und damit nicht genug: Bei einigen Fahrzeugen sind die Sicherheitsmängel so groß, dass Fiat Chrysler die Autos zurückkaufen muss.

Von Stefan Wolff | 27.07.2015
    Die Logos von Fiat und Chrysler vor dem Fiat-Firmensitz in Turin.
    Die Logos von Fiat und Chrysler vor dem Fiat-Firmensitz in Turin. (AFP / Marco Bertorello)
    Es ist nicht das erste Mal, dass Fiat Chrysler in den USA Autos zurückrufen muss, doch die drakonische Strafe zeigt nicht nur, wie schwer die Mängel ausgefallen sind. Fiat muss darüber hinaus eine halbe Million Fahrzeuge zurückkaufen, was mehrere hundert Millionen Dollar kosten wird. So etwas hat es in der Geschichte des Automobils noch nicht gegeben, sagt Jürgen Pieper. Der Autoexperte des Bankhauses Metzler glaubt, dass die Höhe der Strafe vor allem mangelnder Kommunikation geschuldet ist:
    "Mit der Antwort darauf im Gegenteil zu GM, die sich da sehr demutsvoll zuletzt gezeigt haben, ist Fiat tatsächlich zu nachlässig damit umgegangen, wollte quasi darüber hinweggehen und wird jetzt entsprechend von den Behörden wieder zurückgeholt."
    Betroffen ist vor allem der Dodge Ram aus dem Hause Chrysler, ein hochmotorisierter Pickup Truck. Das Auto, das in den USA auch als "Muscle Car", also als "Muskelwagen" bezeichnet wird, hatte eine entscheidende Schwachstelle in der Elektronik aufgewiesen. Hacker konnten sich in das Auto einklinken und die Kontrolle über das fahrende Vehikel übernehmen. Selbst die Bremsen konnten über den Zugriff auf den Bordcomputer außer Kraft gesetzt werden.
    Möglicherweise an der falschen Stelle gespart
    Bei dem Fehler handelt es sich um ein grundsätzliches Problem. Das Auto wird mehr und mehr zu einem Computer auf Rädern. Das hat viele Vorteile, vor allem in puncto Sicherheit. Der Bordcomputer kommuniziert mit der Außenwelt, kann so Unfälle verhindern helfen.
    "Der Nachteil des vernetzten Autos ist eben, dass ich eben den umgekehrten Weg nehmen kann und in das Auto eindringen kann. Und das muss ich natürlich durch meine Softwareauslegung so hinbekommen, dass das nicht möglich ist, und auch dort kann man womöglich mehr Geld investieren und man kann weniger für solche Maßnahmen ausgeben. Ich vermute, dass hier an der falschen Stelle gespart worden ist", sagt Jürgen Pieper.
    Der italienische Autobauer Fiat und der amerikanische Chrysler-Konzern sind im Oktober vergangenen Jahres verschmolzen. Seitdem hat das Unternehmen seinen Sitz in den Niederlanden. Rückrufaktionen hat es zuhauf gegeben. So holte Fiat Chrysler bis Mai 2005 4,5 Millionen Fahrzeuge wegen defekter Airbags in die Werkstatt geholt.
    "Fiat hat einfach andere Prioritäten"
    Bei Fiat Chrysler Deutschland will man sich zu den Vorfällen in den USA nicht äußern. Die Marke Fiat sei aber nicht betroffen, betonte ein Sprecher. Jürgen Pieper kritisiert, dass der Konzern falsche Prioritäten setze:
    "Fiat legt sehr viel Wert auf die Finanzzahlen, auf die Produktseite wird nicht so sehr gesehen, wie bei den deutschen und japanischen Herstellern, dass man eben sehr viel Wert auf ausgefeilte Technik legt, auf moderne Technik legt. Fiat hat einfach andere Prioritäten und dann geht an so einer Stelle dann auch der Schuss nach hinten los."
    Vorerst zahlt Fiat in den USA 70 Millionen Dollar Strafe und hat sich verpflichtet, 20 Millionen Dollar in die Qualitätskontrolle zu investieren. Dafür muss der Konzern externe Prüfer in die Werke lassen und im Falle weiterer Verstöße noch einmal 14 Millionen Dollar zahlen.