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"Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl"
Die polarisierenden Anfänge der Alice Cooper Band

Bassist Dennis Dunaway schreibt über die frühen Jahre der Alice Cooper Band. Das Gründungsmitglied der Gruppe spart in seiner Biographie nicht mit prekären Details und nimmt den Leser mit in die schräge Rockwelt der späten 60er- und frühen 70er-Jahre, so wie sie die Band erlebt hat.

Von Thomas Elbern | 15.09.2016
    Neal Smith, Glen Buxton, Alice Cooper, Michael Bruce und Dennis Dunaway nach dem Schreiben von "Generation Landslide“ auf den Kanaren
    Neal Smith, Glen Buxton, Alice Cooper, Michael Bruce und Dennis Dunaway nach dem Schreiben von "Generation Landslide“ auf den Kanaren (Cindy Smith Dunaway)
    "Was war die eigentliche Story in diesem Buch? In der Kurzversion ging die Geschichte so: Ein paar Highschool Teenager, die eine Rockband gegründet hatten, die stark von Ideen wie dem Surrealismus beeinflusst waren. Das machte eine Menge Spaß, hieß aber auch Grenzen zu überschreiten und dafür zu kämpfen. Es gab eine Menge Leute, die das nicht verstanden und sich uns in den Weg gestellt haben."
    Sagt Dennis Dunaway, Autor von "Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl". Dunaway nimmt uns mit seinem Buch auf eine spektakuläre Reise mit, die in den frühen 1960er-Jahren im Kunstunterricht in der Highschool beginnt und Mitte der 70er-Jahren aufhört, als Sänger Alice Cooper zum Solostar wurde. Die Alice Cooper Band, die viele Jahre erfolglos durch die USA tingelte und für ihren Traum vom großen Erfolg auf jeglichen Komfort verzichten musste, war so etwas wie eine Freakshow, die die Rockwelt bis dahin noch nicht erlebt hatte.
    Am Anfang ihrer Karriere stand das Schockrock-Image, für das die Gruppe später so berühmt wurde, noch nicht so im Vordergrund. Stattdessen rissen die Bandmitglieder Kissen auf der Bühne auf und verteilten die Federn als Showeinlage in der Luft, oder Sänger Alice Cooper betrat, in Toilettenpapier eingewickelt, als Mumie die Bühne.
    Ein Leben auf der Überholspur
    Dennis Dunaway beschreibt mit viel Augenzwinkern die ersten Jahre der Alice Cooper Band und lässt den Leser die schrägen 60er-Jahre miterleben. Seine Erzählungen führen den Leser in Bars im mittleren Westen der USA, wo Cowboys Bierdosen auf die Bühne werfen und den Musikern Prügel angedroht wird, oder dem Saugatuck Festival, wo die Bühne kurzerhand von Rockern mit einem Telefonmast torpediert wurde und daraufhin zusammenbrach. Man kann sagen, die Alice Cooper Band hat damals polarisiert:
    "Wir hatten lange Haare und ein sehr androgynes Auftreten. Das war für viele schon Provokation genug. Eine Gruppe von langhaarigen Männern deren Bandname der einer Frau ist. Dieses Image hat vielen Angst gemacht und selbst in Hollywood hat das damals niemand kapiert."
    Das Leben mit der Alice Cooper Band war für alle Beteiligten auch ein Leben auf der Überholspur. Dennis Dunaway beschreibt in seinem Buch schon fast beiläufig, wie die Gruppe einen schweren Verkehrsunfall überlebte oder fast mit einem Privatjet abgestürzt wäre. Doch zu den Höhepunkten gehört die Szene, in der die Band 1973 mit dem Surrealisten-Papst Salvador Dali zusammentraf.
    "Wir waren in New York. Unsere Agentin hatte dieses Treffen arrangiert. Ich fragte sie, was soll ich machen wenn ich Salvador Dali treffe? Ich war wirklich ganz schön nervös. Sie sagte: Es ist ganz einfach. Sobald du ihn triffst nennst du ihn bitte "Maestro". Also ich sitze an der Bar und Dali betritt mit Gala den Raum und ich gehe auf ihn zu und nenne ihn "Maestro". Seine Augen fingen an zu leuchten und er schaute mich an, als wäre ich sein bester Freund."
    Geisterbahn als Bühnenkonzept
    Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl - die Alice Cooper Band hat lange vor Schockrockern wie Marilyn Manson oder Rob Zombi eine Art Geisterbahn als Konzept auf die Bühne gebracht.
    Unter der Prämisse, nur eine krasse Show ist eine gute Show, wurde hier an keinem Effekt gespart und pro Konzert starb Alice Cooper entweder auf dem elektrischen Stuhl, wurde enthauptet oder aufgehängt. Und auch wenn es mal Pannen auf der Bühne gab: the Show must go on!
    "Während eines Konzerts funktionierte der Galgen nicht richtig. Wir schleppten Alice zur Hinrichtungsstätte in die Mitte der Bühne, legten ihm die Schlinge um, die Musik steigerte sich in ein unheimliches Crescendo, und unser Gitarrist Glen Buxton spielte den Henkersknecht. Das Problem an dem Abend war, das die Falltür klemmte. Wir mussten zu zweit solange gegen die Falltür treten, bis die sich dann endlich öffnete. Das war schon sehr unfreiwillig komisch."
    Dennis Dunaway: "Schlangen, Guillotinen und ein elektrischer Stuhl"
    Hannibal Verlag, 352 Seiten.