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Schlechte Zahlen eines Energieriesen

E.ON-Quartalszahlen enttäuschen, das Unternehmen steckt durch den Atomausstieg in einer Krise. Nun sucht der Konzern händeringend nach Alternativen im Ausland.

Von Stefan Wolff | 09.11.2011
    Die Wende der Bundesregierung in der Atompolitik hat die großen Energieversorger schockiert und nachhaltig verstimmt. Von daher ist es immer schwer abzuwägen, wo in den Rück- und Ausblicken die Politik aufhört und wo die wahren Sorgen anfangen. Klar ist: Die Branche steht davor, ihren Energiemix durch den Bau neuer Kraftwerke gründlich umzukrempeln. Das kostet auch bei E.ON viel Geld und braucht vor allem Zeit, sagt Thomas Deser von der Fondsgesellschaft Union Investment.

    "Der Atomausstieg ist in dieser Hinsicht eine Orientierungsgröße. Nach heutiger Regelung sollen 2022 die letzten Atomkraftwerke von E.ON dann vom Netz gehen. Und E.ON baut in der Zwischenzeit Gaskraftwerke und mit großem Elan Windkraftwerke. Ich gehe davon aus, dass Solarkraftwerke auch noch dazu kommen werden."

    Im dritten Quartal lief es nicht gut bei E.ON, aber damit hatte das Management gerechnet. Zwar konnte der Energieriese den Umsatz um 21 Prozent auf 78 Milliarden Euro steigern, doch knickte der Konzernüberschuss gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 64 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro ein. Als größte Belastungsfaktoren nennt E.ON seine hohen Fixosten, natürlich den Ausstieg aus der Kernenergie aber auch den wachsenden Margendruck im Gasgeschäft. E.ON hat sich mit langfristigen Verträgen an seine vornehmlich aus Russland stammenden Lieferanten gebunden und zahlt für Gas – gemessen an den internationalen Preisen – deutlich zu viel. Die Fixkosten will E.ON durch den Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen senken. Bei den Gasverträgen sieht Thomas Deser die Düsseldorfer auf gutem Wege:

    "Ja, E.ON hat gute Verbindungen nach Russland und ist im Moment dabei, diese Gasbezugsverträge neu zu verhandeln. Es ist Russland sehr sehr wichtig, den deutschen Absatzmarkt und damit E.ON als Vertriebspartner an sich zu binden, denn die Möglichkeiten Gas international in die neuen Märkte zu leiten steigen."

    Doch ist Osteuropa nicht die einzige Region in der E.ON wachsen will. Dem Vernehmen nach streckt der Versorger seine Fühler nach Portugal aus und hat ein Gebot für den größten portugiesischen Energiekonzern Energias de Portugal (EDP) abgegeben, ohne allerdings das Hauptaugenmerk auf die Iberische Halbinsel zu lenken, sagt Thomas Deser:

    "Das Geschäft im Stammland Deutschland wird immer weniger attraktiv und insofern muss sich E.ON neue Wachstumsfelder suchen. Dazu zählt insbesondere auch Mittel- und Südamerika und über das Gebot für die portugiesische EDP, die dort sehr stark engagiert ist, könnte E.ON den ersten Schritt in diese Region machen, ohne dass man selbst auf der grünen Wiese etwas aufbauen muss."

    Lateinamerika gilt wegen seines Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums als interessanter Markt. Zudem steht das Stromgeschäft vielerorts erst am Anfang, so dass hohe Wachstumsraten erzielt werden können. Doch auch ohne diese Option gibt sich E.ON zuversichtlich für die laufenden Geschäfte. Den Ausblick bestätigten die Düsseldorfer. Trotz aller Probleme soll der Konzernüberschuss im laufenden Jahr zwischen 2,1 und 2,6 Milliarden Euro betragen.