Donnerstag, 18. April 2024

Archiv


Schleppender Abo-Verkauf im Bezahlfernsehen

Während das Bezahlfernsehen Sky die Fußballrechte für die Verbreitung über Kabel und Satellit erworben hat, hat sich die Telekom die Rechte für die Ausstrahlung über IPTV gesichert. Das bedeutet: Das Signal wird über schnelles Breitband in die Haushalte geliefert, in Deutschland sind 20 Millionen Haushalte bisher angeschlossen. Aber die Nachfrage ist gering. Weder Sky noch Telekom arbeiten profitabel.

Von Heinz Peter Kreuzer | 25.07.2009
    "Pay-TV ist das Übungsgelände für IPTV und die Schwierigkeiten, die sich bei IPTV ergeben, die kennt man partiell auch aus dem Pay-TV-Markt","

    sagt Professor Norbert Schneider, der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen. Aus dem Bezahlfernsehen kassiert die Deutsche Fußballliga mehr als die Hälfte ihrer Fernseherlöse und muss jährlich um diese Einnahmen fürchten. Denn Premiere, das seit Anfang Juli Sky heißt, kämpft seit seinem Bestehen um die Existenz. Nach allen Bereinigungen der Abonnentenzahlen vermeldet Sky jetzt 2,5 Millionen Kunden. Ob sich die Abonnentenzahlen in Deutschland noch einmal steigern lassen, wird von Experten bezweifelt.
    Und jetzt muss Sky diesen Kuchen teilen. Denn die DFL versucht, mit der Telekom einen Konkurrenten aufzubauen. Über den Verbreitungsweg IPTV kommt mit T-Home ein weiterer Bezahlsender ins Spiel. In den vergangenen drei Jahren hatte sich die Telekom schon einmal für geschätzte 45 bis 50 Millionen Euro pro Saison die Bundesligarechte gesichert, ohne zählbaren Erfolg. In der neuen Rechteperiode hat die Deutsche Fußballliga dem Telekommunikations-Unternehmen die Lizenz zum halben Preis überlassen. Das Fußballprodukt heißt ab der kommenden Saison "Liga total", alle 612 Partien der ersten und zweiten Liga werden live, zeitversetzt oder Abruf angeboten. Nach Informationen des Handelsblatts haben bisher nur 30.000 Kunden das Fußballprogramm gebucht, in der Branche heißt es, es gebe noch weniger Abonnenten. Professor Schneider:

    ""Es wäre natürlich für die Telekom außerordentlich wichtig, mit einem Premiuminhalt wie der Bundesliga unmittelbar aufzutreten. Jetzt gehen sie den Umweg über einen Dritten, so wie das bisher mit Premiere auch schon der Fall war. Sie hatten ja auch schon in der letzten Runde die Onlinerechte, nur das hat in der Reichweite überhaupt nicht funktioniert."

    Die Telekom-Tochter hat ein Problem, sie darf nicht selbstständig als Rundfunkveranstalter auftreten. Professor Norbert Schneider:

    "Die Telekom hat ja die IPTV-Rechte erworben und hat sie jetzt sublizensiert, an einen neuen Veranstalter, der gerade um die Lizenz eingekommen ist und das hat natürlich den Grund, dass die Telekom - jedenfalls nach gegenwärtiger allgemeiner Auffassung - selbst keinen Rundfunk veranstalten darf. Das liegt daran, das die Telekom zu 37 Prozent der Bundesrepublik Deutschland, dem Staat gehört, und der Staat darf nach unserem Recht Fernsehen nicht veranstalten."

    Deshalb wird es schwierig für die Telekom, eine eigene Marke aufzubauen, da sie immer auf einen Programmanbieter mit Sendelizenz angewiesen ist. Bis zur vergangenen Saison produzierte Premiere die Sendung für die Telekom, und der Bezahlsender verfügte auch über die nötige Sendelizenz. Die Folge: Auf T-Home lief ein Premiere-Programm und die Telekom als Rechteinhaber war kaum wahrnehmbar. Mit dem neuen Partner Constantin Medien Sport ist es ähnlich. Abgesehen von Johannes B. Kerner und wenigen anderen besteht die Crew aus Reportern und Moderatoren des Deutschen Sportfernsehens. Das DSF ist eine Constantin-Tochter und muss sein Personal beschäftigen. Schließlich hat der Spartenkanal seine Übertragungsrechte an der Bundesliga verloren. Jetzt droht nach Premiere ein DSF-Abklatsch, was einige Experten nicht unbedingt als imagefördernd einstufen. Nur ändern kann man das nicht mehr, meint Professor Schneider:

    "Es muss klar sein, dass dieses Signal, das die Constantin Medien Sport anliefert an die Telekom, bei der Telekom nicht verändert wird. Sonst übernimmt die Telekom eine rundfunkrechtliche Verantwortung, dafür brauchte sie eine Lizenz, die hat sie nicht."

    Das Verhältnis zwischen den beiden Parteien ist stark getrübt. Die Streitigkeiten um das Personal sind gerade abgeschlossen. Jetzt ist die Führung von Constantin mit dem Dienstleistungsvertrag für die Telekom nicht einverstanden. Denn der verantwortliche Sportvorstand Rainer Hüther hat schlecht verhandelt, die Verluste sollen sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag belaufen. Die Konsequenzen aus den Querelen: Zum einen musste Hüther seinen Sessel räumen. Zum anderen droht nun der Einstieg des US-Sportsenders ESPN. Da der von Hüther verantwortete Sportbereich bei Constantin Medien ein miserables Ergebnis aufweist, soll das DSF zum Verkauf stehen. ESPN ist nach Medienberichten an einer Übernahme interessiert und will über diesen Weg in den deutschen Markt einsteigen.

    Unzweifelhaft ist: Der Kanal aus dem Disney-Konzern befindet sich in Europa auf Expansionskurs. Zuletzt hatte ESPN die Live-Rechte des in Insolvenz gegangenen Senders Setanta an der englischen Premier League übernommen. Wenn sich der finanzstarke Spartenkanal in Deutschland etablierte, würde sich die Deutsche Fußball-Liga freuen. Dann würde es bei der nächsten Rechtevergabe einen dritten Bieter beim Bezahlfernsehen geben.