Der erste Schritt für eine Trendwende zum entgeltfreien Zugriff auf öffentlich finanzierte Forschung im Norden ist getan. Die maßgeblichen Akteure sitzen gemeinsam am Tisch. Ihr erklärtes Ziel ist eine landesweite Strategie zur Förderung von Open Access. Rolf Fischer, Staatssekretär im Ministerium für Bildung und Wissenschaft:
"Wir versprechen uns bessere Chancen für junge Wissenschaftler, zu publizieren, eine bessere Sichtbarkeit der exzellenten Forschungsergebnisse, die wir in Schleswig-Holstein produzieren, und wir versprechen uns damit auch mehr Internationalität – also: den Zugriff auf Forschungsergebnisse aus der ganzen Welt. Wir haben viel zu bieten und das können wir auch anbieten."
Erfahrungen von Kieler Wirtschaftswissenschaftlern bestätigen Fischers Hoffnung. Seitdem das Institut für Weltwirtschaft IfW die Ergebnisse seiner Forschung auch als Online-Journal im Internet publiziert und nicht bloß in Papierform, ist der Kreis ihrer Nutzer weltweit erheblich größer geworden. Die Zahl der eingereichten Beiträge und damit der Informationsfluss für Fachwissenschaftler haben laut Professor Harmen Lehment deutlich zugenommen:
"Wir haben also einen weltweiten Kreis von Autoren. Das ist nicht nur Europa, das sind auch die USA, Lateinamerika, Asien – sehr stark im Kommen, jetzt gerade auch sehr viele Beiträge aus China, die bei uns eingereicht werden. Also bei einer ganzen Reihe von Leuten, die sie im Ausland treffen und denen sie sagen, sie kommen von Kiel, vom Institut für Weltwirtschaft, assoziieren ganz schnell damit die Zeitschrift, die wir hier herausgeben. Die macht uns sozusagen weltwirtschaftlich bekannter."
Open Access noch keine etablierte Form des Wissenstransfers im Norden
Trotz erkannter Vorteile ist Open Access längst nicht an allen Forschungsstätten im Norden eine etablierte Form des Wissenstransfers. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Rechtslage für die Autoren ist unübersichtlich, die Qualitätssicherung elektronischer Publikationen ist nicht so weit gediehen wie bei Lizenzveröffentlichungen über eingeführte Verlage - und dann sind da noch die Anschaffungs- und Unterhaltskosten für die nötige Digitaltechnologie. Neue Server - sogenannte Repositorien - müssen installiert, Software gewartet werden. Professor Klaus Tochtermann von der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften:
"Der erste Weg ist der, dass Bibliotheken, die einen Beschaffungsetat haben, überlegen, einen Teil des Etats nicht mehr in lizensiertes Material zu stecken, sondern zu sparen und in solche Repositorien zu investieren. Das ist sehr umstritten. Die andere Möglichkeit ist natürlich, dass für eine Initialinvestition auch Mittel vom Wissenschaftsministerium zur Verfügung gestellt werden. Das ist sicherlich was, was die Bedeutung des Themas für das Ministerium bei den Hochschulen sehr deutlich machen würde."
Als Geldgeber ist der Staat den Hochschulen willkommen. Doch in Detailfragen wie Rechtsberatung von und Akzeptanzförderung bei Wissenschaftlern soll er sich zurückhalten. Die jeweilige Hochschule soll entscheiden, nicht der Gesetzgeber. Das ist der Tenor der anstehenden Gesprächsrunden für ein einheitliches Open-Access-Konzept. Bis Jahresende soll es vorliegen und ins neue Hochschulgesetz des Landes einfließen.