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Schlosskirche zu Wittenberg
Luthers gute Stube ist saniert

An die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg schlug Martin Luther 1517 seine 95 Thesen – der Beginn der Reformation. Die Sanierung ist noch nicht ganz abgeschlossen, aber gestern wurde das Gebäude schon einmal der Presse präsentiert. Dabei kam manches bisher verborgene Detail zum Vorschein.

Von Christoph Richter | 12.05.2016
    Mit einem Gottesdienst in der Schlosskirche in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) hat der Lutherische Weltbund (LWB) am Sonntag (23.08.15) sein internationales Jugendnetzwerk-Treffen eroeffnet (Foto). Zu der sogenannten Reformationswerkstatt werden bis 4. September mehr als 140 junge Reformer aus ueber 60 Laendern erwartet. Zu dem Treffen des Global Young Reformers Network hat das Deutsche Nationalkomitee des LWB eingeladen. Die Teilnehmer wollen bei der Werkstatt Wittenberg Reformationsprojekte entwickeln, die sie bis 2017 in ihren Heimatkirchen umsetzen wollen. Die Ergebnisse sollen auch in die Vorhaben des LWB zum 500. Reformationsjubilaeum 2017 einfliessen.
    Die Restaurationsarbeiten in der Schlosskirche in Wittenberg sind bald abgeschlossen. (imago / Jens Schlueter)
    Insgesamt drei Jahre lang hat man die Evangelische Schlosskirche Wittenberg saniert, in der sich auch die schlicht gehaltenen Gräber von Martin Luther und Philipp Melanchthon befinden. Bei den Arbeiten haben die Restauratoren Entdeckungen machen können. So wurden hinter dem Luther-Grab Vorhang-Wandmalereien freigelegt, die bis dato unbekannt waren. Das Mauerwerk hat man aufwendig entsalzt, die Dachgewölbe saniert, die Farben der vergilbten Malereien in mühseliger Kleinarbeit erneuert. Auch der neugotische – über die Jahre ergraute – Sandsteinaltar mit der markanten überlebensgroßen Christusfigur wurde gereinigt und erscheint nun wie neu.
    Weltberühmt ist die Kirche, die einst Universitätskirche war, für den Thesenanschlag Luthers zum Ablasshandel. Eingelassen sind die 95 Thesen in die Bronze-Tür des Nordportals. Aufwendig gesäubert, schimmert die grüne Patina nun nicht nur durch, sondern kommt prägnant zum Vorschein.
    "Es ist die Ikone, eigentlich das zentrale Gebäude der evangelischen Christenheit. Aber auch darüber hinaus, der Ökumene." So Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff, der in bester Plauderlaune ist. Die Geschichte der Schlosskirche kennt er besser als jeder Gästeführer:
    "Alle Großen standen schon mal am Grab von Martin Luther und von Philipp Melanchthon. Aber man darf nicht vergessen, ganz vorne am Altar liegt auch Kurfürst Friedrich der Weise, ohne den die Reformation nicht denkbar gewesen wäre."
    Die Innenarbeiten an Luthers guter Stube sind fast alle abgeschlossen, nur noch die 3.500 Pfeifen der 1864 erbauten Orgel müssen gereinigt werden.
    Wittenberg - es gilt als das Rom der evangelischen Christenheit, die Schlosskirche als deren Petersdom. Der mehrfach zerstörte und beschädigte Bau ist ein Kunstwerk des Historismus.
    Dänische Königin stickt das Altartuch
    Für den in Wittenberg lebenden Regierungschef und gläubigen Katholiken Haseloff ist diese Kirche schon seit Kindertagen ein Ort der inneren Einkehr. Besonders freue er sich jedoch darüber, erzählt er, dass Bundespräsident Joachim Gauck zusammen mit Königin Margarethe von Dänemark die Kirche im Oktober festlich einweihen wird. Gewissermaßen als Aufmarsch zu den großen Reformationsfeierlichkeiten.
    "In dem Zusammenhang wird die dänische Königin eine Gabe mitbringen. Nämlich ein von ihr gesticktes Altartuch. Ich werde nicht vergessen, wir haben vor einigen Monaten hier völlig inkognito gesessen und sie hat sich das Ensemble – damals noch mit Baugerüst – versucht zu erschließen. Aus Intuition. Um zu erspüren, wie so ein Altartuch letztlich aussehen könnte. Farblich und von der Gesamtgestaltung. Und da habe ich ihr gesagt: Ihre Vorfahren waren schon hier, lassen Sie bitte auch Spuren hier."
    Das weithin sichtbare Markenzeichen der Wittenberger Schlosskirche ist das neogotische runde Turmdach. Geschmückt ist es mit dem umlaufenden Luther-Spruchfries "Eine feste Burg ist unser Gott" und kommt einer Kaiserkrone gleich; Teil eines größeren Ensembles, das unter UNESCO Welterbe-Schutz steht, an dem aber immer noch gearbeitet wird.
    Symbolischer Wert für Christen weltweit
    Nächstes Jahr – pünktlich zum 500jährigen Reformationsjubiläum – soll alles fertig sein. Ein ehrgeiziges Ziel. Insgesamt 33 Millionen Euro wird am Ende alles gekostet haben, bezahlt von der Europäischen Union, dem Bund und von Sachsen-Anhalt. Nach Abschluss aller Arbeiten wird das Ensemble, das derzeit noch dem Land Sachsen-Anhalt gehört, der Evangelischen Kirche für null Euro überlassen. Keine gönnerhafte Geste, denn Sachsen-Anhalt ist klamm.
    Allein die Erhaltung soll nach Angaben von Oberkirchenrat Thomas Begrich – bei der EKD ist er sowas wie der Finanzminister – jährlich eine halbe Million Euro kosten, nicht mit eingerechnet sind künftige Baumaßnahmen. Doch wichtiger als der monetäre Aspekt sei der symbolische Wert der Wittenberger Schlosskirche. Nicht nur für die Christen hierzulande, sondern weltweit, so Kirchenmann Begrich weiter:
    "Denn das ist nicht nur ein Denkmal der Vergangenheit, das ist eine lebendige Kirche. Hier wird Glauben gelebt. Hier wird gelehrt durch das Predigerseminar."
    Das soll auch fortgeschrieben werden. Denn demnächst wird das evangelische Predigerseminar in die Nähe der Schlosskirche ziehen, das sich derzeit noch am anderen Ende der Stadt befindet. Jährlich werden dort 50 Vikare aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ausgebildet.